Zuviel Herzleid - zu wenig Abenteuer
Elfen, immer wieder Elfen - sie sind ein beliebtes Volk, das aus der Fantasy nicht wegzudenken ist. Langlebig, anmutig und kulturell hoch entwickelt sind sie, allerdings ob ihrer Überlegenheit auch gefährlich. Elfen streiten in zahlreichen Büchern gegen die Zwerge oder gegen dunkle Vertreter ihres eigenen Volkes, die Albae oder Dunkelelfen. Auch in dem Debütwerk der Österreicherin Sabrina Qunaj bekämpfen sich die Elfen untereinander. Doch anders als in anderen Geschichten um Licht- und Dunkelelfen sind hier die "Guten" und "Bösen" nicht an ihrer Farbe festzumachen. Qunajs Dunkelelfen haben nichts mit denen des Autors R. A. Salvatore oder den Albae von Markus Heitz gemein.
Eine Halbelfe zwischen den Welten und zwei Männern
Das Mädchen Vanora wächst an der Küste bei ihrem Vater auf, ihre Mutter verstarb früh. Obwohl den Hufschmied Briac stets Traurigkeit begleitet, haben Vater und Tochter ein liebevolles Verhältnis zueinander. Vanora ist 11 Jahre alt, als ein seltsamer Besuch kommt. Er nennt sich Glendorfil und spricht davon, dass das Mädchen in Gefahr sei, sie von ihm lernen müsse, sich zu schützen. Glendorfil bringt Vanora bei, ihre seltsame Gabe, spontan Feuer zu entfachen, zu steuern. Einige Jahre später, Vanoras Lehrjahre sind inzwischen vorbei, tritt Eamon in ihr Leben. Er arbeitet bei Vanoras Vater als Gehilfe und ist fortan ihr ständiger Begleiter. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, wann sie ein Paar werden. Doch ihr inniges Verhältnis wird getrübt, als Vanora endlich erfährt, wer diese Männer wirklich sind; Glendorfil und Eamon gehören dem Volk der Elfen an. Auch Vanora stammt von ihnen ab und ist somit Teil einer tragischen Geschichte, die zum Tod ihrer Mutter und zur Teilung des Elfenreichs geführt hat. Ihre Freunde sind Dunkelelfen und brauchen Vanoras Macht, um ihre Welt gegen die Lichtelfen zu verteidigen. Schließlich macht der Lichtkrieger Nevliin von Valdoreen die Halbelfin ausfindig. Eamon flüchtet mit Vanora in das Schattenreich, wo er gerade die Königskrone geerbt hat, Nevliin und die Lichtmagierin Meara folgen ihnen. Vanora ahnt bald, dass sie mit dem kaltherzigen Lichtkrieger eine Seelenverwandtschaft verbindet und was es heißt, für den Krieg um die Elfenreiche das Zünglein an der Waage zu sein.
Durchhaltevermögen ist gefragt...
..wenn man ein Buch mit 970 Seiten in der Hand hält. Viele seitenstarke Fantasy-Romane präsentieren auf den ersten 100-200 Seiten ihre Welt, bevor die eigentliche Geschichte beginnt. Auch Sabrina Qunajs Debütroman "Elfenmagie" stellt zunächst die wichtigsten Protagonisten vor: Vanora als Kind, den altehrwürdigen Krieger und Lehrer Glendorfil, den Königssohn der Dunkelelfen Eamon, die Königin der Lichtelfen Alkariel und schließlich den Lichtkrieger Nevliin. Vanoras wohltuendes aber nicht überzogen dargestelltes Selbstbewusstsein verspricht, dass aus ihr später eine interessante Persönlichkeit wird. Alle anderen Figuren kommen zunächst eher stereotyp herüber; als Beschützer, machthungrige Herrscherin oder eiskalter Krieger. Allein Glendorfil wirkt etwas vielschichtiger, weil er nicht nur Vanora, sondern auch dem Leser das Gefüge der drei Welten erklärt.
