Ein Buch wie im Rausch geschrieben
Ein Humanes schaut sich die unerklärliche Plasmasäule an, wird von ihr gezogen und abgestoßen. Einer ohne Erinnerungen wird mit anderen seiner Art eine Treppe herauf gestoßen. Er durchläuft mehrere Stationen, gibt eine falsche Antwort und stirbt in glückseliger Ekstase. Ein Wesen jagt in den Spuren des Allesfressers, ihn verfluchend und wissend, dass er neues Leben bringt. Er kann sich nur an seinen letzten Tod erinnern und weiß, dass er Gramo Darn 15 heißt. Wieder wird er eine Treppe hinauf geschoben. Gramo folgt der Spur und erfährt, dass er in Kamandar ist, ohne zu wissen, was oder wo das sein soll und dass er ein Versager ist. Ihm wird eine Arbeit zugeteilt. Roboterwächter, die Gortys, führen und bewachen die Herde. Während des Abschlusstests versucht ein Humanes zu fliehen. Brutal fangen die Wächter ihn ein. Gramo versucht ständig, Sinn in das ganze Geschehen zu bringen, sich zu erinnern und am Leben zu bleiben mit richtigen Antworten. Er wird Ebene acht null zugeteilt, in eine Maschine eingespannt und imprägniert. Ein Teil seines Körpers wird mit einer flexiblen Metallschicht bedeckt, und er wird kastriert. Alles fühlt sich falsch an. Was das alles soll, erfährt er nach und nach bis zum Ende des Romans.
Endlich mal ein ganz anderes Buch. Es beginnt mit lauter Versatzstücken, von denen nicht klar ist, wie sie zusammen gehören sollen. Seltsame Wesen tummeln sich in dieser Zukunftswelt. Jedes an seinem ihm zugewiesenen Platz. Da die 15. Inkarnation des Gramo Darn einen Sklavenjob der untersten Ebene zugewiesen bekam, ist er die ganze Zeit dabei zum einen seinen Job zu tun, um Bestrafungen zu vermeiden und zum anderen darüber zu reflektieren, weil er nach Wissen lechzt. Das bleibt lange im Dunklen. Der Leser wird bei der Stange gehalten, weil es auch für ihn rätselhaft und verwirrend ist. Ziemlich schnell ist Gramo klar, dass er aus seinem Elend raus will. Doch er ist nur einer unter vielen - gefangen in dieser riesigen Halle. Erste Antworten bekommt Gramo erst ab Seite 120. Von da an klärt sich das verworrene Spiel immer mehr.
Von psychedelisch zum Abenteuer
Der Roman wirkt, als hätte der Autor es im Rausch geschrieben. Einige kurze Kapitel scheinen nicht dazu zu gehören. Zum Ende hin klärt Thurner den Leser auf, obwohl er einige begonnene Handlungsstränge nicht wieder aufgreift und sie versanden lässt. Plasmawelt ist auf jeden Fall kein leichter Lesestoff. Das macht das Buch jedenfalls im ersten Teil unwahrscheinlich spannend und anregend. Thurners Phantasie entsprangen die seltsamsten Wesen und Charaktere und ein seltsames Gesamtgefüge auf diesem geheimnisvollen Planeten Marek im Kahlsack. Seine Charaktere haben eine große Seele und gehen unter die Haut.
Doch leider gibt es an einem bestimmten Punkt einen Break. Was so irreal und außergewöhnlich kreativ begann, mündet in dem Satz, dass Gramo ja der Auserwählte sein müsse. Danach wandelt sich die Story in einen besseren Abenteuerroman. Sie erinnert dann an Klassiker wie Matrix. Schade. Diese kurze Episode stört. Hätte der Held nicht einfach weiter wie psychedelisch durch die Handlung getrieben werden können und dabei nach und nach Sozialbewusstsein und Verantwortung lernen können? Zum Ende hin, so scheint es, musste Thurner fertig werden. Auch hätte sich der Leser die Auflösung einiger Episoden gewünscht, die anfangs immer zwischen die Haupthandlung gestreut wurden. So ist das Buch zum Ende hin nicht wirklich rund. Vielleicht war es aber auch Absicht, den Leser im Dunklen zu lassen und ihn selbst zum Nachdenken zu animieren. Jedenfalls ein Lesegenuss für die, die nicht gerne alles vorgekaut haben möchten!
(Amandara M. Schulzke, Februar 2012)
Michael Marcus Thurner, Heyne
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