Die linke Hand Gottes
- Goldmann
- Erschienen: Januar 2010
- 2
Mystery mit Fantasy- und Horror-Einschlag
Cale kennt weder sein exaktes Alter noch seinen richtigen Namen. Er ist ein Zögling im düsteren Kloster des Erlöserordens, wo er mit zahlreichen anderen Jungen auf seine Rolle als Kriegermönch vorbereitet wird. Die jungen Novizen wurden schon im Kleinkindalter in die Ordensburg gebracht und müssen seitdem das schreckenerregende Regime der Kriegermönche ertragen. Eines Tages wird Cale Zeuge eines grausamen Verbrechens. Er beobachtet den Zuchtmeister des Ordens dabei, wie dieser ein Mädchen bei lebendigem Leibe ausweidet und ein anderes Mädchen zum Zusehen zwingt. Außer sich vor Wut tötet er den Mönch - und ist zur Flucht gezwungen. Gemeinsam mit Henri, Kleist und dem Mädchen entkommt Cale den Häschern der Erlöser, und die Gruppe schlägt sich bis zur Stadt Memphis durch. Dort geraten sie in die Intrigen und Machtkämpfe der herrschenden Materazzi. Doch das ist nur der Beginn einer abenteuerlichen Odyssee.
Paul Hoffman hat einen "etwas anderen" Mystery-Roman geschrieben, der zuweilen auch Züge eines Fantasy-Epos hat. Es geht um religiösen Wahn, und hier und da sind auch Horror-Elemente enthalten, aber die Zuordnung zum Genre ist nach meiner Auffassung nicht so eindeutig. Auf jeden Fall vermag die flüssig erzählte Geschichte die Leser von Beginn an zu fesseln. Die Rollen der Guten und der Bösen scheinen klar verteilt, aber im Laufe der Handlung ist dann vieles nicht so, wie es auf den ersten Blick erscheint. Die Ortsnamen und auch die Namen der verschiedenen Protagonisten sind ziemlich willkürlich zusammengeklaubt. Zuweilen droht der Leser die Orientierung zu verlieren, weil Hoffman den ganz großen Bogen schlagen möchte, aber meistens bekommt man doch wieder den Überblick.
Der Orden der Erlösermönche ist ein Haufen von religiösen Fanatikern, die einen Religionskrieg gegen die so genannten Antagonisten führen. Der Kampf ist im Stellungskrieg erstarrt und spielt für die Handlung des Romans keine große Rolle. Breiten Raum gibt der Autor den religiösen und philosophischen Betrachtungen seiner verschiedenen Protagonisten, leider übertreibt er es dabei zuweilen. Aus diesem Grund, aber auch wegen der recht brutalen Kampf- und Folterszenen ist das Buch kein so genannter All-Age-Roman, sondern richtet sich doch eher an erwachsene Leser.
Immerhin geht von der Figur Cales und seinem Schicksal eine eigentümliche Faszination aus. Als junger Novize wurde er brutal und mönchisch erzogen, in Memphis verliebt er sich dann in eine "Perle" des Materazzi-Clans und beginnt mit ihr eine heimliche Liebschaft. Für einen Mystery-Roman eine recht ungewöhnliche thematische Abschweifung, die allerdings für den Fortgang der Handlung wichtig ist, und glücklicherweise nicht allzu sehr übertrieben wird. Die andere Seite der Medaille ist, dass sich Cale im Laufe der Geschichte als effiziente und gnadenlose Kampfmaschine entpuppt.
Die einzelnen Charaktere und ihr jeweiliges Verhältnis zueinander sind für Paul Hoffman offenbar sehr wichtig, er widmet den Gesprächen breiten Raum. Insgesamt ist die Geschichte nicht wirklich innovativ, vielmehr hat sich der Autor aus verschiedenen Genres und bei unterschiedlichen Vorbildern bedient. Immerhin hat er es alles so gut vermischt, dass eine durchaus eigenständige Geschichte entsteht, die räumlich und zeitlich aber nicht wirklich definiert ist. Vielmehr wird die so konstruierte Welt eher minimalistisch beschrieben, was wiederum den Fokus auf die Protagonisten befördert. Angesichts des außerordentlich offenen Endes führt sie auch zielstrebig auf den zweiten Band der geplanten Trilogie hin.
Der Autor pflegt einen eigenwillige Stil, der aber auch den zuweilen schwer definierbaren Reiz dieses Romans ausmacht. In den ersten Kapiteln deutet sich ein harter und actionreicher Roman an. In Memphis geht es dann trügerisch ruhig zu, nur von kurzen Episoden unterbrochen. Im Schlussteil legt die Geschichte dann nochmal richtig zu, bis hin zum überraschenden und offenen Ende. Es wird so einiges im Hinblick auf den zweiten Band angedeutet, was den Leser durchaus neugierig auf die Fortsetzung macht.
Paul Hoffman, Goldmann
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