Verrat in Faerie

Erinnern wir uns zurück. Im ersten Teil der Talisman-Kriege lernten wir den etwas dicklichen Bäckerlehrling Alek Maurer kennen. Zusammen mit einigen Gefährten brach er, verfolgt vom Hexer Salin Urdrokk und dessen dunklen Horden, auf, den Talisman der Macht, das uralte, mächtige Kleinod seinem rechtmäßigen Besitzer, dem König der Elben, zu übergeben. Nach unzähligen Abenteuern und überstandenen Gefahren traf unser Trupp Abenteurer in Faerie, der Reich der Elben ein.

Nun also scheint die Queste vorbei zu sein, Alek kann an den Backofen zurückkehren. Weit gefehlt, wie man sich als kundiger Fantasy-Freund schon denken kann, denn auch im Reich der Elben ist Salims Einflussnahme spürbar. Die so integeren Elben wurden beeinflusst, Verrat - ja ein Bürgerkrieg erschüttern das abgeschottete Reich. Salin selbst erscheint in der Hauptstadt der Elben und entreißt Alek den Talisman. Mit diesem, so sein perfider Plan, kann er die geistige Herrschaft über die langlebigen Spitzohren übernehmen, kann sie seinem Willen unterwerfen. Was bleibt Alek und seinen Freunden anderes übrig, als erneut den Ball aufzunehmen und den Hexer zu verfolgen. In dessen dunklem Tempel kommt es zum direkten Aufeinandertreffen - und dabei hält der Hexer alle Trümpfe fest in der Hand ...

Middle of the Road-Fantasy - aber gut geschrieben

Lange bevor Michael Krug seinen Verlag gründete, hat er sich als kundiger und versierter Übersetzer für High Fantasy einen Namen gemacht. Nach dem Wechsel des Otherworld Verlages unter das Dach von Ueberreuter verlagerte sich der Schwerpunkt der Publikationen ein wenig in Richtung Horror. Hier punktete man mit herausragenden Entdeckungen, die den Fan anspruchsvoller Weird Fiction packend zu gruseln wussten. Dennoch gehört die High-Fantasy zu Otherworld und wird den Verlag auch künftig begleiten.

Mit Jason N. Beils Zyklus um die Talisman-Kriege hat der Verleger und Übersetzer ein Werk aufgetan, das man sicherlich in die Phalanx der tolkienesquen Epen einreihen kann. Einmal mehr gilt es, dem Bösen in Gestalt finsterer Hexer entschieden entgegen zu treten, die Entwicklung eines Helden zu verfolgen, und mit diesem zusammen zu triumphieren. Die unerlässlichen Gefährten - allen voran ein weiser Magier, zwei überragende Kämpfer sowie die übernatürliche Hilfe - gesellen sich zu unserem Protagonisten, magische Werkzeuge und Waffen werden eingeführt, die mysteriöse Abstammung unseres Helden offenbart. Das kennt der Fantasy-Freund aus diversen anderen Zyklen, so dass der Novitätenfaktor eher gering einzuschätzen ist.

Aber, bei all den Reminiszenzen an Eddings, Duncan und Feist liest sich auch der zweite Teil der Saga einfach rund und inhaltlich packend. Man taucht gerne in die eigentlich bekannte Auseinandersetzung ein, wird durch in dieser Zusammensetzung noch nicht gelesene Details überrascht und verfolgt gebannt das Geschehen. Natürlich ist der Ausgang bekannt, doch der Weg dorthin ist auch für den Leser mit einigen Überraschungen gepflastert. Es gibt Rückschläge, aber noch keine wesentlichen Opfer zu beklagen. Die Welt, in der Beil seine Handlung angesiedelt hat, wird weiter ausgebaut, die Personen fortentwickelt.

Zwar hätte ich mir gewünscht, dass die Handlung des ersten Teiles zu Beginn noch einmal kurz angerissen worden wäre, doch kommt der Leser relativ schnell wieder ins Geschehen hinein.

Insgesamt ein Middle-of-the-Road Fantasy-Roman für alle, die ihren Herrn der Ringe nicht vergessen können und nach ähnlichen Epen suchen.