Blutjäger

Samantha hat es geschafft - zumindest scheinbar. Statt im hochherrschaftlichen Anwesen der Kóranyis einzuziehen, hat sie sich zusammen mit ihrem Sohn John ein kleines Appartement in London gesucht, und verdient als OP-Krankenschwester ihr eigenes Geld. Dass sie dabei den Vater ihres Sohnes, den mächtigen Vampir Taddeusz Kóranyi vor den Kopf gestoßen hat, ist ihr egal, ihre Freiheit und Unabhängigkeit sind ihr allemal mehr wert als der ungewollte Luxus im Haus des Vaters ihres Jungen.

Immer noch aber bohrt am Rande ihres Bewusstseins eine Frage. Im schottischen Anwesen der Vampire wurden menschliche Sklaven, die so genannten Jünger Fortrius gefangen gehalten. Als sie die Behörden endlich davon überzeugen konnte, das alte Gemäuer zu untersuchen, fand man nur verlassene Zellen. Wo nur sind die Geknechteten abgeblieben, was ist mit ihnen passiert?

Als Samantha aus Südamerika einen Anruf von einem ehemaligen Gefangenen erhält, bricht sie zu einer neuen Mission auf. Sie will den Verbleib der skrupellos zu medizinischen Experimenten missbrauchten Sklaven aufklären. Die Spur führt zu einem der reichen, ihr Land despotisch beherrschenden Großgrundbesitzer des Hinterlandes. Geschickt manipuliert, sieht sie sich in dessen Hazienda plötzlich und unerwartet einem uralten Menschen gegenüber. Auf der Suche nach einem Elixier, das ihm und der Menschheit das Altern erspart, ihm körperliche Unsterblichkeit schenkt, kennt Dunoon keine Skrupel. Was ihm das Blut seiner menschlichen Sklaven nicht geben kann, was selbst Vampirblut nicht erreicht, will er mit dem Lebenssaft des einzigen Abkömmlings eines Vampirs und eines Menschen endlich erreichen - und dazu braucht er Sams Sohn John.

Auf der Jagd nach ihrem entführten Kind kommt Sam Thaddeusz und dessen ebenfalls untoter Bruder zu Hilfe. Doch selbst mit Unterstützung der beiden Nosferatu und eines Reptilmenschen sieht es für unsere Rettungsmission nicht gut aus ...

Müder Abenteuerabklatsch ohne eigenständige Handlung oder Tiefgang

Im zweiten Band der Wallner´schen Vampir-Chroniken gerät die Auseinandersetzung zwischen der mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehende Sam und den untoten Kóranyis ein wenig in den Hintergrund. Im Verlauf der abenteuerlichen Handlung erfährt man über die Blutsauger, deren Geschichte und Kräfte kaum Neues. Stattdessen wandelt der Autor auf exotischen Pfaden. Nicht etwa Transsylvanien wurde als Handlungsort ausgesucht, sondern die mexikanischen Pampa und der südamerikanische Dschungel dienen als Kulisse der munter ablaufenden Handlung.

Allerdings hätte ich mir von einem gefeierten Bestsellerautor - April in Paris - gerade hier ein wenig mehr erwartet. Wallner ergeht sich in stereotypischen Beschreibungen, die jedem Heftroman gut anstehen würden. Korrupte Polizisten, naive Schankmaiden und geknechtete Bauern, dazu gestapoähnliche Unterdrücker, das Bild ist leider nur allzu bekannt und wirkt dementsprechend nicht eben wirklich packend.

Dunoon erinnert ein wenig an eine Persiflage eines Dr. Mengele - ein skrupelloser Wissenschaftler, der in eigener Selbstherrlichkeit und zum Erreichen seines Zieles bereit ist, alle menschlichen Skrupel hinter sich zu lassen. Statt dass der Autor sich mit dessen Motiv, der Angst vor Alterung und dem Tod auseinandersetzen würde, verliert er sich in Banalitäten.

Sicherlich ist hier ins Kalkül zu ziehen, dass sich der Text an ein jugendliches Publikum wendet, doch auch, ja gerade bei einer solchen Zielgruppe wäre eine kontroverse Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Seins, mit der Philosophie, wie man gerade angesichts des Todes sein Leben ausrichten sollte, wünschenswert gewesen. So bleibt letztlich ein flacher, stilistisch erschreckend einfach gestrickter Abenteuerroman ohne wirkliche Höhepunkte.