Im Vampir-Internat geht`s jetzt zur Sache
Der dritte Band fängt genau da an, wo Band zwei endete: Zoey ist eine begnadete Jungvampyrin mit einer Affinität zu allen fünf Elementen, ihre beste Freundin Stevie Rae hat sich in eine Untote verwandelt, die mit aller Macht - und der Hilfe von Zoey - versucht, sich nicht endgültig in ein seelenlosen Zombie zu verwandeln. Und Zoey hat herausgefunden, dass Neferet nicht die nette Hohepriesterin von nebenan ist, sondern eine hinterlistige, böse Vampyrin, die ahnt, dass Zoey sie durchschaut hat. Leider kann sie auch Gedanken lesen und darum muss Zoey vor ihren Freunden nicht nur geheim halten, dass Stevie noch - wenigstens irgendwie untot - "lebt", sondern kann ihnen auch nicht die Wahrheit über Neferet sagen. Ach ja, dann steht auch noch Zoeys Geburtstag an und in ihrem Liebesleben geht es prompt drunter und drüber.
Klar, die Serie ist ein gekonnter Mischmasch aus vielen Elementen, die Erfolg versprechen: Ein bisschen Twilight, ein bisschen Harry-Potter, mit einem Touch Internatroman und Buffy-Flair. Außerdem ist es ein Mix aus Teenie-Leben und Fantasy. Süße Jungs, eine wankelmütige Clique, nervende Mütter und was man zum Geburtstag bekommt, spielen genau so eine Rolle wie Beschwörungs-Rituale, Untote, echte Tote und Vampyr-Machtkämpfe.
Aber zum Glück kriegt die Geschichte um die ach-so-perfekte-Zoey aus Band zwei in "Erwählt" gut die Kurve, gerade da sie nicht immer die Kurve bekommt. Vielleicht hat das Autorengespann von Mutter-Tochter bemerkt, das Zoey zu schnell Göttinnen-gleich makellos wurde und dass ihre treuen Freunde - die "Streberclique", wie Aphrodite sie zu Recht abwertend nennt - aus einem zu reinen Holz geschnitzt waren. Auf jeden Fall wird das Süßholzraspeln in "Erwählt" eine Stufe runtergeschraubt und ein Schippchen mehr Action und schlechtes Benehmen aufs Internat-Serien-Feuerchen gepackt.
Ich liebe Dich (und Dich und Dich....)
Auch wenn man denken konnte, der Konflikt Böse-Hohepriesterin-Neferet gegen Aufstrebende-Jungvampyrin-Zoey würde jetzt im Mittelpunkt stehen - nö, das wird noch mal nach hinten verschoben. Vor allem geht es in Band drei um Zoey. "Ich kann mich doch gar nicht entscheiden, alles so schön bunt hier!" Diese Zeile von Nina Hagen scheint der Teenagerin im Kopf rum zu spuken, denn gleich drei attraktive Kandidaten umgarnen sie, ihr Herz und ja - auch ihren Körper. Da ist Heath, Zoeys Schulfreund. Neben dem jahrelangem gemeinsamen (Schul-)Weg teilen sie jetzt eine waschechte Prägung, sprich: unter anderem ist Zoey mehr als heiß auf sein Blut. Zwar will sie dauernd mit ihm Schluss machen, wird aber schwach, wenn sie ihn sieht. Ein Grund fürs Eigentlich-Schlussmachen-wollen ist ihr offizieller Vampyr-Freund Eric - gutaussehend, beliebt und tollerweise auch noch total in sie verliebt. Und dann gibt es noch Loren, der hochattraktive Lehrer, ein "richtiger Mann", den nicht nur sowieso alle weiblichen Schüler anschmachten, sondern der Zoey eindeutige Avancen macht und sich als erwachsene Frau fühlen lässt. Ja, hier sei zugegeben, anders als bei Twilight steht bei House-of-Night schon in Band drei Sex statt nur schmachtendes Händchenhalten auf dem Programm. Das mag ein wenig überraschend oder brüskierend sein wie bei der Verwandlung von einem eben noch unschuldig trällernden Locken-Teenie-Mädel in einen auf allen vieren halbnackt sich räkelnden Video-Vamp, aber das plötzliche Bad-Girl Zoey flucht plötzlich und geht "den ganzen Weg".
Echte Freundschaft und flapsige Sprache
Schön ist das Thema "wahre Freundschaft" das neben dem Hormon-Gefühlschaos der Heldin sehr feinfühlig beschrieben ist. Zoey und Stevie Rae versuchen zueinander zu stehen und die Szenen sind sehr gut und mit anrührender Sorgfalt be- und geschrieben. Auch Aphrodite, die gar nicht dazu gehören will, aber mit Zoey eine Art "Freundschaft wider Willen" verbindet, da sie schlichtweg ähnliche Erfahrungen machen, bekommt langsam aber sicher mehr Platz in der Geschichte. Der Schreibstil ist weiterhin schnoddrig und flapsig, da das Buch so geschrieben ist, wie Zoey der Schnabel gewachsen ist. Darum ist alles halt total traumhaft und unglaublich und manchmal auch etwas peinlich-teeniehaft-kitschig. Aber "Erwählt" liest sich schnell, ist wirklich spannend und will ja gar keine ernste, tiefgreifende Literatur sein, sondern eine Teenie-Fantasy-Serie, die man gern weiterliest. "Erwählt" wird da seinem Namen gerecht. Der letzte Satz lautet: "Wie immer hatte Nala mein Leben perfekt zusammengefasst: ein bisschen komisch, ein bisschen eklig und ziemlich unberechenbar." Na dann, auf ein Wiedersehen in "Ungezähmt".
P. C. Cast, Fischer
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