Blackbirds
- Bastei-Lübbe
- Erschienen: Januar 2013
- 1
Dem Schicksal ein Schnippchen schlagen
Miriam ist eine junge Frau, allein, einsam, ohne festen Wohnsitz. Sie raucht, trinkt und flucht. Und sie hat eine übernatürliche Gabe. Sobald sie einen anderen Menschen berührt, sieht sie dessen Tod. Sie weiß genau, wann und wo ihr Gegenüber stirbt und erkennt dessen genauen Todesumstände und -ursache.
Was ihr zunächst als Fluch erschien, hilft ihr mittlerweile zu überleben. Zunächst versuchte sie, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen und das, was sie sah, zu verhindern - vergebens. Das Schicksal scheint unabänderlich vorherbestimmt und nicht zu ändern. In der Zwischenzeit hat sie dies aufgegeben und nutzt die Infos, die sie bekommt, um sich das zu nehmen, was sie fürs Leben benötigt.
Als sie den Trickbetrüger Ashley kennenlernt, scheint dies anders zu werden. Dieser weiß von ihrer Gabe und setzt sie unter Druck. Mit Miriams Hilfe will er an reiche Menschen ran kommen, die nicht mehr lange zu leben haben, um diese dann auszunehmen. Doch er ist selbst ein Gejagter. Seit er einen Koffer mit Rauschgift erbeuten konnte, sind sie hinter ihm her. Und die Jäger kennen kein Erbarmen.
Dies erkennt auch Miriam, die dadurch selber zur Zielscheibe wird. Hilfe erhält sie von dem sympathischen Trucker Louis. Doch nachdem sie dessen brutalen Tod in wenigen Wochen gesehen hat, bei dem sie selber anwesend sein wird, versucht sie sich von ihm fern zu halten und weiß doch, dass ihr dies nicht gelingen wird...
Ein Road-Movie - brutal, vulgär und rotzfrech
Der Autor scheint ausgesprochener Vielschreiber zu sein. 2011 erschien sein erster Roman, seitdem in drei Jahren bereits 12 weitere, dazu noch einige Sachbücher. "Blackbirds" ist bislang sein einziges auf deutsch erschienenes Buch. Der Verlag führt es merkwürdigerweise in der Sparte "Fantasy". Ok, Urban Fantasy mag nicht ganz falsch sein, dennoch ist der Roman für mich dort nicht sinnvoll einsortiert, für den typischen Fantasy-Leser wohl ein Fehlgriff. Im Prinzip ist "Blackbirds" ein knallharter Thriller mit ein wenig Mystery als Mittel zum Zweck.
Wendigs Schreibe ist vulgär, das Tempo hoch, die Atmosphäre düster. Die Handlung und die Figuren sind überschaubar. Wendig kommt im Prinzip mit sechs Charakteren aus: drei brutale Verbrecher, der unsympathische Ashley, Louis als einzigem Normalo im Buch und eben Miriam - eine negative Figur, die sich kaum als Protagonistin eignet, zu der der Leser eine Verbindung aufbauen kann. Jung und doch schon vom Leben gezeichnet, verbittert, ohne Zukunft, negativ eingestellt lebt sie von einem Tag auf den anderen, flucht sich durch die Handlung und macht sich ihre Tage mit Alkohol und Zigaretten erträglich. Und doch stecken tief in ihr auch positive Charakterzüge, die sie dem Leser sympathisch machen. In Rückblenden erfährt der Leser ein wenig, wie sie zu dem geworden ist, was sie heute ist. Bei all dem Leid, was sie sehen muss, hat sie auch ihren Humor nicht verloren. Schwarzer Humor oder Galgenhumor dürfte es am treffendsten beschreiben.
Man verfolgt die Handlung überwiegend aus Miriams Perspektive, teilweise mit Traumsequenzen und Rückblicken in mit "Zwischenspiel" überschriebenen Kapiteln. Einzelne Abschnitte werden aus der Perspektive der Killer geschildert, so dass der Leser schon vorausahnen kann, wie nahe sie ihren Opfern kommen. Trotz dieser Einschübe verliert der Roman zu keinem Zeitpunkt an Tempo und wird im letzten Drittel zum Pageturner. Quer durch die USA verfolgen die Killer ihre Opfer bis zum fulminanten Showdown auf einem Leuchtturm.
Mit "Blackbirds" ist Wendig ein ansprechendes Debüt auf dem deutschen Buchmarkt gelungen. Mit einer simplen Grundidee und einem faszinierenden Charakter entwickelt er ein düsteres Road-Movie, das von der Sprache mit übelsten Ausdrücken und seinem Tempo lebt. Nichts für jeden, aber ein Buch, das seine Liebhaber findet und Lust auf die Fortsetzung macht.
(Peter Kümmel, April 2013)
Chuck Wendig, Bastei-Lübbe
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