Jazz, Nanobots und eine zweite Erde
In Ewigkeit wendet sich Alastair Reynolds von der ganz fernen Zukunft ab und verlegt die Handlung lediglich ein paar hundert Jahre nach vorne und eine Welt, wie sie vor fünfzig Jahren hätte existieren können. Sein neuer Roman mixt einfallsreich Noir SF mit Thrillerelementen, Alternate History und einer Prise Space Opera.
Floyd und sein Kumpel Custine arbeiten tagsüber als wenig erfolgreiche Privatdetektive und abends als schlechbezahlte Jazzmusiker. Im Paris des Jahres 1959 gewinnen faschistische Politiker immer mehr Einfluss, die seit dem Sieg über das Deutsche Reich 1940 wenig zu melden hatten. Die beiden bekommen aber einen Auftrag, der über die üblichen Ehebruchsgeschichten hinausgeht: Sie sollen den Mord an der Amerikanerin Susan White aufklären, den die Polizei zu schnell und zu desinteressiert zu den Akten gelegt hat. Schneller als den beiden lieb ist, haben sie mehr Ärger, als sie jemals gedacht haben.
Reichlich Ärger hat währenddessen auch Verity Auger, Archäologin im 23. Jahrhundert. Eine ihrer Ausgrabungen in den Ruinen des unter einer massiven Eisdecke liegenden Paris hatte tödliche Folgen. Killer-Nanomaschinen verpesten die Erde und haben ein Expeditionsmitglied in letale Mitleidenschaft gezogen. Auger hat gute politische Kontakte, und so schlägt man ihr einen Deal vor: Wenn sie sich auf eine Mission, über dessen Ziel man sich noch ausschweigt, begibt und vor Ort eine Aufgabe erfüllt, so würden alle Anklagen gegen sie fallen gelassen. Nach kurzem Widerstand gibt die ehrgeizige Archälogin auf und wird vom Habitat im Erdorbit auf den Mars geschickt.
Zu ihrem allergrößten Erstaunen erklärt man ihr, dass sie nun in einer Art Fähre durch ein von Aliens geschaffenes Wurmloch auf eine alternative Erde geschickt, eine Kopie der unseren, deren Geschichte im Jahr 1940 jedoch ein wenig anders verlaufen ist. Dort soll sie im Paris des Jahres 1959 den Tod einer Agentin des 23. Jahrhunderts aufklären: Susan White. Dabei trifft Auger nicht nur zwangsläufig auf Floyd, sondern gerät mit ihm auch ausgesprochen brenzlige Situationen, etwa wenn kindgroße Killerbots sie quer durch Paris jagen.
Ein authentischer Held
Längere Bücher haben bisweilen einen guten Einstieg und ein packendes Finale. Hier ist der mittlere Teil der spannendste, wenn Reynolds beide Handlungsstränge fest verwebt, die Story noir wird und dann auch noch die unheimlichen Killerbots auftauchen. Nicht, dass Ein- und Ausstieg langweilig wären. Aber während dieses dichtgepackten mittleren Drittels fällt es ausgesprochen schwer, Ewigkeit aus der Hand zu legen.
Auch hinsichtlich Distanz und Nähe zu seinen Figuren hält Reynolds die Waage. Weder kommt er ihnen zu nahe, noch bleiben sie unerklärlich, wobei Floyd der überzeugendere Charakter ist. Er trägt als Amerikaner in Paris, als gescheiterter Musiker und mäßig erfolgreicher Detektiv sein Päckchen mit ziemlicher Gelassenheit, er ist als Mensch authentisch und aufrichtig. Einzig die Tatsache, wie wenig es ihn juckt, dass er in einer Simulation lebt, kratzt an seinem integren Bild.
Alastair Reynolds, Heyne
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