Der Schildkröten-Junge

  • Eloy Edictions
  • Erschienen: Januar 2006
  • 1
Der Schildkröten-Junge
Der Schildkröten-Junge
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Elmar Huber
90°1001

Phantastik-Couch Rezension vonOkt 2009

Bleibt im Gedächtnis haften

"Aus der Nähe sah der Fremde sogar noch merkwürdiger aus, so als wäre sein Gesicht das Resultat des Puzzlespiels eines kurzsichtigen Kindes. Seine Augen waren kalte, dunkle Steine, die viel zu weit auseinander standen. Sie erinnerten Timmy an den einzigen Wels, denn er einmal in diesem Teich gefangen hatte."

Delaware, Ohio, Sommerferien 1979. Timmy Quinn und sein Freund Pete Marshall haben am nahegelegenen Myers-Teich eine erschreckende Begegnung. Ein fremder, seltsam entstellter Junge stellt sich ihnen als Darryl vor. Als sie ihren Eltern von dieser Begegnung erzählen, setzen sie damit eine Ereigniskette in Gang, die ihren Ursprung in einem brutalen, lange zurückliegenden Verbrechen hat. Timmys Leben wird sich in einer unerwarteten Weise verändern.

Kontrast zwischen sommerlicher Hitze und eiskaltem Grauen

Ich liebe diese Horrorgeschichten, die im Hochsommer in den ländlichen Gebieten der USA spielen. Ein guter Autor kann den Leser die Hitze förmlich spüren und das Summen der Insekten hören lassen. Der Kontrast zum eiskalten Schauer des Schreckens ist um so größer. Wie hier, als der Schildkröten-Junge sich auf Timmy und Pete zubewegt. Er bedroht die beiden keineswegs, im Gegenteil: er lächelt sogar. Und doch scheint sich gerade in unmittelbarer Nähe die Tür eines riesigen Eisschranks zu öffnen.

Der Autor entlässt uns nach dem trügerischen Ende der Geschichte auch nicht wieder in den friedlichen Sommer des Beginns. Für Timmy hat sich sein Leben schlagartig verändert. Die Angst wird sein täglicher Begleiter sein. Und auch der Fall des Schildkröten-Jungen scheint nicht abgeschlossen. Geschickt sät der Autor die Saat des Zweifels in Timmy und dem Leser und lässt uns durch seine Andeutungen nochmals eine kalte Hand über unseren Rücken kriechen.

Kealen-Patrick Burke, gebürtiger Ire, der heute in Columbus, Ohio lebt, ist es gelungen, das Wesentliche aus seiner Geschichte zu destillieren und diese so auf Novellenlänge zu verdichten, dass man das Büchlein kaum mehr aus der Hand legen kann. Zweifellos hätte die Geschichte genug Potenzial für viermal so viele Seiten. So besteht "Der Schildkröten-Junge" nur aus einigen wenigen, aber um so eindringlicheren Szenen, die kein Gramm Fett aufweisen und alle im Gedächtnis haften bleiben.

Der Künster David Magitis hat die Novelle mit einigen seiner Grafiken veredelt. Seine Version des Schildkröten-Jungen ziert den Umschlag, vier weitere Farbgrafiken des Künstlers befinden sich im Innenteil. Das Äußere (und Innere) der Eloy-Ausgabe sind der Originalausgabe damit sehr ähnlich gestaltet. Das kurzweilige Vorwort von Norman Partridge ("Die dunkle Saat") wurde ebenfalls aus der Originalausgabe übernommen.

Inzwischen sind in den USA mehrere Novellen um Timmy Quinn und seine Gabe erschienen. Das direkte Sequel zu "Der Schildkröten-Junge" - "The Hides" - ist ebenfalls auf deutsch bei Eloy Edictions geplant.

Der Schildkröten-Junge

Kealan Patrick Burke, Eloy Edictions

Der Schildkröten-Junge

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