Faszinierende Fortsetzung
Einst, es ist noch gar nicht so lange her, war Nando ein ganz normaler Junge. Er lebte in der ewigen Stadt, wie man Rom nach wie vor nennt, und ging ganz in seiner Musik auf. Geigen spielen, das war sein Leben, seine Berufung. Doch das war bevor ihm eröffnet wurde, dass es Wesen wie Engel, Dämonen und Nephilim wirklich gibt, und, dass er Nando der leibhaftige Sohn des gefallenen Engels Luzifers ist. Sohn des Teufels, mit Kräften und Mächten bedacht, wie kein Wesen sonst, ist er Zünglein an der Wage. Sein Vater sucht ihn zu verlocken, ihm zu folgen, sein Herz und seine Freunde raten ihm, dem Angebot zu widerstehen, ja aktiv gegen Luzifer vorzugehen. Er lernt die Welt der Nephilim kennen, findet neue Freunde und Gefährten, muss aber auch schwere Schicksalsschläge hinnehmen.
Nach dem Tod seines Freundes und Mentors, des Engels Antonio nimmt er seine Bestimmung an - er will versuchen, den Teufel zu bezwingen. Nur eine Waffe kann Luzifer gefährlich werden, ein Schwert, das diesen bereits einmal schwer verletzt hat. Doch niemand weiss wo Bhalvris, das Schwert des Erzengels Michael versteckt ist. Hadros, der letzte Engel, der es einst geführt hat, ist verschollen. So ziehen Nando und seine Freunde, als Engel verkleidet, in die weiße Stadt auf der Suche nach Hadros, dem legendären Engelskrieger. Doch ihre Gegner sind ihnen bereits nahe. Die ersten Kreise der Hölle haben ihre Gebieter in die Schattenwelt entlassen, die vier apokalyptischen Reiter hetzten ihre Beute. Verfolgt und geschunden finden Nando und seine Gefährten Hadros, doch bevor sie das Schwert erreichen, müssen sie noch eine weitere Prüfung bestehen - sie müssen in den inneren Kreis der weißen Wüste reisen - einem Ort, der selbst Dämonen und Engel vernichtet ...
Gesa Schwartz hat sich mit dem zweiten Band ihrer "Chroniken der Schattenwelt" Zeit gelassen. Zunächst galt es, die Geschichte um "Grim" zu einem Abschluss zu bringen, nun, zwei Jahre nach dem ersten Band, legt sie die weiteren Abenteuer des Sohnes von Luzifer auf. Dabei wirft sie ihren Leser bildlich gesprochen ins kalte Wasser. Wer eine Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse erwartet hat, der sieht sich getäuscht. Satt dessen stellt Schwartz uns zu Beginn des Romans die vier Dämonen vor, die in ihrer Zeichnung wahrlich fürchterlich daherkommen. Die vier apokalyptischen Reiter werden nicht etwa groß eingeführt, der Leser lernt sie nach dem Eingangskapiteln nur in kurzen Streifzügen kennen, in denen sie ihre dunkle Macht umso eindringlicher demonstrieren.
Erstaunlicherweise passiert darüber hinaus in der ersten Hälfte des Romans reichlich wenig. Wir folgen Nando bei der Suche nach einer Waffe, mit der sich Luzifer besiegen lässt aus der Schattenwelt in die weiße Stadt der Engel.
Diese Reise gibt der Autorin nicht nur die Gelegenheit uns neue Handlungsorte vorzustellen, sondern auch die Nebenfiguren deutlicher herauszuarbeiten. Insbesondere der erste Streiter der Engel, Avartos wird dabei neu beleuchtet. Dabei stellt Schwartz immer deutlicher heraus, dass die Engel und deren Heimat etwas Kühles, etwas Unmenschliches anhaftet, das so gar nicht zu den Erwartungen von gütigen Boten Gottes passen will. Statt dessen präsentieren sich die Engel als kalte Krieger, die bei und zur Erreichung ihrer militärischen Ziele keinerlei Rücksicht nehmen. Gerade in dem direkten Vergleich zu den heißblütig gezeichneten Dämonen und Nephilim stellt sich hier die Frage, wer wirklich die Seite des Guten verkörpert.
Immer wieder greift die Autorin Elemente aus den Mythen auf, nimmt alt-testamentarische Elemente und fügt diese ihrem Kosmos hinzu.
Das Erstaunliche an dem Roman ist, dass sich auch die erste etwas handlungsarme Hälfte erstaunlich faszinierend liest. Langeweile kommt nicht auf, zu interessant sind die geschilderten Geheimnisse, zu faszinierend die Orte und zu vielschichtig die Gestalten, die uns und Nando auf unserem Weg begegnen.
Wer den ersten Teil verschlungen hat, der wird von vorliegendem Band verzückt sein, Neuleser sollten aber doch mit dem ersten Roman beginnen, da sie sonst zu viele Hinweise und Anspielungen nicht verstehen werden.
Carsten Kuhr im Oktober 2013
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