Ein knackiger SF-Thriller nach Chopin
"Es war kurz vor sieben Uhr abends und die Kuppel legte eine Pause ein. Aldos liebste Tageszeit. Nach einem geschäftigen Tag waren die Menschen eingekehrt, um sich auf eine wilde Nacht vorzubereiten, die die vorherige an Kühnheit möglichst noch übertreffen sollte. Genau jetzt wurden hinter verschlossenen Fenstern Masken an- und Skrupel abgelegt. Ein kurzes Innehalten zwischen Schein und Sein."
(13 - Lento)
Stilecht treibt in einem Kanal von Cupola V, dem privatisierten update von Venedig, eine Leiche. Aldo Farouche, der per Nanokamera eindeutig identifizierte Mörder hat sich nach Hanseapolis abgesetzt, was die Kuratorin von Cupola V nötigt, einen Gefallen ihres Cousins Fox Sternheim, Leiter der Sektion 3 in Hanseapolis, einzufordern. Sternheim setzt Elias Kosloff und Lou Ann Marino auf den Fall an, die bald herausfinden, dass Farouche bereits sein nächstes Verbrechen plant. Jedoch häufen sich auch die Ungereimtheiten in dem Fall und die beiden Ermittler finden heraus, dass das wahre Ziel der Drahtzieher die Originalpartitur der 24 Präludien von Fredéric Chopin sind und dass die Kreise, die das Verbrechen zieht, viel weitreichender sind, als zunächst angenommen.
"Aldo nickte. [...] Dann holte er tief Luft und begann zu erzählen: dass er im Besitz der 24 Präludien war, dass sie angeblich eine zerstörerische Macht besaßen - was immer das zu bedeuten hatte -, dass die Bruderschaft der schwarzen Schlange bereit war, dafür zu morden, und dass die ihn benutzt hatte, um eine gewisse Rosslyn Vuk aus Ramla City in eine Falle zu locken."
(17 - Allegretto)
Während die beiden Vorgängerbände "Schlangenfutter" und "Schattenspiele" einen (zweigeteilten) Fall für Elias Kosloff und Greenhorn Louann Marino, inklusive der unvermeidlichen Annährung der beiden ungleichen Partner boten, wird mit "Präludium" ein komplett neuer Auftrag für die beiden Ermittler geboten. Die Handlung setzt nur kurz nach dem Ende von "Schlangenfutter" ein und die Wellen, die der Fall geschlagen hat, sind nach wie vor spürbar. Dessen ungeachtet setzt der Sektion 3-Leiter Kosloff und Marino sofort auf den Fall Aldo Farouche an, der sich lediglich als die Spitze des Eisbergs erweist.
Stilistisch hat sich in "Präludium" nichts getan. Nach wie vor schüttelt Miriam Pharo in schneller Folge immer neue Schauplätze, Gimmicks und Details aus dem Autorinnenärmel, die ihre von "Blade Runner" inspirierte Welt lebendig machen. Durch andauernden Einschübe, Beschreibungen und Erklärungen wird allerdings auch der Lesefluss etwas gebremst, zumal die meisten davon die Handlung nicht weiter bringen. Da das Grundtempo allerdings beträchtlich ist, kann man darüber gut hinwegsehen.
Nach wie vor sind auch Szenenaufbauten und Szenenwechsel sehr gut konstruiert, so dass es nicht schwer fällt, einen entsprechenden Film im Kopf ablaufen zu lassen. Auch die Story hat Miriam Pharo - trotz der zahlreichen Wendungen - jederzeit gut im Griff und es gelingt ihr auch, die ungeschriebenen Zwischentöne sehr gut zu vermitteln. Man spürt beim Lesen förmlich das Knistern zwischen Kosloff und Marino, das sich beide nicht eingestehen wollen.
Formal hat sich Frau Pharo selbst die Vorgabe gesetzt, die 24 Kapitel des Romans analog der 24 Präludien von Fredéric Chopin zu benennen und zu gestalten, d.h. ruhige Stücke (z.B. "Lento") entsprechen zurückhaltenden Kapitelinhalten, während in "Molto allegro" die Post abgeht.
In Sachen Covergestaltung hat "Präludium" noch einmal einen Sprung nach vorne gemacht. Obwohl es sich beim Titelbild um ein offenbar bestehendes Foto/Fotomontage handelt, ist die Verbindung zu Venedig/Cupola V natürlich genial. Auch die Gestalt mit der Pestmaske im Vordergrund findet sich im Roman wieder.
Insgesamt ist "Präludium" - wie die Vorgängerbände - ein knackiger SF-Thriller, den man durchaus unabhängig von den Vorgängern lesen kann. Für meinen Geschmack wurde jedoch etwas zu viel Wert auf Staffage gelegt.
(Elmar Huber, November 2012)
Miriam Pharo, -
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