2012 - Schatten der Verdammnis
- Heyne
- Erschienen: Januar 2001
- 5
Die üblichen Verdächtigen
2001 kam das Buch zum ersten Mal unter dem Titel "Schatten der Verdammnis" heraus. Jetzt wurde clever noch ein "2012" davor gesetzt, denn das zieht. Reißerisch heißt es jetzt "2012 - Schatten der Verdammnis." Die Zahl selbst prangt groß auf dem Cover, umzüngelt von gelben Flammen, im Hintergrund die Maya-Pyramide von Chichén Itzá vor einem düsteren Gewitterhimmel. Das verspricht allerhand. Und ja, das Buch hält es: Es ist wirklich alles drin, was den geneigten Leser aufhorchen lassen könnte: geheimnisvolle archäologische Funde, schöne Frauen, böse Wissenschaftler, ein gut aussehender Mann, der seinen Weg gehen muss, obwohl ihn die Welt für geisteskrank erklärt. Ach ja, die feindlichen Aliens nicht zu vergessen. Aber der Reihe nach.
Die Mythen der Welt und der Fluch aus dem All
Die Geschichte beginnt mit dem ersten der zahlreichen, spannenden Tagebucheintragungen des (erfundenen) Archäologen Julius Gabriel, der über das Popol Vuh, die Schöpfungsgeschichte der Maya, forscht. Er erkennt staunend, dass es einen Zusammenhang zwischen allem gibt, was auch für uns lesende Laien nach Mythos klingt, also zwischen Angkor Wat, Nazca, Chichén Itzá, Stonehenge und - natürlich - den Pyramiden von Giseh. Nur mit der Lösung dieses weltweiten Rätsels kann man das Weltende im Dezember 2012 abwenden! Na, das ist doch was! Bei einem Vortrag über diese Thesen wird er durch einen früheren Kollegen und jetzigen Feind (der zufällig der Verteidigungsminister der USA ist) so lächerlich gemacht, dass er einem Herzanfall erliegt, vor den Augen seines Sohnes Michael. Grimmig will dieser die Mission seines Vaters zu Ende führen. Aber durch eine Verschwörung gerät er in die Fänge skrupelloser Wissenschaftler, die ihn über Jahrzehnte in eine geschlossene Anstalt einweisen lassen. Dort trifft er auf Dominique, eine junge bildhübsche Psychiaterin mit Mayablut in den Adern. Sie ist hin und her gerissen zwischen dem Charme ihres Patienten und dem fachlichen Wissen, dass er eine Gefahr darstellt. Er flieht und muss nach Yukatan, denn eine böse, uralte Macht droht zu erwachen. Sagt er. Der Leser erfährt, er hat recht: Ein böses Raumschiff stürzte vor 65 Millionen Jahren ins Meer und löschte die Dinosaurier aus. Aber ein zweiter, goldener Raumgleiter folgte ihm und versetzt die Insassen in Stase: "Für die Insassen des Raumschiffs steht die Zeit nun still. Und für den Planeten Erde hat die Uhr zu ticken begonnen."
Von allem zu viel
Die 591 Seiten des "wissenschaftlichen Thrillers im Stil von Crichton und Cussler" (so der Klappentext) haben es in sich. Aber das ist hier ein Nachteil, denn die Wissenschaft kommt wirklich zu kurz bei diesem ganzen Tam-Tam. Es ist zu dick aufgetragen. Steve Alten hat - um sicher zu gehen - ungefiltert alles in das Buch gepackt, was ihm vor den Füller kam. Man spürt richtig, wie er denkt: ah, hier noch eine Schippe "Stargate", eine Prise "Atomkriegsangst" plus "Däniken", ein Hauch " Indiana-Jones" abgerundet mit "Irrenanstaltsflair" und "Pyramiden-Mythos." Dass die ganze Geschichte in der Gegenwart geschrieben ist, macht es auch nicht neu journalistisch-korrekter, sondern irritiert.
Gut und Böse ohne Zwischentöne
Die Figuren sind schwarz-weiß gehalten und kommen aus ihrer jeweiligen Rolle kein Minütchen heraus. Altens Held Michael ist ungebrochen durch Jahrzehnte in der Zwangsjacke ein durchtrainiertes und charmantes Sahneschnittchen. Dominique ist der Prototyp des hübschen, verletzlichen und sanften Latina-Rehauges, missbraucht in der Kindheit, empathisch als Erwachsene. Sie ging mir sehr auf die Nerven mit ihrer ständigen Weinerei und damit, dass sie unterbelichtet bis ganz zum Schluss zwar Michael irgendwie liebt, aber trotzdem glaubt, dass er professionelle Hilfe, ihre Hilfe, braucht. Dass es auch den gütigen Politiker aus kleinen Verhältnissen, aufrechte Meeresbiologen und telepathische Aliens gibt, verwundert nicht weiter. Das Ende ist recht esoterisch und passt sich damit gut ein. Insgesamt tut der Wälzer nicht wirklich weh, aber ist auch kein Highlight im Ozean der "2012-Endzeit-Romane".
Steve Alten, Heyne
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