Der Todeskuss

  • dtv
  • Erschienen: Januar 2010
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Der Todeskuss
Der Todeskuss
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Carsten Kuhr
70°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJul 2010

Die Lagunenstadt und die Untote

Venedig im Jahr des Herren 1742. Ein neuer Doge wurde gewählt, die Stadt im Wasser bereitet sich auf ein weiteres der sagenhaften Feste vor. Die Reichen und Schönen geben Kleider und Schmuckstücke in Arbeit, neue Masken und Diademe werden kunstvoll gefertigt, es herrscht eine erwartungsvolle Atmosphäre in der Stadt.

In diese Stadt kommt der junge Marko. Sein Vater, ein angesehener Arzt, reiste vor mehr als drei Monaten zu einem alten Freund in die Lagunenstadt, um diesem zu helfen. Seitdem hat die Familie von ihrem Vater und Ernährer nichts mehr gehört. Nur ein mysteriöser Brief erreichte die von Sorge gezeichnete Familie, in der der Vermisste einer Unbekannten droht, sie zu ermorden. Ihr Ehemann und Vater ein Mörder? Das kann nicht sein.

Auf der Suche nach dem Vermissten macht Marko die Bekanntschaft Sorrels, der Tochter des von Schlafmangel gezeichneten Patienten seines Vaters. Zusammen machen sie sich auf die Suche nach dem Vermissten und der Aufklärung der Rätsel.

Was nur hat den gefeierten Glasbläser ereilt, dass er keine Ruhe mehr findet, sein Geist verwirrt ist? Liegt es wirklich an dem alten, scheinbar verfluchten Palazzo, oder hat ein Fremder seine Hände im Spiel? Und wo verblieb der zu Hilfe geeilte Arzt? Die Antwort liegt in den Kanälen der Lagune und auf der Pestinsel verborgen, auf der eine mysteriöse Fremde ihr Unwesen treibt ...

Kein Sixpack-gestählter Lust-Sauger, sondern eine atmosphärisch dichte, märchenhafte Erzählung

Nachdem uns die Langzähne in den letzten Jahren immer wieder als charismatische Beaus und formidable Liebhaber mit Sixpack-gestählten Bäuchen und klassischen Gesichtszügen geschildert wurden, deren einzige Motivation die Befriedigung ihrer Liebsten zu sein schien, erwartet den Leser in vorliegendem Buch eine andere Kulisse.

Das alte Venedig zur Zeit der Dogen nimmt in all seiner dekadenten, dem Verfall preisgegebenen Pracht Gestalt an. In diese atmosphärisch sehr dichten, aufgrund der die Stadt heimsuchenden Nebel und der Geschehnisse beklemmenden Kulisse hat der Autor seine Suche nach dem Vermissten und Aufklärung der Rätsel installiert. Zusammen mit den beiden jugendlichen Protagonisten, die jeweils viel zu viel Verantwortung für ihr Alter zu übernehmen gezwungen sind, machen wir uns auf die Suche nach Erklärungen.

Geschickt zeichnet Sedgwick seine beiden handlungstragenden Figuren. Die Verzweiflung der Tochter, die hilflos mit ansehen muss, wie ihr geliebter Vater vor sich hinvegetiert, langsam nicht nur seine Kräfte, sondern seine geistige Gesundheit verliert, wird, obwohl nicht direkt angesprochen, sehr einfühlsam portraitiert. In ihrer bedingt durch die Situation harschen, ablehnenden Art wird ihre Verzweiflung deutlich, wandelt sich diese in Aggression. Dass dies nur ein Hilfeschrei darstellt, dass sie mit der Situation überfordert am Ende ihrer Kräfte ist, wird zwischen den Zeilen sehr geschickt deutlich gemacht. Marko auf der anderen Seite ist hin- und hergerissen zwischen dem Staunen ob der ihm unbekannten, beeindruckenden Stadt, der beginnenden Zuneigung zu Sorrel und der Sorge um den verschollenen Vater. Gerade, weil er sich in der Stadt nicht auskennt, weil er unbedarft und staunend die ihm fremde Welt betritt ist er die ideale Identifikationsfigur für den Leser. Zusammen mit ihm taucht man die die fremde Kulisse ein, sucht sich in dem Gewirr der kleinen Gassen, der Inseln, Kanäle und Paläste zurechtzufinden und das Geschehen zu ergründen.

Dazu gesellt sich mit dem ewigen Jäger eine etwas andere Heldenfigur. Ein Mann, vom Schicksal und dem Schwert auserwählt, die Welt vor den Vampyren zu schützen, und dafür mit Kraft und Leben belohnt zu werden, das erinnert ein wenig an Moorcocks Elric oder Schwartz´ Halvad (Askir Saga).

Genau hier aber unterscheidet sich die Handlung denn auch markant von dem geraden Angesagtem. Statt blind die actionreiche Jagd zu schildern, setzt der Autor auf märchenhafte Töne. Er berichtet uns in Form einer Überlieferung von dem Fluch, den die Hexe ereilt, beschreibt Jäger wie Beute als Opfer. Das unterscheidet sich wohltuend von dem sonst Gebotenen und verleiht dem Buch eine ungewohnte Tiefe und Wendung, die den Leser überrascht.

Sprachlich bietet sich der Text adäquat an, liest sich das Buch sehr angenehm und flüssig, so dass Freunde der etwas leiseren Fantasy voll auf ihre Kosten kommen.

Der Todeskuss

Marcus Sedgwick, dtv

Der Todeskuss

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