Die Karawane
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2010
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Wunderschöne Geschichte um einen Dämonenwald
Die Provinz Sancorra ist von den brutal vorgehenden Truppen der Hekari erobert worden. In Lagern und provisorischen Siedlungen an den Rändern der Provinz sammeln sich Menschen, die Sancorra verlassen wollen, weil sie nicht unter der grausamen Herrschaft der Hekari leben wollen. Auch Audrun und ihre fünfköpfige Familie haben es geschafft. Gegen den anfänglichen Widerstand des Karawanenmeisters haben sie sich einer Karawane angeschlossen - durch die Fürsprache von Rhuan. Er ist Karawanenführer und gehört der Rasse der Shoia an, die angeblich sieben Leben haben sollen. Sein - nach menschlichen Begriffen - Cousin Brodhi ist dagegen Kurier, kann auch in Zeiten des Krieges kommen und gehen, wie es ihm beliebt.
Audrun und ihre Familie sind überglücklich, denn aufgrund mehrerer Prophezeiungen soll das nächste Kind der schwangeren Frau in Atalanda zur Welt kommen, einer Provinz jenseits des Dämonenwalds Alisanos. Doch ihre Flucht mit der Karawane erweist sich als überaus riskant, denn der Weg der Karawane führt gefährlich nah an Alisanos vorbei, dem verfluchten Wald - der sich zu allem Unglück auch noch aus eigener Kraft bewegen kann. Und Menschen, die Alisanos in seine Fänge bekommt, kehren nicht zurück. Und wenn doch, sind sie keine Menschen mehr.
Aber bevor es zu Zwischenfällen mit Alisanos kommt, müssen sich die Menschen der Karawane, aber auch die Bewohner der Siedlung, aus der der Zug aufgebrochen ist, mit Patrouillen der Hekari auseinander setzen. In der Zeltsiedlung nehmen die Eroberer eine so genannte Auslese vor - jeder zehnte Einwohner wird getötet, jedes zehnte Zelt niedergebrannt. Bei der Karawane tötet Rhuan die sechs Hekari der Patrouille - mit unabsehbaren Folgen. Während die Karawane umkehrt, setzt Audruns Familie ihren Weg unbeirrt fort. Und nähert sich dabei immer mehr dem Dämonenwald. Es kommt zu einer dramatischen Zuspitzung der Ereignisse.
Erzähl-Kino der besten Art
Glaubhafte Charakterzeichnungen prägen diesen Auftakt der Saga um den Dämonenwald. Jennifer Roberson fordert ihren Lesern allerdings große Aufmerksamkeit ab. Sie hat ihr neues Werk mit zahlreichen unterschiedlichen Charakteren vollgestopft. Hinzu kommen ständige und schnelle Perspektivwechsel. "Die Karawane" ist also kein Buch zum "mal eben weglesen" - aber der Spannungsbogen wird so ungemein hoch gehalten. Es dauert sicherlich einige Seiten, bis man den Überblick gewinnt. Aber dann kann man Erzähl-Kino der besten Art genießen. Roberson bietet den Lesern eine phantastische Geschichte im besten Wortsinne, eigentlich ein modernes Märchen.
In der Karawane reisen neben Audrun und ihrer Familie - die so etwas wie die wichtigsten Hauptpersonen sind, denn davon gibt es eher viele - noch Wahrsager und eben der Shoia Rhuan mit. Rhuan - und auch sein Artverwandter Brodhi - werden jeweils von einem Dämon begleitet und "geführt". Was es damit auf sich hat, wird dem Leser in diesem ersten Band der Saga allerdings nicht vollständig enthüllt. Es geht um geheimnisvolle "Erste", die Rhuan und Brodhi jeweils auf eine Reise geschickt haben. Und es gibt Verbindungen zu Alisanos, die auch nicht aufgedeckt werden. Von den Menschen in der Zeltsiedlung wird außerdem noch eine Verschwörung gegen die Hekari angezettelt, deren Erfolgsaussichten höchst ungewiss sind.
Jennifer Roberson hat einen eindringlichen und doch angenehmen Erzählstil. Wie schon gesagt, "Die Karawane" ist ein atmosphärisch dichtes Buch der schnellen Perspektivwechsel. Es böte sich zur Verfilmung an, ist aber nicht so actionreich, wie sich mancher Fantasy-Fan vielleicht erhofft. Hier gibt es keine großen Schlachten, heftigen Schwertkämpfe oder Zauberer-Duelle. Und doch ist das Buch ungemein spannend. Es lebt von den vielfältigen Charakteren, den miteinander verwobenen Schicksalen, den Prophezeiungen und den vielen Fragen, die aufgeworfen werden. Dadurch, dass so viele ungelöste Rätsel offenbleiben, und es am Ende auch eine offene Situation gibt, macht die Autorin ungemein Appetit auf den zweiten Band, der jetzt bereits vorliegt.
Jennifer Roberson, Blanvalet
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