Nicodemus. Der Zauberverschreiber
- Klett-Cotta
- Erschienen: Januar 2011
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Vorhang auf für die ganz eigene Magieschöpfung des Blake Charlton
Starhaven, einst eine mächtige Metropole der von den Menschen abgeschlachteten Chthonen, dient jetzt den Zauberern als weit abgelegene Feste, in der sie ungestört von den Intrigen der Königreiche ihrem Nachwuchs die Runenmagie beibringen können. Doch selbst unter den talentiertesten Wortschöpfern gibt es solche, die das Lernziel nicht erreichen. Nicht etwa, weil sie faul wären, sondern weil sie von Natur aus Legastheniker sind. Ihre Unfähigkeit, die Rechtschreibung zu meistern, stempelt sie zu Außenseitern, die allgemein belächelt und bemitleidet werden.
Nicodemus ist einer von ihnen. Einst vermutete man, dass er der geweissagte Halkyon, Retter der Welt, sein könnte, doch die Legasthenie stempelte ihn zum Kakograph. Einzig sein Mentor, der nach einem Treffen mit Hakeem, dem ersten Gott, und der Lektüre eines Zauberspruchs in Primus erblindete Zauberer Shannon nimmt sich des Jungen an.
Während eines Konzils in Starhaven wird eine angesehene Zauberin ermordet. Zunächst deutet alles auf Shannon und Nicodemus als Täter, doch nur zu bald kommen die beiden Verdächtigen finsteren Intrigen auf die Spur. Druiden mischen sich ein, die Dämonen selbst haben einen ihrer Golem-Attentäter auf Nicodemus angesetzt, der die Kräfte des Kakographen für die Dämonen abschöpfen soll, lebendige Bücher mischen sich ein und Nicodemus lernt von einem Geist die Zaubersprache Wrixlan ...
Ein Legastheniker auf Zauberpfaden - erfrischend neue Ideen in altem Gewand
Der Auftaktroman zu einer neuen High-Fantasy-Trilogie bietet zumindest auf den ersten Blick nichts überwältigend Neues. Wir begegnen unserem gehandikapten Protagonisten, der im Verlauf der Handlung zunächst zum Spielball einer Prophezeiung und ihrer Gegenprophezeiung wird, seine magischen Fähigkeiten erkennen und meistern und seinen Widersachern entgehen muss. Zur Seite gestellt wird ihm ein mächtiger Zauberer, einige Freunde und Verbündete gesellen sich auch dazu, die Queste kann also beginnen.
Erst wenn man sich den Debutroman Blake Charltons einmal ein wenig genauer anschaut, wird man Unterschiede, Schwächen aber auch viele Stärken des Textes finden. Neben den fast schon unvermeidlichen Beginnerfehlern in Form der eher plump angelegten Info-Dumps ist insbesondere die ungewöhnliche Ausgestaltung der Magie als Highlight des Buches zu nennen.
Hier hat der Autor eine ganz eigene, in ihrer Ausgestaltung faszinierend andere, aber auch in sich überzeugende Magie geschaffen, die ich zumindest so noch nirgends sonst gelesen habe. Diese verbindet sich im ersten Band der Trilogie, der ausschließlich in der Feste von Starhaven angesiedelt wurde, mit der Suche nach den Tätern und ihren Motiven. Zusammen mit unserem Protagonisten machen wir uns auf die Suche nach dem "Warum", auch wenn er von den Geschehnissen mehr getrieben wird, als dass er wirklich selbstbestimmt zu Werke gehen kann. Immer enger zieht sich die Bedrohung um ihn zusammen, während er selbst noch sein schweres Schicksal als Kakograph zu akzeptieren sucht, insgeheim aber immer die Hoffnung hegt, vielleicht doch einmal noch zum Zauberer zweiten Grades aufrücken zu können. Liebevoll eingestreute Details, wie etwa seine Begeisterung für Ritterepen und seine Hilfsbereitschaft machen ihn für den Leser zur sympathischen Identifikationsfigur.
Lange rätselt man mit ihm und seinem Meister mit, was eigentlich in den alten Mauern der Feste vor sich geht, ob Nicodemus nun wirklich der Halkyon oder dessen Widerpart, der Separatist, ist, wie all die Puzzelstückchen, die uns der Autor im Verlauf der Handlung präsentiert, zusammenpassen. Große Schlachtengemälde erwartet man ebenso vergebens wie Magierduelle, alles bewegt sich auf einer kleineren Bühne und dies ist gut so. Zwar spielen auch vorliegend Götter und Dämonen ihre Rolle, dennoch erzählt der Autor uns in erster Linie eine Geschichte von Menschen, die mit ihren mehr oder minder großen Gaben versuchen, ihr Schicksal zu meistern. Das ist spannend, manches Mal anrührend, dann wieder geheimnisvoll und punktet mit einer ungewöhnlich angelegten Zaubersprache, die den Roman prägt.
Blake Charlton, Klett-Cotta
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