Das Medici-Kristall
- Droemer-Knaur
- Erschienen: Januar 2010
- 0
Eher entbehrliche Durchschnittsware
Edie ist eine engagierte Paläopathologin. In Florenz untersucht sie gemeinsam mit ihrem Onkel und einem Team weiterer Wissenschaftler die mumifizierten Überreste von mehreren Mitgliedern der berühmten Medici-Familie. Im Rücken des berühmten Cosimo de Medici - Cosimo der Ältere - finden die Forscher einen fluoreszierenden Splitter. Noch in der gleichen Nacht hat dieser spektakuläre Fund für Edies Onkel dramatische Folgen - er wird in seinem Laboratorium getötet. Seine Nichte begibt sich gemeinsam mit ihrem früheren Studienfreund Jeff und dessen italienischem Freund Roberto auf die Suche nach dem Mörder. Das Trio gerät selbst in Lebensgefahr und kommt schließlich doch dem Geheimnis der Familie Medici nahe.
Parallel zu den Ereignissen in der Gegenwart schildert der Autor auch die Reise Cosimo de Medicis und seiner Freunde nach Mazedonien im Jahre 1410. Erzählt wird die Geschichte in der Vergangenheit aus der Sicht von Cosimo de Medici, in der Gegenwart aus der Sicht von Edie Granger. Erst auf den letzten Seiten des Buches werden beide Erzählstränge zusammengeführt - und das Ende dürfte für viele Leser eine echte Überraschung sein.
Viele Fragen mit unzureichenden Antworten
Michael White gelingt es auf den ersten Seiten zunächst, den Leser durchaus an diese Geschichte zu fesseln. Allerdings lässt die Faszination der Handlung und der damit verbundenen Geheimnisse schnell nach. Das Werk ist in Teilen durchaus rasant, hier und da auch spannend und im Grunde flüssig zu lesen. Aber um sich aus dem Durchschnitt heraus zu heben, fehlen einfach zu viele wichtige Komponenten, und gibt es zu viele Unzulänglichkeiten. Das Buch ist kein völliger Flop, aber meine Erwartungen an einen Mystery-Thriller werden allenfalls im Ansatz erfüllt. Es fängt damit an, dass es sich gar nicht um einen Mystery-Thriller handelt, sondern eher um einen Kriminalroman mit historischem Anteil. Wenn ich Mystery mal als Kombination von Horror- und Fantasy-Elementen definiere, dann fehlt mir hier beides vollständig. Sicher, es gibt ein Rätsel aus der Vergangenheit, aber das fantastische oder gar Horror-Element vermag ich nicht zu erkennen.
Und dann sind da viele Fragen, auf die es nur unzureichende Antworten gibt. Was treibt Edie, Jeff und Roberto im Kern an? Warum jagen sie dem Medici-Geheimnis hinterher? Überhaupt werden die wichtigsten Figuren nur oberflächlich charakterisiert. Und welche Rolle spielt der französische Waffenhändler? Aber auch Cosimo de Medici bleibt ziemlich farblos, die wahren Motive für seine Reise bleiben im Dunkeln.
Insgesamt wirkt die Handlung des Romans etwas unausgereift. Da taucht wie aus heiterem Himmel der Obdachlose Dino auf, um die drei Freunde aus höchster Gefahr zu retten. Nicht mal im Ansatz wird erläutert, wo er so plötzlich herkommt. Und auch an anderen Stellen gibt es solche unvermittelten Brüche. Eigentlich ist es schade um die Geschichte, die das Zeug zu einem guten Roman gehabt hätte. Intensiver erzählt und konsequenter durchgeplant wäre es ein gutes Buch gewesen - so versinkt das Werk im Meer der lesbaren, aber eher entbehrlichen Durchschnittsware.
Michael White, Droemer-Knaur
Deine Meinung zu »Das Medici-Kristall«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!