Die Dämonen und das Findelkind
Um die Strassen des Reiches gegen die immer machtvoller die Menschen bedrängenden Dämonen zu sichern, hat der Herrscher des Reiches schon vor langer Zeit die Laternenanzünder in seinen Dienst genommen. Allabendlich machen sie sich in des Kaisers Auftrag aus ihren streng gesicherten Festungen auf, die Lichter an den Strassen anzuzünden, um damit die Dämonen zu vertreiben.
Nachdem unser Held, der Findeljunge Rosamund im ersten Band der Reihe schon unerfreuliche Bekanntschaft mit den Dämonen, aber auch habgierigen Menschen gemacht hat, ist er nach seiner Irrfahrt doch noch wohlbehalten an seinem Bestimmungsort angelangt. Hier nun wird er sorgfältig ausgebildet. Er lernt es zu marschieren, natürlich in Reih und Glied, mit Waffen umzugehen, den Grusel zu erspüren und die die Dämonen vertreibenden Tränke zu gebrauchen. Natürlich ist auch das Laternenanzünden Bestandteil seiner Lehrzeit, daneben darf er als Strafarbeit in der Küche helfen, oder Laternengläser reinigen.
Wie schon befürchtet hat es unser Rosamund auch bei den Laternenanzündern schwer. Zu klein ist er, vielleicht auch zu intelligent und abgeklärt - immerhin hat er schon so einiges erlebt. Als die erste Laternenanzünderin die Wache beitritt, findet er in ihr eine Leidensgenossin.
Nur zu bald aber wird deutlich, dass es nicht etwa die Monster sind, die die gefährlichsten Gegner für unseren jungen Erzähler darstellen. Statt der Dämonen, von denen sich manche gar um seine Freundschaft bemühen, wird er von seinen eigenen Kollegen bedroht. Intrigen lauern hinter fast jeder Ecke, Neid und Missgunst bedrohen ihn, am Schluss findet er sich gar auf der Anklagebank wieder. Ist er gar, wie der Chirurg behauptet, ein Monster in der Erscheinung eines Normalmenschen?
Die etwas andere Dämonengeschichte des D. M. Cornish
Nach dem fulminanten ersten Band geht es nahtlos weiter in der Geschichte des jungen Findlings Rosamund Buchkind. Natürlich gibt es dabei ein Wiedersehen mit den beliebten Figuren aus dem ersten Teil, allen voran mit der Dämonenjägerin Europa, die dem Gericht auf ihre ganz eigene, burschikose Art beweist, was eine Adelige ist.
Daneben aber werden auch neue Gestalten eingeführt, die Welt und ihre Bewohner weiter ausgebaut. Dabei ist es kein Wunder, dass auch Bürokraten aller Couleur und machtgierige Unsympathen zum Vorschein kommen.
Man mag dem Autor vorwerfen, dass er seine Gestalten zu eindeutig schwarz-weiß zeichnet, dass der - erfahrene - Leser schnell einschätzen kann, in welche Richtung sich die Handlung entwickeln wird. Hierzu muss man aber ins Kalkül ziehen, dass sich das Buch, wie auch der erste Teil, in erster Linie an ein jugendliches Publikum richtet. Und für diese ist es wichtig, schnell und ohne große Mühen herauszufinden, wem unsere Sympathie gilt, für wen wir zittern müssen, und wen wir verachten dürfen.
Dass sich die Figuren klar zuordnen lassen, bedeutet nun aber nicht, dass der Handlungsaufbau zu einfach ausgefallen wäre oder gar, dass Langeweile aufkommen würde. Immer wieder gibt es unerwartete Wendungen, staunen wir mit unserem Erzähler ob der Geschehnisse und Erkenntnisse, die sich ihm nach und nach erschließen. Gerade aus der ambivalenten Zeichnung der Monster als tumbe Widerlinge, auf der anderen Seite aber auch als durchaus interessante Wesen, die es näher kennenzulernen gilt, und im direkten Vergleich zu den verräterischen Menschen, denen Rosamund ausgesetzt ist, zieht der Text viel Faszination. So bleibt die Spannung gewahrt, das Tempo hoch und der Leser fasziniert.
Zu erwähnen ist noch der sehr umfangreiche Anhang, in dem der Autor uns seine Welt und deren Bewohner ausführlich und detailliert vorstellt, sowie die zum Inhalt angefertigten Illustrationen des Verfassers.
D. M. Cornish, Hanser
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