Die Jesuiterkirche in G.
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- Erschienen: Dezember 1901
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In eine elende Postchaise gepackt, die die Motten, wie die Ratten Prosperos Fahrzeug, aus Instinkt verlassen hatten, hielt ich endlich, nach halsbrechender Fahrt, halb gerädert, vor dem Wirtshause auf dem Markte in G. Alles Unglück, das mir selbst begegnen können, war auf meinen Wagen gefallen, der zerbrochen bei dem Postmeister der letzten Station lag. Vier magere abgetriebene Pferde schleppten nach mehrern Stunden endlich mit Hülfe mehrerer Bauern und meines Bedienten das baufällige Reisehaus herbei; die Sachverständigen kamen, schüttelten die Köpfe und meinten, daß eine Hauptreparatur nötig sei, die zwei, auch wohl drei Tage dauern könne. Der Ort schien mir freundlich, die Gegend anmutig, und doch erschrak ich nicht wenig über den mir gedrohten Aufenthalt. Warst du, günstiger Leser! jemals genötigt, in einer kleinen Stadt, wo du niemanden niemanden kanntest, wo du jedem fremd bliebst, drei Tage zu verweilen, und hat nicht irgendein tiefer Schmerz den Drang nach gemütlicher Mitteilung in dir weggezehrt, so wirst du mein Unbehagen mit mir fühlen. In dem Wort geht ja erst der Geist des Lebens auf in allem um uns her; aber die Kleinstädter sind wie ein in sich selbst verübtes, abgeschlossenes Orchester eingespielt und eingesungen, nur ihre eignen Stücke gehen rein und richtig, jeder Ton des Fremden dissoniert ihren Ohren und bringt sie zum Schweigen. Recht mißlaunig schritt ich in meinem Zimmer auf und ab; da fiel mir plötzlich ein, daß ein Freund in der Heimat, der ehemals ein paar Jahre hindurch in G. gewesen, oft von einem gelehrten geistreichen Manne sprach, mit dem er damals viel umgegangen. Auch des Namens erinnerte ich mich: es war der Professor im Jesuiter-Collegio Aloysius Walther. Ich beschloß hinzugehen und meines Freundes Bekanntschaft für mich selbst zu nutzen.
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