Götter der Nacht

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  • Erschienen: Januar 2010
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Götter der Nacht
Götter der Nacht
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Michael Drewniok
80°1001

Phantastik-Couch Rezension vonJun 2010

Stürmen die Borg die Föderation nieder?

Im Jahr 2381 steht die Föderation vor einem neuen Krieg mit den Borg, die nicht mehr bestrebt sind, ihre Gegner in das Kollektiv aufzunehmen, sondern sie erbarmungslos vernichten wollen. Die ohnehin überlegene Borg-Technik hat weitere Fortschritte gemacht, sodass die Verteidigung gegen ihre Kampfschiffe einen gewaltigen Blutzoll fordert. An einen Gegenangriff ist überhaupt nicht zu denken.

In dieser Situation erinnert sich Trill-Symbiont Ezri Dax an eine Expedition, die ihn - damals noch im Leib der später im Dominion-Krieg gefallenen Jadzia - auf einen öden, namenlosen Planeten des Gamma-Quadranten geführt hatte. Dort lag das Wrack des Föderations-Raumschiffes "Columbia", das vor mehr als zwei Jahrhunderten verschwunden war. Technisch war das alte Schiff außer Stande, diesen Planeten zu erreichen. Ließe sich feststellen, wie die "Columbia" dorthin kam, hat man womöglich eine Waffe gefunden, mit denen den Borg Paroli geboten werden kann. An Bord des Forschungsschiffes "Aventine" stößt Ezri erneut zum Wrack vor, um das Logbuch zu bergen. Doch die Besucher wecken dabei eine unsichtbare Macht, die sich an Bord der "Aventine" schleicht und die Besatzung zu massakrieren beginnt ...

Im Alpha-Quadranten kann mit vereinten Föderations-Kräften ein Vorstoß der Borg aufgehalten werden. Die Verluste sind erneut schrecklich, aber die Klingonen und andere Verbündete haben den Ernst der Lage endgültig erfasst. Sie ziehen mit in einen Krieg, in dem Captain Jean-Luc Picard und die "Enterprise" an vorderster Front stehen werden ...

Viele Lichtjahre entfernt stößt das Forschungsschiff "Titan" unter Captain Will Riker auf eine seltsame, fremddimensionale und offensichtlich künstliche Struktur, die exakt auf die zentralen Welten der Föderations-Völker zielt. Die Raumfahrer fürchten eine Geheimwaffe der Borg und machen sich daran, dem Phänomen auf den Grund zu gehen ...

"Star Trek" von der Leine

Neue Besen kehren gut. Dies gilt auch für das "Star-Trek"-Franchise. In den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts sah es noch so aus, als sei die "ST"-Chronik unter dem Gewicht der in vier Jahrzehnten allzu oft erzählten Geschichten zusammengebrochen, aber dann gelang J. J. Abrams mit "Star Trek", dem elften Kinofilm, ein erfolgreicher Neubeginn, der mit einem Befreiungsschlag einherging: Nach einer Reise in die Vergangenheit entsteht ein neuer Zeitstrang, und ein juveniler Captain Kirk und seine ebenso verjüngte Mannschaft dürfen neue Abenteuer erleben, ohne sich um die besagte Chronik kümmern zu müssen. Picard, Sisko, Janeway & Co. wurden abgekoppelt und auf ein temporales Nebengleis abgeschoben. Zumindest das für die "Star-Trek"-Filme zuständige Segment des Franchises hat kein Interesse mehr an ihnen.

Ist dieser Neubeginn gut? Ist er schlecht? Darüber mögen sich die Hardcore-Trekkies die Köpfe zerbrechen. Es ist jedenfalls geschehen. Zumindest in Buch und Comic gibt es aber reichlich Nachschub an Abenteuern sämtlicher bekannter und beliebter "ST"-Haudegen. Dabei lässt sich feststellen, dass die Grenzen zwischen den Serien aufgehoben sind. Früher mussten sie nach dem Willen des Franchises recht strikt gewahrt bleiben, um den aus Film und Fernsehen bekannten Kanon nicht zu verwirren. Dies ist nun gleichgültig geworden, weshalb die Autoren der neuen Romane die Figuren des alten "Star-Trek"-Universums munter mischen. In "Götter der Nacht" treten deshalb gemeinsam auf: Jean-Luc Picard ("Enterprise-E"), Tom Paris ("Voyager") und Ezri Dax ("Deep Space Nine") - und dies ist nur eine kleine Auswahl!

