Der graue Berg

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  • Erschienen: Januar 2011
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Der graue Berg
Der graue Berg
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Michael Scheck
86°1001

Phantastik-Couch Rezension vonNov 2011

Abgespeckte Space-Opera made in Germany

2. 3. 608, neue terranische Zeitrechnung: Zu diesem Zeitpunkt setzt der Roman von D. W. Schmitt ein. Der bislang unbekannten Autor heisst eigentlich Dieter Schmitt und ist langjähriges Mitglied des Wurdack-Verlages; letzterer hat das Werk auch herausgebracht. Mit seinem Erstling "Der graue Berg" startet Schmitt eine höchst interessante Science-Fiction-Reihe, von welcher jährlich ein weiterer Band erscheinen soll.

Eine Macht im Verborgenen

Perlamith ist ein von Menschen bewohntes Planetensystem. Drei Planeten sind besiedelt, auf jedem der drei herrscht eine andere Regierungsform, auf jedem hat die Technik einen unterschiedlichen Entwicklungsstand erreicht.

Die Geschichte beginnt mit der Reise des Geheimagenten Jev Maltin nach Karhenan, dem siebten Planeten des Systems. Maltin stammt von Rogamar, dem vierten Pleneten, der soeben von der Kriegsflotte des fünften Planeten, Menz, angegriffen und dabei weitgehend zerstört wurde - scheinbar aus heiterem Himmel, denn der Diktator Rogamars hegte keinerlei feindliche Absichten. Der vernichtende Angriff des demokratisch regierten und kriegstechnisch weit überlegenen Planeten Menz kam völlig unvorbereitet. Maltin hat sich unter die Flüchtlinge Rogamars gemischt, um unerkannt auf Karhenan untertauchen zu können - mit einem Auftrag, der so geheim ist, dass nicht einmal er selbst darüber Bescheid weiß.

Ein geheimnisvoller Mönch, den Jev auf dem Transfer-Flug nach Karhenan kennenlernt, scheint allerdings über den Auftrag Bescheid zu wissen. Doch wer ist er? Und welche Absicht steckt hinter seiner freundlichen Hilfsbereitschaft? Schon bald wird deutlich, das hinter dem Konflikt zwischen den drei Planeten eine dritte, im Verborgenen agierende Macht steckt. Und die scheint nicht menschlich zu sein. Und sie scheint mit dem geheimnisvollen grauen Berg auf Karhenan in Verbindung zu stehen.

Spannende Gedankenspiele

Military-SF also - Ja, aber nicht nur, "Perlamith" geht viel weiter. Schmitt schafft das Kunststück, den Konflikt, der für den Fortgang seiner Geschichte absolut zentral ist, in den Hintergrund zu rücken und die Reaktionen der Soldaten, der Zivilisten, der Staatsmänner und der einzelnen Regierungen auf diesen Krieg ins Zentrum des Romans zu stellen. Immer wieder werden dabei innere Vorgänge transparent gemacht: Die Selbstzweifel der Hauptfiguren, das selbstgerechte Denken der Mächtigen, Erinnerungen, Ahnungen, Spekulationen. Obwohl ein Krieg im Zentrum steht, dessen kosmische Dimensionen sich im Lauf der Handlung Stückweise enthüllen, ist "Der graue Berg" ein sehr ruhiger, fast introvertierter Roman. Einfach wegzulesen ist er somit nicht.

Wer das "große Ballern" erwartet, sitzt bei Schmitt im falschen Gleiter. Der Mann macht sich Gedanken, die weit über böse Aliens und heldenhafte Kämpfer hinausgehen. Es gibt Stellen, da wird engagiert über den Vorteil von Diktaturen und den Nachteil von Demokratien debattiert - höchst spannend, provokativ und dadurch anregend. Ethische Gedankenspiele haben in "Perlamith" genauso ihren Platz wie eine Zukunftsvision vom Fortbestehen der Menschheit. Das ist spannend zu lesen, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen. Schmitt erleichtert dies, indem er lebendige Figuren entwirft, die sich nicht einfach auf bestimmte bekannte Schemata festlegen lassen. So ist etwa der Agent Jev keine Heldenfigur, sondern ein Zweifler, der vom Sinn seines Auftrag alles andere als überzeugt ist.

Durchdachtes Konzept

Schmitts Schreibstil ist auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig. Bei genauerem Hinsehen geht er allerdings eine perfekte Symbiose mit der Handlung ein. Die oft knappen, trockenen, fast emotionslosen Sätze passen ausgezeichnet zu dieser abgespeckten Form der Space Opera, der so gar nichts opernhaftes anhaftet, die nirgends ausufert und sich nicht in opulenten aber letztlich nutzlosen Details ergeht. Die geradlinig erzählte Story findet auf gerade mal 200 Seiten Platz. Ab und zu wirken die Formulierungen etwas ungelenk, doch das verzeiht man angesichts der unleugbaren Qualitäten dieses Buches gern.

Zu den erwähnten Qualitäten muss man auch die Konzeption des Romans zählen: Wie die Hintergründe des beschriebenen Krieges nach und nach aufgedeckt werden, wie die kosmischen Dimensionen des zunächst regional erscheinenden Konflikts häppchenweise in den Vordergrund gerückt werden, das zeugt von einem gut durchdachten Konzept und hält die Leserschaft bis zuletzt bei der Stange.

Einziger Wermutstropfen: Die Geschichte findet kein wirkliches Ende - oder klarer ausgedrückt: Nun müssen wir bis zum Sommer 2012 auf eine Fortsetzung warten. Das ist schade, denn das äusserst farbig und phantasievoll geschilderte Perlamith-System verlässt man nach den 200 Seiten nur ungern. Zumal ihm D. W. Schmitt auf der allerletzten Seite des Buches eine fürchterliche Bedrohung in Aussicht stellt.

(Michael Scheck, November 2011)

Der graue Berg

D. W. Schmitt, -

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