Ich will dich nicht töten

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2010
  • 5
Ich will dich nicht töten
Ich will dich nicht töten
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Eva Bergschneider
81°1001

Phantastik-Couch Rezension vonSep 2010

Die Moral des Dämonenjägers

"Ich will Dich nicht töten" ist nun das letzte Buch der "John Cleaver" Trilogie von Dan Wells, die besonders in Deutschland eine beachtliche Leserschaft gewann. Der Amerikaner macht als unterhaltsamer und nachdenklicher Schreiber auf sich aufmerksam - nicht nur in seinen Büchern, sondern auch in seinem hervorragenden Blog, der immer einen Blick wert ist. Nach den zwei spannenden Bänden "Ich bin kein Serienkiller" und "Mr. Monster" dürfte die Erwartungshaltung der John Cleaver Fans an das Finale "Ich will Dich nicht töten" ziemlich hoch sein.

Gute Zeiten für Bestattungsunternehmer

 

"Warum erzählst Du mir das?" fragte die Frau. "Weil Sie die nächste sind", antwortete ich. "Ich bin der Dämonenjäger" Kommt und holt mich, wenn ihr Euch traut."
[aus "Mr Monster"]

 

Und die Dämonen kommen nach Clayton-County und bescheren John Cleavers Mutter, die dort ein Bestattungsunternehmen führt, eine glänzende Auftragslage. Dreiundsechzig Tage nach den letzten Morden schlägt erneut ein Dämon zu und John Cleavers Jagd auf "Niemand" beginnt. Das erste Mordopfer ist Pastor Olsen. Aus seinem Rücken ragen zwei lange Stöcke, ihm wurden Hände und Zunge abgeschnitten und zahlreiche Stichwunden versetzt. Kurz danach erwischt er den Bürgermeister. Auch er wird mit Pfählen gespickt aufgefunden, an denen dieses mal blutige Plastikstreifen wie Flügel wehen. Auch diesem Toten fehlen Zunge und Hände.

John Cleaver, der Dämonenjäger, holt sich Unterstützung von Marci, der hübschen und beliebten Klassenkameradin. Unerwarteterweise sieht sie in John einen Held, interessiert sich für seine Ermittlungen und verbringt gern Zeit mit ihm. John ist nicht länger der "Freak" seiner Schulklasse, sondern ein geselliger Kumpel. Zudem ist Marcis Vater Polizist im County, der seiner Tochter inoffizielle Details anvertraut, die John wiederum wertvolle Hinweise auf den Täter liefern.
Die Morde entsprechen dem Tatprofil des sogenannten "Handlangers", einem bereits bekannten, zuvor in Georgia mordenden Serienkiller. John weiß nun, dass dieser die Dämonin sein muss, die er gerufen hat. Doch gepfählte Mordopfer sind nicht die einzigen Toten, die Clayton-County zu beklagen hat. Gleich mehrere jugendliche Mädchen bringen sich um. Sind das wirklich Selbstmorde, oder sind auch sie Opfer der Dämonin? Oder ist gar ein zweiter Dämon im County unterwegs?

John Cleaver ist kaum wieder zu erkennen

Nachdem Brooke John abserviert hat, scheint er in Marci eine perfekte Partnerin gefunden zu haben. Sie schreckt nicht vor seinem obskuren Hobby zurück und holt ihn sogar aus der selbstgewählten Einsamkeit heraus. John hat mit seinen in den ersten Bänden allgegenwärtigen Regeln nichts mehr am Hut. Selbstbewusst erklärt er sich zum Dämonenjäger und sieht darin ein Ventil für seine seltsamen Gelüste. Es ist gut, dass der Autor seine Hauptfigur konsequent weiter entwickelt. Doch tut er das in dieser Form auch glaubwürdig? In "Mr Monster" wurde Johns innerer Dämon zur zweiten Hauptfigur, in "Ich will Dich nicht töten" wird dieser dagegen nur einmal kurz erwähnt und darüber wundert man sich. Eine bewusste Auseinandersetzung mit "Mr Monster", wie im zweiten Teil, fehlt. Dennoch wirkt der innere Dämon immer dominanter auf John Persönlichkeit ein. Täuschen und lügen macht ihm nichts mehr aus, für sein Ziel, den Dämon zu stellen, scheint ihm fast jedes Mittel recht. Allzu leicht instrumentalisiert John den Pfarrer Erikson, der gern ein zweiter Dr. Neblin sein möchte. Im Gegensatz zu dem Psychologen, agiert er aber nicht nur ungeschickt, sondern auch unfassbar naiv und gibt somit eine recht schwache Nebenfigur ab. Am Ende wird John allerdings schonungslos mit dem Bild seines möglichen zukünftigen Selbst konfrontiert, was zu den Höhepunkten des Romans gehört.

Auf Beschaulichkeit folgt Horror

Dem Tempowechsel, mit dem Dan Wells schon in den ersten beiden Bänden den Spannungsaufbau erzeugt hat, bleibt der Autor auch im Finale treu. Immer wieder streut er alltäglich wirkende Passagen, in denen John mit seiner neuen Freundin zusammen ist, oder die üblichen pubertären Streitgespräche mit seiner Mutter führt, ein. Um unvermittelt umso brutalere und beängstigendere Szenen folgen zu lassen.

Eine weitere Neuerung des Finalbandes ist, das der Autor zwei Handlungsstränge verfolgt. Das bringt mehr Action in das Geschehen, allerdings verzettelt sich Dan Wells in Details, die die Geschichte nicht wirklich weiter bringen. Als ein Beispiel sei das vermeintliche Bombenattentat genannt, viel Dramaturgie, mit vergleichsweise wenig Bedeutung. Auch die "Dämonen"-Gespräche mit dem Pfarrer sind entbehrlich. Stattdessen hätte man gern etwas mehr über die Zusammenhänge der beiden Verbrechensserien und den Nachhall von Johns Blick in den Spiegel seiner Persönlichkeit erfahren.

Wie in den beiden Vorgängerbänden, hat es vor allem das letzte Drittel des Romans in sich. Und doch ist es dem Autor gelungen, in diesem letzten Band noch eins drauf zu setzen. Was Dan Wells hier inszeniert, geht wirklich unter die Haut und soll daher auch nicht näher erläutert werden. Das überwältigende, emotionale Finale entschädigt für kleine Unstimmigkeiten - und lässt ein Hintertürchen für weitere Dämonenjagden offen. Ob eine neue Serie folgen sollte, lasse ich mal dahin gestellt. Manchmal stimmt das Sprichwort: "Man sollte aufhören, wenn es am Schönsten ist"

Ich will dich nicht töten

Dan Wells, Piper

Ich will dich nicht töten

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