Auch sonst ist erlaubt, was Leser anlockt und die Verkaufszahlen in die Höhe treibt. Papier ist billig, sodass gewaltige Raumschlachten und der Sprung von Quadrant zu Quadrant und Schauplatz zu Schauplatz bereits Stilmittel der neuen "ST"-Romane geworden sind. Heilige Kühe dürfen geschlachtet werden (auch wenn dieser Vergleich hier etwas doppeldeutig wirkt ...), weshalb Cathryn Janeway inzwischen einen Heldentod gestorben ist.

Das Pferd von Kopf und Schwanz her aufzäumen

Zumindest für den Leser ist das "Star-Trek"-Universum keineswegs übersichtlicher geworden. Die neuen Abenteuer kommen als Trilogien und Mini-Serien daher, doch die Ereignisse bleiben deutlich enger verzahnt als früher. Doppelungen werden dabei in Kauf genommen. So dürfen wir Picards Seelenqualen in Erinnerung an seine Zeit als Borg-Drohne Locutus sowohl in der neuen "Next-Generation"-Serie als auch im "Destiny-Dreiteiler" mitfühlen. Wie Serien, Mehrteiler und Einzelbände zusammengehören, belegt eine "Timeline", die im vorliegenden Roman auf den Seiten 420/21 zu finden ist. Demnach füllen die Ereignisse nur dreier Jahren bereits 16 volumenstarke Bände, und ein Ende ist keinesfalls abzusehen.

Durch stetige Perspektivenwechsel versuchen die Autoren Dynamik in die Handlung/en zu bringen. David Mack springt in "Götter der Nacht" zusätzlich in die Zeit zurück. Die Borg sind plötzlich wutschnaubende Mordmaschinen, die Föderation und ihre Verbündeten reiben sich in politischen Querelen auf, Planeten bersten und Dr. Crusher bekommt ein Kind von Picard, während eine Galaxis weiter den Imzadis Riker und Troi genau dies nicht gelingen will.

Große und private Dramen: So war und ist "Star Trek". Neben das Abenteuer der Zukunft soll gleichberechtigt der Mensch mit seinen Alltagsproblemen treten. Dies ist einer der alten Roddenberry-Zöpfe, die noch nicht abgeschnitten wurden - leider, muss man sagen, denn während Mack sehr spannend erzählt, wenn wirklich etwas geschieht, tritt er seifenschaumig auf der Stelle, wenn sich unsere Helden die Herzen ausschütten oder über Vergangenes reflektieren, was sie gern und seitenlang tun.

Die Macht der Gewohnheit

Überhaupt hat sich eines nicht geändert: "Star Trek" will mehr denn je kontextstark die Probleme der realen Gegenwart vor dem Hintergrund einer spannend gezeichneten Zukunft durchspielen. Die dabei beanspruchte Relevanz bleibt jedoch Behauptung; "Star Trek" ist Trivial-Science-Fiction, die ungeachtet des Neubeginns ausgetretenen Mustern verhaftet ist. Trennt man die (eher hektisch als kunstvoll) verflochtenen Handlungsstränge voneinander, bieten sie konventionelle "ST"-Kost.

Was dort in Ordnung geht, wo diese Strukturen zuverlässig wirken. So ist ein Monster im isolierten Raumschiff immer unterhaltsam. Auch das kunstvoll hergerichtete Weltraum-Rätsel sorgt für Spannung. Dagegen beginnt sich die Borg-Krise bereits in die Länge zu ziehen. Die Menschmaschinen müssen bereits zum dritten Mal als Nemesis herhalten. Dass sie sich nunmehr als Killer gebärden, macht sie nicht interessanter: Aus den Borg wurde herausgequetscht, was an ihnen ursprünglich faszinierte. Sie sind wie rauflustige Klingonen oder hinterlistige Romulaner zum "ST"-Klischee herabgesunken.

Für die etwas langatmig gestartete "Destiny"-Story ist außerdem die Trilogie-Vorgabe verantwortlich. Mack muss mit seinem Pulver haushalten, denn es hat für zwei weitere 400-Seiten auszureichen. Die vielen Fäden werden sich erst in Band 2 und vor allem 3 allmählich schürzen - und sogleich wieder verwirren, um weitere Fortsetzungen und Parallel-Geschehnisse einzuleiten. Dieses In-die-Breite- statt In-die-Tiefe-gehen ist ein riskantes Spiel mit dem Publikum, das sich mit immer neuen Andeutungen und Rätseln anfüttern lässt - bis ihm womöglich eines Tages der Geduldsfaden reißt, weil der an sich wohlschmeckende Quark allzu breitgetreten wird.

Götter der Nacht

David Mack, -

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