Der Weltenbau ist eine der Stärken des Romans "Elfenmagie". Die Autorin erläutert die Historie des Licht- und Schattenreichs und der Menschenwelt. Wir verfolgen, wie es zur Spaltung des Elfenreichs Elvion kam und die Entstehung des gegenwärtigen Konflikts. Vanoras Abenteuer bindet Sabrina Qunaj stimmig in diese Vergangenheit ein. Zwar bietet der Völkerkonflikt wenig Neues. Vielmehr wurde er mit altbekannten Versatzstücken wie einem Orakelspruch oder einer mit Schwert und Zauberkraft geschlagenen Schlacht entworfen. Er hätte dennoch die Geschichte tragen und gut unterhalten können, wenn dieser Handlungsteil nicht immer wieder in den Hintergrund gedrängt würde. Qunaj hat hier viel Potential ungenutzt gelassen. Stattdessen dominiert die Dreiecksgeschichte zwischen Vanora, Eamon und Nevliin. Dieses ewige Hin und Her einer Frau zwischen zwei Männern wurde endlos ausgewalzt und langweilt, was auch daran liegt, dass zwei der drei handelnden Personen wenig Profiltiefe aufweisen. Vanora, die als Kind sehr genau weiß, was sie will, ist im Schattenreich nur noch ein Schatten ihrer selbst. Warum sie die Erkenntnis, von Eamon für seine Zwecke benutzt zu werden, psychisch derart nachhaltig niederstreckt, erschließt sich nicht wirklich. Im späteren Handlungsverlauf hätte das wenigstens mehr Sinn gemacht. Mit ihrer Launigkeit und Heulerei nervt Vanora einfach. Ähnliches gilt für Eamon, der überwiegend von Eifersucht getrieben agiert, obwohl er genügend andere Probleme hat.
Nevliins Wandlung vom Saulus zum Paulus ist einer der interessanteren und durchaus überzeugenden Entwicklungen im Buch. Ebenso erfreut Eamons Schwester Liadan, die aber leider nur eine kleine Nebenrolle spielt und der Kobold Bienli. Er weist von allen Protagonisten den meisten Schneid, den eigenständigsten Charakter auf und hat als einziger erfrischenden Humor zu bieten. Auch ihm hätte die Autorin ruhig eine umfassendere Rolle gönnen dürfen.
Wer dieser emotionsüberladenden Dreieckskiste nichts abgewinnen kann, wird spätestens im Mittelteil des Buchs Mühe haben, es nicht abzubrechen. Wer trotzdem ungefähr bis zur Seite 660 durchgehalten hat, sollte auch zu Ende lesen. Denn im Finale reißt die Autorin das Ruder noch einmal herum und setzt Schlachten und mutige Rettungsaktionen mit phantastischen Elementen in Szene. Zudem gewinnen die Figuren an Profil hinzu. Vanora zeigt endlich Courage und setzt ihre Zauberkräfte ein, die bisher viel zu kurz gekommen sind. Der wichtigste Pluspunkt in diesem Finale jedoch ist der Mut der Autorin zu einem unpopulären Ende.
Ein Wort zur sprachlichen Qualität
Sabrina Qunajs sprachlicher Stil gehört klar zu den Schwachpunkten von "Elfenmagie". Geprägt ist dieser von einer enervierenden Monotonie, sprachliche Vielfalt sieht anders aus. Dabei wäre es so wichtig, die immer abwechselnd aus ihrer Sicht erzählenden Personen auch sprachlich voneinander abzugrenzen. Stattdessen verwendet die Autorin immer die gleichen Stilmuster wie endlose innere Monologe, die viel zu oft mit einem "Ja, dachte er oder sie" beginnen. In einem Buch für Erwachsene wirkt das zunächst belustigend, auf die Dauer lästig. Auch Einwortsätze wie "Ich. Bin. Der. König." [S. 246] zur Betonung der Aussage tauchen immer wieder auf, was ebenfalls unpassend infantil herüber kommt. Allerdings verbessert sich auch die sprachliche Qualität zum Ende des Romans. Man darf also hoffen, dass uns der Folgeband "Elfenkrieg", der im September 2012 erscheinen wird, mehr Spannung und einen reiferen Schreibstil darbietet.
(Eva Bergschneider, Juli 2012)
Sabrina Qunaj, Aufbau
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