Die Lange Erde

  • Manhattan
  • Erschienen: Januar 2013
  • 8
Die Lange Erde
Die Lange Erde
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Silke Wronkowski
80°1001

Phantastik-Couch Rezension vonNov 2013

Die nahe Zukunft, unendliche Weiten ...

Terry Pratchett ist die Scheibenwelt und das schon seit 20 Jahren. Verabschieden Sie sich davon. Vergessen Sie die Scheibenwelt und lassen Sie sich auf Die Lange Erde ein, aber das wird vermutlich nicht funktionieren, für niemanden, der seit The Color of Magic Terry Pratchetts Welt verfallen ist.

Was viele vermutlich nicht wissen, Die Lange Erde existiert bereits ebenso lange. Es war eine Kurzgeschichte, die Pratchett geschrieben hat, als kein Verlag an seiner Scheibenwelt interessiert war und dann verschwand sie in der Versenkung. Bis Terry Pratchett und Stephen Baxter sich trafen und zusammen entdeckten, dass Die Lange Erde ebenso großes Potential hat. Nur eben ganz anders.

In der Langen Erde gibt es unzählige Welten, die alle parallel nebeneinander existieren. Die zentrale Welt, die "Datum", ist unserer realen Welt sehr ähnlich, sie hat Kriege und Krisen, Hungersnöte und Ressourcenknappheit. Willis Linsay, ein Erfinder und Familienvater, dessen Frau und Tochter die natürliche Fähigkeit des Wechseln zwischen diesen Welten beherrschen, erfindet einen Apparat, der es der gesamten Menschheit ermöglicht zu springen. Die Bauanleitung stellt er an einem Tag im Jahr 2015 ins Internet, denn darüber verbreiten sich solche Sachen nun mal am leichtesten. Fortan existiert die Lange Erde für Jedermann und Jedefrau. Mit Hilfe von ein paar Drähten, Kondensatoren und Schaltern - und nicht zu vergessen einer Kartoffel, die den nötigen Strom liefert - erschließt sich die Menschheit die Welten, die links und rechts neben der "Datum" existieren. Machen sich die Ressourcen zu Nutze, siedeln wie Pioniere zwanzig, dreißig Welten weit weg, versuchen den Umstand zu erforschen, dass man kein Eisen mit wechseln lassen kann und leben ihr Leben wie bisher. Mit dem guten Geschmack eines Neubeginns.

Kolumbus lässt grüßen

Joshua Valienté, ein 13-jähriger Waisenjunge und natürlicher Wechsler, vermutlich einer der besten, wird am großen Wechseltag, dem Tag, an dem Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt diesen Apparat nachbauen und zum aller ersten Mal wechseln unfreiwillig zum Helden der Nation, denn er rettet unzählige gestrandete Kinder, die verängstigt und mit kaputten Wechslern gestrandet sind. Seine Vorliebe für die Einsamkeit und die Stille und natürliches Talent lassen Jahre später Lobsang auf ihn aufmerksam werden. Lobsang ist ein als Computer wiedergeborener tibetischer Mechaniker, der mit einem Luftschiff die Reise antreten will das Ende der Langen Erde zu finden, die unzähligen Parallelwelten zu erforschen. Und er braucht Joshua als seinen Gefährten. Gemeinsam treten sie die Reise an und finden am "Ende" der Welt ... finden. Aber wahrlich nicht, was sie vermutet haben zu finden.

Baxter und Pratchett haben viel vor mit der Langen Erde. Sie packen in 400 Seiten die Entdeckungs- und Entstehungsgeschichte und die komplette Reise von Lobsang und Joshua durch ihr Universum. Das scheint viel zu viel zu sein für ein einziges Buch. Ist es aber nicht, wenn man sich bewusst macht, dass Die Lange Erde nur der Auftakt zu einer großen und wahrlich neuen Serie sein wird. Mit viel unterschwelligem Witz und gleichzeitig realistischer Logik macht das Duo diese Realität greif- und erlebbar. Die Technik wird erklärt, das Futuristische bleibt erfrischend unfuturistisch und die Charaktere herrlich menschlich.

Filmreif werden zahlreiche Personen eingeführt und miteinander verknüpft. Die Polizistin Monica Jansson, die am Wechseltag Joshua aufspürt und versucht sein Vertrauen zu gewinnen, Willis Linsays Tochter, die Joshua nicht ganz unähnlich in seiner Vorliebe für die Einsamkeit und seinem Talent ist, die Siedler, die sich aufmachen fern der "Datum" eine neue - ihre eigene Welt - zu gründen und schließlich Joshua und Lobsang selbst, die die eigentlichen Protagonisten in diesem ersten Teil der Serie sind.

Wer sind wir und wenn ja, wieviele?

Nein, die Scheibenwelt ist es nicht und es liest sich auch nicht wie Terry Pratchett. Bei seiner großen Fangemeinde wird er es schwer haben, denn dies hier wird ein neuer Zyklus werden. Die Lange Erde geht wie so viele vor ihr der Frage nach dem Sinn des Lebens nach, ohne dabei moralische Zeigefinger oder Lösungen vorzugeben. Vielmehr will sie unterhalten und leise mit dem Gedanken spielen "Was wäre wenn". Mit leichtem Science Fiction Hauch und ebenso leichten Fantasy Elementen ist Die Lange Erde der Auftakt zu einem Mammutwerk, das den Grundstein für eine ganz eigene Welt legt, die eingängig erzählt die Herzen der Leser "sanft" erobern wird. Wenn diese sich darauf einlassen. Mein Appell: Tun Sie's. Bis hierher scheint sie es absolut wert zu sein und Namen wie Baxter oder Pratchett sollten Garantie genug sein, dass sie es bleibt.

Die Lange Erde

Baxter & Pratchett, Manhattan

Die Lange Erde

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