Dolch und Münze 1: Das Drachenschwert
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2012
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Das Bild einer faszinierend real wirkenden Welt
Cithrin Bel Sacour stammt zur Hälfte von einer Cinnae ab. Dass ihre Eltern der Pest erlegen sind, macht sie zu einem Mündel der Bank in dem Stadtstaat Venai. So hat sie Glück im Unglück. Statt einfach auf der Straße zu landen, nimmt sich der Bankinhaber ihrer an, bis sie volljährig wird und ihre Anlage damit frei wird.
Als die Stadt sich weigert, dem König im fernen Antea seinen Tribut zu zahlen, kommt es zum Krieg. Während Söldner die Stadt vor den Truppen des Königs schützen sollen, versucht der Bankinhaber sein Vermögen in Sicherheit zu bringen. Und wer ist unauffälliger als eine Halbcinnae, die sich als Maultierkutscher eines schäbigen Karrens verkleidet hat? So schließt sich Cithrin einer Karawane gen Carse an, die unter dem Schutz des legendären Hauptmanns Marcus Wester steht. Dieser, ein allseits bewunderter Kriegsheld, flieht selbst vor den Nachstellungen des Statthalters von Venai, der ihn in seine Dienste pressen will. Zusammen mit einer Gruppe fahrender Schauspieler, die er als Wächter verkleidet, soll er die Handelskarawane sicher zu ihrem Ziel bringen.
In Antea versucht derweil der Baron von Osterling Dawson Kalliam seinen alten Freund, König Simeon, vor den Intrigen der Adeligen zu schützen. Dass er, der alle Neuerungen verteufelt, sich vehement gegen die Gewährung weiterer Rechte für die Bauern und Sklaven sträubt, dabei seine eigenen Machtansprüche zurückstecken muss, um seinen König an der Macht zu halten, verbittert ihn.
Vierter im Bunde der Erzähler ist Sir Geder Palliako von Bruchhalm, der sich auf Weisung des Königs der Strafexpedition gen Venai anschließen muss, obwohl er so viel lieber alte Manuskripte studieren und übersetzen möchte. Im eroberten Venai setzt ihn sein intriganter Widersacher Alan Klin, zunächst als Mann fürs Grobe ein, wohl wissend, dass er damit Geder nicht nur der Gefahr für Leib und Seele aussetzt, sondern auch dessen innersten Wesen zuwiderhandeln lässt.
Vier Erzähler sorgen dafür, dass wir nach einem zunächst etwas verwirrenden Start einen überzeugenden Einblick in eine fremde Welt erhalten
Was zunächst nicht viel miteinander zu tun hat, was kaum Berührungspunkte aufweist, des verbindet sich im Verlauf des Romans zu einem komplexen Bild einer mittelalterlichen Welt, die anders als viele Vorbilder auch in merkantiler Hinsicht zu überzeugen weiß. Das Gebotene ist weit von dem üblichen Kampf der Guten gegen die Bösen entfernt, erinnert zu Beginn eher an eine Aneinanderreihung von Kurzgeschichten, die in derselben Welt angesiedelt wurden, bevor es sich zu einem bunten Teppich einer faszinierenden Welt im Umbruch verbindet.
Dominiert wird der Text von den vier Erzählern. Jeder für sich ist ein Charakter, der weit von den üblichen Stereotypen entfernt auf seine ganz eigene Art zu überzeugen weiß. Das sind Figuren mit einer Vergangenheit, die sie geprägt hat, Gestalten, die in sich logisch, ihrer Persönlichkeit entsprechend handeln und letztlich den Roman prägen.
Dazu sollte man vielleicht wissen, dass sich hinter dem Pseudonym Hanover niemand anderer als der gefeierte Fantasy-Autor Daniel Abraham (aka MLN Hanover, aka S. A. Corey) verbirgt. Wie in seiner ebenfalls bei Blanvalet erschienen hochgelobten Reihe um "Die magischen Städte" weist der Untertitel der Reihe den Weg - wobei der Dolch für die Intrigen der Adeligen am Hof steht, die Münze für den wirtschaftlichen Vorgänge rund um das Bankhaus, die allgegenwärtigen Bestechungen und die Händler. Gerade die Darstellung des zunächst verwirrenden Beziehungsgeflechts der Adeligen, ihre Bündnisse, Animositäten und Intrigen prägen die Kapitel, die aus Dawsons Sicht geschildert werden den Text.
Dazu gesellen sich dann nicht weniger als dreizehn Rassen, die mehr oder minder einträchtig die an das Europa des Mittelalters angelehnte Welt bevölkern. Auf seiner Webseite hat der Autor diese Rassen, die er sehr differenziert ausgestaltet hat, noch einmal gesondert beschrieben und in allen Einzelheiten vorgestellt.
Die zumeist kurzen Kapitel verwirren zu Beginn etwas durch den häufigen Perspektivenwechsel. Mit der Zeit, wenn wir mit unseren Erzählern vertrauter werden, wenn deren Hintergrund Gestalt annimmt und wir sie besser kennenlernen aber fällt der Wechsel zwischen den Figuren leichter, tauchen erste Verbindungen auf und entfaltet sich ein letztlich faszinierendes Geflecht.
Das ist fern der angesagten Hau-Ruck-Fantasy zunächst keine einfache Lektüre, bietet aber dafür ein faszinierend real wirkendes Bild einer fremden Welt, die zudem von glaubwürdigen Personen bevölkert wird.
(Carsten Kuhr, Juli 2012)
Daniel Abraham, Blanvalet
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