Frühling der Vergeltung - Die magischen Städte 4
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2010
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Melancholie statt Schwertgewitter
"Frühling der Vergeltung" ist der abschließende vierte Band der Reihe "Die magischen Städte". Seit den folgenschweren Konflikten zwischen den Khais und den Galten sind fünzehn Jahre vergangen. Seit dieser Zeit hat kein Kind das Licht der Welt erblickt. Otah Machi, Herrscher über die Städte der Khais, versucht den Untergang beider Völker durch ein Bündnis zu verhindern. Dieser Plan stößt bei vielen Khais, unter anderem aufgrund der langjährigen Feindschaft zu den Galten, nicht gerade auf Wohlwollen.
Die Schattenseiten der Macht
Die Hauptfiguren sind, wie schon in den vorigen Bänden der Reihe, der Khai Otah und der Dichter Maati. Beide verfügen über sehr viel Macht. Jedoch hat Macht nicht nur Sonnenseiten. Beide müssen sich mit den negativen Konsequenzen ihrer früheren Entscheidungen auseinandersetzen. Beide versuchen aus einer schlechten Situation eine bessere Zukunft für die nächste Generation zu schaffen. Otah schaut nur nach vorne und versucht, sein Volk mit neuen Wegen in eine bessere Zukunft zu führen. Maati hingegen bleibt seinem eingeschlagenen Weg treu. Er versucht, aus seinen Fehlern der Vergangenheit zu lernen, um dieses Mal ein Scheitern zu verhindern.
Die Motivationen und Handlungen beider Hauptcharaktere sind jederzeit nachvollziehbar geschildert. Besonders überzeugend sind dabei die Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonisten. Die Entwicklung von den jugendlichen Männern des ersten Bandes zu den alten Greisen in diesem Band ist wohldurchdacht und glaubwürdig.
Obwohl beide Protagonisten dasselbe Ziel verfolgen, werden aus den einstigen Freunden die größten Widersacher, da keiner den eingeschlagenen Weg des Anderen akzeptieren kann. Maati sieht in dem von Otah angestrebtem Bündnis einen Verrat am eigenen Volk und eine Missachtung der Frauen der Khais. Otah hingegen befürchtet bei Maatis Plan, das Volk durch die Bindung eines neuen Andaten zu retten, eine erneute Katastrophe. Ausgerechnet Otahs Tochter Eiah unterstützt Maati in seinen Plänen.
Der ehemalige Heerführer der Galten Balasar Gice ist zu einem der engsten Vertrauten von Otah geworden. Einerseits empfand ich dies als etwas unrealistisch, da Balasar einer der Hauptverantwortlichen für die katastrophalen Ereignisse der vorigen Bände ist. Andererseits ist Otah auf die Unterstützung seines einstigen Feindes angewiesen. Die Galten nehmen eine wichtige Rolle in der Handlung ein, jedoch erfährt man recht wenig über dieses Volk.
Die Farben der Menschlichkeit
Eine der interessantesten Ideen der Reihe "Die magischen Städte" sind die Andaten. Andaten sind eine Art fleischgewordener Gedanke. Sie verfügen über unglaubliche Macht, da sie mit ihren Fähigkeiten im Handumdrehen den Lauf der Welt beeinflussen können. Dichter sind in der Lage, Andaten zu binden und deren Macht nach eigenem Gutdünken einzusetzen. Andaten sind also nicht nur nützlich, sondern können auch enormen Schaden anrichten. Jeder Andat besitzt individuelle Fähigkeiten und übernimmt einige Wesenszüge seines Dichters. Ich empfinde die Fähigkeiten der Andaten einerseits etwas übertrieben, andererseits wird gerade dadurch veranschaulicht, welch große Verantwortung mit nahezu grenzenloser Macht einhergeht. Jede Bindung eines Andaten an den Dichter muss sich von den vorigen unterscheiden und in der Grammatik darf nicht der geringste Fehler auftreten. Das Misslingen der Bindung zieht fürchterliche Folgen nach sich.
Maati ist einer der letzten verbliebenen Dichter. Bisher wurden nur Männer zu Dichtern ausgebildet. Dies soll sich nun ändern. Maati glaubt, dass Frauen neue Aspekte in die Grammatik einbringen und sich so die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Bindung erhöht. Deshalb versucht er, junge Frauen zu Dichterinnen auszubilden. Die Dichter und ihre Andaten sind eine willkommene Abwechslung zu den sonst üblichen Zauberern und ihren Sprüchen.
"Frühling der Vergeltung" kommt, untypisch für dieses Genre, völlig ohne epische Schlachten und actiongeladene Handlung aus. Trotzdem ist das Buch alles andere als langweilig. Es besticht vor allem durch seine emotionale Kraft. Es strahlt eine Menschlichkeit aus, die zutiefst berührt, ohne kitschig zu wirken. Das Buch ist keineswegs in allen Belangen perfekt. Das Erzähltempo ist etwas unausgewogen. Die Gebärdensprache finde ich eine gelungene Idee, die in der Ausführung jedoch zu Wünschen übrig lässt. Dennoch überwiegen die positiven Aspekte klar. Daniel Abraham ist ein ausgezeichneter Abschlussband gelungen und entführt den Leser erneut in eine Welt aus Hoffnung und Zweifel, Erfolg und Niederlage sowie Freude und Trauer.
Daniel Abraham, Blanvalet
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