Nacht der Schatten
- Bastei-Lübbe
- Erschienen: Januar 2011
- 3
Die Vampirhenkerin verkommt zur Schlampe
Was war das vor ein paar wenigen Jahren noch für eine Freude, wenn der neue Anita-Blake-Roman angekündigt war. Den Leser erwartete eine toughe Frau, die sich ihren Weg im Urban-Fantasy-Dschungel von St. Louis im wahrsten Sinne des Wortes erkämpfte. Sie, die nie den Verlockungen der Bluttrinker oder der Gestaltwandler verfallen wollte, die landesweit als Henkerin und Nekromantin bekannt und gefürchtet war, legte sich mit allen weltlichen wie übernatürlichen Autoritäten an - und kam mit ihrer beherzten Art damit durch. Der Herrscher der Stadt war ihr zugetan, einer der stärksten Werwölfe der Gegend ebenso, von ihren mitmenschlichen Freunden, allen voran einem manischen Attentäter wollen wir mal gar nicht sprechen. Alle Anfeindungen und Angriffe hat sie versiert und energisch abgewehrt, hat sich ihre Integrität bewahrt - bis die Liebe zuschlug.
Seitdem ist nichts mehr, wie es einmal war. Magisch sowohl mit Richard, dem Anführer des Werwolf-Clans als auch mit dem Meistervampir Jean-Claude verbunden, als Luna die erste Gefährtin Richards, daneben auch noch Anführerin ihres eigenen Leoparden-Rudels, ist sie ihrer Verwandlung zu einer Gestaltwandlerin fast hilflos ausgeliefert. Der sexbesessene Geist ihrer Vorgängerin sucht sie heim und zwingt sie zu sado-masochistischen Spielchen, damit nicht genug, beherrscht sie auch noch immer wieder die Ardeur, ein Trieb, der sich nicht aufhalten lässt.
Und so passiert in vorliegendem zweiten Teil des Originalromans erneut nicht wirklich viel oder gar Bedeutendes. Statt also eine packende Handlung, einen Kampf gegen einen selbstverständlich bösen Widersacher oder eine drohende Gefahr, kümmert sich unsere Henkerin um ihr Liebesleben - und das ausführlich.
Wir erfahren viel darüber, wie im Rudel das Paarungsverhalten abläuft, über Dominanz und Unterwerfung, über Schmerz und Erfüllung. Das wäre alles nicht weiter schlimm, wenn die diesbezüglichen Szenen nicht überhand nehmen würde, ja zum Selbstzweck verkommen.
Selbst die eigentliche Geschichte, die Verfolgung Anitas durch einen rivalisierenden Anführer einer Wergruppe bleibt lediglich schmückendes Beiwerk, vor dessen Kulisse die mannigfaltigen, gewaltbetonten Sexspielchen ablaufen. Das ist - leider - nur langweilig, so manches Mal abstoßend und wird so manchen Anita-Blake-Fan dazu verleiten, der Reihe den Rücken zu kehren.
(Carsten Kuhr, November 2011)
Laurell K. Hamilton, Bastei-Lübbe
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