Der Tomorrow Code

  • dtv
  • Erschienen: Januar 2010
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Der Tomorrow Code
Der Tomorrow Code
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Eva Bergschneider
60°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2010

Mit Nachrichten aus der Zukunft gegen die Öko-Apokalypse

Den Trend setzte Frank Schätzing mit "Der Schwarm" und er ist seitdem nicht mehr aufzuhalten - der futuristische Öko-Thriller. Gern richten sich Autoren dieses modernen Subgenres, die den pädagogischen Aspekt des Themas nutzen möchten, an jugendliche Leser. Und so folgt nach Maxime Chattams "Alterra - Die Gemeinschaft der Drei" nun "Der Tomorrow Code" des an SF-Themen orientierten Jugendbuchautors Brian Falkner.

Der Bioterror aus Alaska kommt nach Neuseeland

Im Prolog bereitet der Autor den Leser auf das vor, was ihn in "Der Tomorrow Code" erwartet. Ein Sturmtrupp in Bio-Kampfanzügen dringt in ein Virus-Forschungszentrum in Alaska ein. Die Gebäude sind verlassen, die Räume sind mit einer Schicht gefrorenen Eises überzogen. Die Sprinkleranlage war offensichtlich in Betrieb, allerdings gibt es keinerlei Brandspuren. Das merkwürdigste ist jedoch, dass man Kleiderhaufen findet, Unterwäsche, Schuhe, Oberbekleidung - alles da, außer der Person, die die Sachen getragen hat.

In Auckland, Neuseeland, sind Tane und Rebecca schon ihr ganzes Leben lang befreundet. Rebeccas Eltern waren Forscher und haben an ihre Tochter naturwissenschaftliches Talent und die nötige Wissbegier weiter gegeben. Rebeccas Vater starb bei einem Unfall und seitdem beschäftigt sich ihre Mutter ausschließlich mit dem TV-Programm. Die Familie ist pleite und die Zwangsversteigerung des Elternhauses steht unmittelbar bevor. Rebecca lenkt sich mit physikalischen Gedankenspielen ab, z.B. der Frage: Könnte man im Quantenschaum des Raum-Zeit Gefüges Botschaften durch die Zeit reisen lassen?

Ein ehemaliger Kollege ihres Vaters stellt Swift-Daten von Gammastrahlenblitzen aus dem Weltall zur Verfügung. Und darin erkennen Rebecca und ihr bester Freund Tane tatsächlich ein Muster aus Morsezeichen in den Intervallen. In ihnen liegen verschlüsselt Informationen aus der Zukunft vor: Die Lottozahlen eines 6 Millionen NZL-Dollar Jackpots und eine dringende Aufforderung: "SOS-Stoppt das Chimera-Projekt"

Coole Ideen, aber...

Da hat sich der neuseeländische Jugendbuchautor Brian Falkner ein Themenspektrum einfallen lassen, das auch viele erwachsene Leser interessieren dürfte: Nachrichten durch Zeit und Raum, eine Warnung vor der kommenden Apokalypse, Naturgewalten, die sich gegen den Menschen wehren.

Seine Hauptprotagonisten sind zwei Fünfzehnjährige, die ein Faible für das Außergewöhnliche haben und sich in dieses wahnwitzige SF-Abenteuer stürzen.

Mit diesem Setup hat man als Autor natürlich grundsätzlich das Problem, das es nur bedingt möglich ist, den Aufbau glaubwürdig zu gestalten. Und so stellt Falkner seinen beiden jugendlichen Helden noch Harley, genannt Fatboy, Tanes volljährigen Bruder zur Seite und hat somit jemanden, der an der staatlichen Lotterie teilnehmen kann und geschäftsfähig ist. Trotzdem gibt es in "Der Tomorrow Code" viele Dinge, über die man sich als Leser wundert. Welcher Forscher würde seine aktuellsten, geheimen Daten herausrücken? Welcher Anwalt würde einfach so für drei junge Leute Kaufverträge über Millionenbeträge abschließen? Letztendlich sind das Kleinigkeiten, über die man hinwegsehen könnte, wenn denn das Wesentliche stimmig wäre.

Da wären zum einen die Charaktere. Falkner zeichnet sie zwar stereotyp, aber er grenzt sie gut voneinander ab. Tane ist als Durchschnittstyp, der sich zum kreativen Ideengeber entwickelt, am ehesten zur Identifikationsfigur geeignet. Seine Freundin Rebecca ist die superintelligente Selbständige und Bruder Fatboy, der obercoole Studiomusiker und Harley-Davidson-Biker, sie repräsentieren also eher die exotischen Typen. Als Maori versinnbildlichen Tane und Fatboy einen Teil der des interkulturellen Konflikts der neuseeländischen Gesellschaft. Die Maori gelten, obwohl auch sie die Inseln erobert haben, als die ursprüngliche Zivilisation, die infolge der europäischen Einwanderer und ihrer Lebensart vom Aussterben bedroht ist.

Zwischen den Dreien passiert, was passieren muss. Rebecca und Fatboy werden ein Paar, Tane, der ewige Kumpel, erkennt, das er selber gern mehr als eine nur freundschaftliche Beziehung zur schlauen Becky hätte. Ein allzu bekanntes Szenario, aber charmant und witzig geschrieben und vor allem, nicht zu vordergründig. Denn es geht ja zum anderen um die Rettung der Welt.

...es hapert an der Umsetzung

Und die startet mit einem kleinen Ausflug in die Mathematik und erklärt uns mit dem Bild der Möbiusschleife, warum die Zeit keine Richtung hat.  Etwas tiefer geht die Reise in den Bereich der Immunologie und überrascht zunächst positiv. Mutierende Viren, Antikörpererkennung und konservierte Antigene werden einfach, aber richtig erklärt. Hilft dieser Ansatz auch, zu verstehen, gegen was die Drei kämpfen müssen?

Leider hilft er nicht nur nicht, es fehlt eine sinnvolle Verknüpfung zu dem schließlich auftretenden Phänomen, das die Menschheit auszurotten droht. Als phantastisches Zukunftselement muss, was sich in dem Nebel verbirgt, natürlich nicht realistisch erscheinen. In Hinblick auf die ökologische Botschaft wäre der Ansatz einer Erklärung allerdings wünschenswert, hier lässt der Autor seine Leser letztendlich im Stich. Die pädagogisch-ökologische Botschaft als solche passt, wirkt weder fadenscheinig, noch aufgesetzt, hätte aber einen solideren Hintergrund verdient gehabt.

Über diese Enttäuschung trösten die Spannung und Dramatik der Handlung ein wenig hinweg. Im packenden und dicht erzählten Weltuntergangsszenario menschelt es. Trotz Tod und Leid überwiegt Mut und Entschlossenheit. "Der Tomorrow Code" ist eine Art Husarenstück, das Helden hervorbringt, auf eine sympathische Art. Für das Ende hat Brian Falkner eine simple, aber geniale Lösung gefunden, naheliegend und dennoch überraschend, ist sie ein wahrer Aha-Effekt.

Noch ein Wort zur Sprache: Falkner schreibt extrem dialoglastig und stilistisch dem jugendlichem Zielpublikum angepasst. Für den erwachsenen Leser ist seine Sprache gewöhnungsbedürftig. Es stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß so eine sprachliche "Vereinfachung" für den jüngeren Leser tatsächlich von Nutzen ist.

Der Tomorrow Code

Brian Falkner, dtv

Der Tomorrow Code

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