Creekers

  • Festa
  • Erschienen: Januar 2012
  • 2
Creekers
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Carsten Kuhr
67°1001

Phantastik-Couch Rezension vonSep 2012

Der verlorene Sohne kehrt zurück - auf Du und Du mit der ungeliebten Heimat

Dereinst, als junger Mann hatte Phil Straker nur ein Ziel - möglichst schnell Crick City, einem Hinterwäldlerdorf im Süden der USA zu entkommen und Karriere zu machen. Und er hat sein Ziel erreicht - als Chef der Drogenfahndung einer großen Metropole ist sein Weg an die Spitze der Polizei vorgezeichnet - schien vorgezeichnet zu sein, denn dann wird er hereingelegt. Bei einer Razzia auf ein PCP-Labor wird ein Kind erschossen, ihm wird die Tat angehängt. Allen Unschuldsbeteuerungen zum Trotz muss er seinen Hut nehmen, und fristet als Nachtwächter sein Dasein.

Da kommt es gut, dass sein alter Ziehvater, der Chief von Crick City dringend einen neuen Hilfssheriff braucht. So kehrt er zurück an den Ort, zu dem er nie, niemals zurückkehren wollte. Ein verschlafenes Nest mitten im Nichts, voll mit versoffenen Rednecks, Moonshinern, Schmugglern und Frauen, die für ein wenig Cash für alles zu haben sind.

Früher einmal wurde das örtliche Gefängnis eigentlich nur als Ausnüchterungszelle für die Raufbolde, die sich um eine Frau schlugen, gebraucht, ab und an gab es einmal eine Festnahme, wenn ein Mann seine Ehefrau gar zu heftig angefasst hat, das war es aber auch schon. Nun aber verschwinden Drogenboten, gehäutete Leichen werden aufgefunden, auf dem Parkplatz des örtlichen Stripclubs werden Frauen und Drogen verkauft.

Hinter all dem könnte der Anführer der Creeker stecken. In den 40 Quadratkilometern Wald rund um Crick City leben sie, zurückgezogen ohne Elektrizität und fließend Wasser, ein Familienclan, der gerüchteweise seit Jahrzehnten der Inzucht und dem Kannibalismus frönt. Missbildungen sind bei ihnen an der Tagesordnung, fehlende oder zusätzliche Gliedmaßen, eine rote Iris und ihre tiefschwarze Haare zeichnen sie aus.

Stecken sie hinter dem Morden und dem vermuteten Drogenring?

Phil versucht undercover zu ermitteln. Als er das erste Mal den Stripclub betritt, wartet eine Überraschung auf ihn, die ihn mehr mitnimmt als zunächst gedacht. Seine alte High-School-Liebe, die er der Karriere wegen damals hat sitzen lassen, arbeitet nicht nur als Tänzerin an der Stange, für Geld und gute Worte ist sie auch bereit, jedem Freier in den Pick-Up zu folgen.

Im Verlauf seiner Ermittlungen führen ihn die Spuren vom Hinterzimmer des Stripclubs, in dem die Creeker-Damen ihre Reize darbieten, tief in den undurchdringlichen Wald - zu einem Haus, das er als Kind bereits einmal betreten hat - und in dem er damals etwas Unaussprechlichem begegnet ist ...

Sex und Gewalt - die Mischung punktet, wenn auch nicht unbedingt Mainstream Lesefutter

Wie in fast allen seiner Bücher bettet Edward Lee seine Story um Sex und Gewalt in ein Umfeld, das er selbst aus dem Effeff kennt ein. Als ehemaliger Polizist weiß er nicht nur um die Abgründe der Seele, denen die Ordnungshüter auf ihrer Jagd nach den Mördern, Drogenpatschern und Zuhältern tagtäglich begegnen, er kennt auch die Ermittlungsmethoden. Geschickt verbindet er diese einmal mehr mit der glaubwürdigen Zeichnung der trostlosen, verarmten Dörfer im tiefen Süden der USA. Hier, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, wo es schlicht keine Perspektive für die Menschen gibt, Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft nicht existent sind, kennt er sich aus. So bietet er uns in einem frühen Werk seines Schaffens erneut ein überzeugendes Bild eines trostlosen Dorfes, in der der Kneipenbummel am Wochenende noch das Highlight darstellt, in der häusliche Gewalt an der Tagesordnung ist und jeder jeden kennt.

In diese Umgebung hat er eine Handlung eingebettet, die den Leser zunächst auf eine falsche Fährte führt. Was anfänglich nur nach einem Drogendelikt aussieht, vielleicht verbunden mit einem Drogenkrieg zwischen verfeindeten Banden, das entpuppt sich nach und nach als viel mehr. Wer alles in die Verbrechen verwickelt ist, was das mit Phils Jugend, seiner Familie zu tun hat, entpuppt sich erst gänzlich im packenden Finale.

Im Gegensatz zu anderen Werken aus seiner Feder steht die grell beleuchtete und schonungslos geschilderte Sexualität noch nicht so sehr im Mittelpunkt des Buches. Zwar wird auch hier brutal vergewaltigt, werden Frauen geschändet, missbraucht und ermordet, doch nehmen diese Szenen weniger Raum ein, fügen sich mehr in das Gesamtbild ein, als in späteren Romanen.

Immer wieder gelingt es Lee den Leser mit so nicht zu erahnenden Wendungen zu verblüffen, ihn mit seinen Gestalten zu schocken und gleichzeitig zu faszinieren und letztlich immer wieder von Neuem zu überraschen. Das ist bestes Thriller-Horrormaterial, fesselt durch ein stimmig gezeichnetes Setting und bietet einen stringenten Handlungsbogen - wenn auch das Titelbild nicht eben verkaufsfördernd daherkommt.

(Carsten Kuhr, Oktober 2012)

Creekers

Edward Lee, Festa

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