Die Insel der besonderen Kinder (Die besonderen Kinder 1)
- Droemer-Knaur
- Erschienen: Januar 2011
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Lass dich an einen besonderen Ort entführen
Jacobs Großvater hat ihm als kleines Kind immer Geschichten erzählt – besondere Geschichten. Sie handelten von Kindern, die so besonders waren, dass sie sich auf einer Insel versteckt halten müssen, weil sie sonst Gefahr laufen, getötet zu werden. Dabei hat jedes ein Talent: Vom Mädchen, das Flammen in ihren Händen entzünden kann, ohne zu verbrennen, über Schwerelosigkeit, bis hin zu einem unsichtbaren Jungen, der alleine durch die Klamotten, die er trägt, sichtbar wird, ist alles vertreten.
Irgendwann ist Jacob fast erwachsen und er muss feststellen, dass diese Geschichten nur im frühen Kindesalter magisch waren. Die Fotos, die sein Großvater immer stolz als Beweis vorgezeigt hat, werden auf einmal in Frage gestellt. Wurden sie manipuliert? Wie soll ein Mädchen in der Luft schweben? Alleine die Tatsache, dass die Fotos sehr alt sind, wirft weitere Fragen auf. Und als dann auch noch Jacobs Großvater unter mysteriösen Umständen zu Tode kommt, beginnt eine Suche, die selbst Jacob an die Grenzen seiner Vorstellung bringt.
Dieses Buch ist schon ein Highlight, wenn man es nur genauer anschaut. Immer wieder finden wir zwischendrin Fotos, die die Geschichte unterstützen und belegen. Sie lockern auf und faszinieren gleichzeitig. Solch eine Besonderheit ist eine Erwähnung wert meiner Meinung nach.
Nach einigen Seiten ist man sofort in der Geschichte drin. Der flüssige Schreibstil lässt das Geschehen nur so dahinfliegen und kaum hat man sich versehen, ist das Buch auch schon zu Ende – was ich sehr schade fand. Der Autor benutzt eine bildgewaltige Sprache, die es dem Leser leicht macht, sich die Umgebung und Leute genau vorzustellen. Teilweise hat man sogar das Gefühl, das Rauschen der Wellen zu hören oder den Geruch nach Salz in der Nase haben zu können. Dabei sind die Beschreibungen aber keineswegs überladen oder zu lang, sondern raffiniert mit der eigentlichen Handlung verwoben.
Der Protagonist Jacob hat mich insgesamt überzeugen können. Wir bekommen seine Geschichte auch direkt aus seiner Perspektive erzählt, was es dem Lesenden besser verständlich macht, warum er manche Entscheidungen so trifft, wie er sie eben trifft. Der innere Konflikt ist nachvollziehbar und klar herausgearbeitet. Jacob ist nicht unbedingt ein Sympathieträger, aber er geht seinen Weg und versteht es, dafür einzutreten. Lediglich zum Ende hin, ging es mir ein wenig zu schnell mit seiner Entscheidungsfindung, aber das ist wohl Ansichtssache.
Auch die Nebencharaktere sind liebevoll gestaltet. Ihre Individualität und Normalität machen sie glaubhaft und angenehm. Es gibt keine Superhelden, die sich in den Mittelpunkt spielen müssen, sondern ganz normale Menschen, die versuchen, ihren Alltag zu meistern. Im krassen Gegensatz dazu stehen die besonderen Kinder mit ihren "Superkräften". Aber auch für sie sind ihre Gaben so normal, dass sie damit nicht angeben müssen oder arrogant wirken. Eine gelungene Mischung zwischen normaler Welt und der Welt der besonderen Kinder.
Das Buch packt einen von der ersten Seite an und lässt bis zum Schluss nicht mehr los. Es gibt einige spannende Wendungen, die den Leser zwischendurch anstacheln. So kann man die Geschichte kaum unterbrechen, weil man immer wieder wissen will, wie es weiter geht. Das Ende ist dann relativ offen. Optimisten könnten die Geschichte als abgeschlossen ansehen, Neugierige wollen natürlich wissen, wie es weitergeht. Laut Informationen auf der Homepage des Autors soll wohl der zweite Teil im Januar auf Englisch erscheinen – also heißt es für die deutschen Leser wohl warten.
Die Fantasy-Elemente sind relativ begrenzt, trotzdem werden wir in eine magische Welt entführt. Obwohl wir es mit Gestaltenwandlern, Pyro-Mädchen und Co. zu tun haben, habe ich mich eher an eine märchenhafte Geschichte erinnert gefühlt, was keineswegs negativ war. Die Hintergrundgeschichte hierzu wird in einzelnen Bruchstücken zusammengetragen, die bis zum Ende hin einen Sinn ergeben, aber für mich leider ein bisschen zu wenig waren. Mystisch trifft es wohl eher, denn dem Leser wird eine Situation beschrieben, die in der heutigen Zeit an einem normalen Ort spielt (teilweise Amerika, teilweise England).
Insgesamt eine Geschichte, die ich jedem ans Herz lege, der sich für ein paar schöne Stunden, auf eine einsame Insel mit besonderen Kindern entführen lassen und dabei noch dem Geheimnis von Jacobs Großvater auf die Spur kommen will. Durch die passenden Fotos wird die mystische Stimmung noch verstärkt und rundet so den (fast) durchweg positiven Eindruck ab.
Ransom Riggs, Droemer-Knaur
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