Alterra. Die Gemeinschaft der Drei

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2009
  • 5
Alterra. Die Gemeinschaft der Drei
Alterra. Die Gemeinschaft der Drei
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Eva Bergschneider
57°1001

Phantastik-Couch Rezension vonSep 2009

Apokalypse oder Ökodrama?

"Pan" heißt das neue Phantastik-Label vom Droemer/Knaur Verlag, das gezielt Jugendliche und junge Erwachsene ansprechen soll. Das Angebot für den Herbst ist vielfältig. Man findet dort die momentan allgegenwärtige Romantasy, aber auch Dark Fantasy a la Heitz und moderne Märchen und phantatstische Abenteuer. Zu letzteren zählt "Alterra", der als Spitzentitel deklarierte Roman des Franzosen Maxime Chattam, von dem man sonst eher Thriller gewohnt ist. Der klangvolle Name des Imprints bezeichnet übrigens auch die Gemeinschaft der Überlebenden in "Alterra", nachdem die Welt unter gegangen ist.

Apokalypse wie bei Spielberg

Es ist Ende Dezember in New York. Matt Carters Eltern werden sich scheiden lassen, es wird für ihn vielleicht das letzte Weihnachten mit Vater und Mutter sein. Vielleicht ließ er sich deshalb zu der Mutprobe überreden, in "Balthazars Bazar" etwas zu klauen. Als der Fünfzehnjährige schließlich etwas zu kaufen beschließt, kommt der alte Ladenbesitzer hinter dem Tresen hervor. Dabei gleiten ihm Schlangenschwänze aus dem Morgenrock und eine gespaltene Zunge schießt zwischen seinen Lippen hervor.

Zurück auf der Straße begegnen Matt weitere absonderliche Schrecken: Blaue Blitze, die einen Mann in Nichts außer einem Haufen mit seinen Kleidern auflösen. Und das ist erst der Anfang, denn am Abend bricht der Sturm los. Während die Eltern Gelassenheit demonstrieren, diskutiert Matt mit seinen Freunden die aufkommende Katastrophe im Chat, bis auch diese Leitung stirbt. Der Sturm verhüllt New York im Schnee und zersplittert die Fenster. Blaue Blitze aus dem Erdreich machen gezielt Jagd auf Menschen - ausschließlich auf Erwachsene.

Matt und sein Freund Tobias fliehen vor Monstern, unheimlichen Stelzenläufern, die ausgerechnet Matt zu suchen scheinen, und menschlichen Mutanten in den Urwald, der New York nun umgibt. In einem Kampf auf Leben und Tod, tötet Matt einen Mann und verliert dabei selbst das Bewusstsein. Vier Wochen später erwacht er bei den "Pans", einer Gemeinschaft von Kindern und Jugendlichen, die entschlossen sind, die Herausforderungen der neuen Welt zu meistern. Doch hier lauern Verrat und Gefahr.

Dem Weltuntergang folgt die Gesellschaftsstudie

Der Anfang von "Alterra" erinnert an einen düsteren Apokalypse-Thriller auf der großen Leinwand. Maxime Chattam setzt auf Bilder, die schockieren und emotional betroffen machen: Halbwüchsige Jungen plötzlich allein in einer Welt voller Horrorfiguren und Alien-Gestalten. Wer fühlt sich nicht an das kleine Mädel auf der Flucht vor den übergroßen krakenähnlichen Außerirdischen in "Krieg der Welten" erinnert oder erkennt in den menschlichen Mutanten die aus "I am Legend" wieder?

Trotz der augenscheinlich starken Kinopräsenz, funktioniert Chattams Story als eigenständiges Abenteuer. Ihm ist eine lebendige Charakterzeichnung seiner Hauptprotagonisten Matt und Tobias gelungen. Teenager der heutigen Zeit, mit Fantasy-Rollenspiel und im Internetzeitalter aufgewachsen, versuchen entsetzt und doch neugierig, das Unfassbare zu ergründen. Haarscharf entkommen sie ihren unheimlichen Verfolgern, die es gezielt auf sie abgesehen haben, Action und Nervenkitzel sind auf jeder Seite der Eingangskapitel garantiert.

Im zweiten Teil des Romans flacht die Spannungskurve deutlich ab, denn die Gemeinschaft der "Pans" steht im Mittelpunkt. Spätestens jetzt befinden wir uns recht eindeutig in einer Geschichte für jüngere Leser, denn es geht um Freundschaft, Ver- und Misstrauen und die langsam aufkeimende erste Liebe.

Seit William Goldings "Herr der Fliegen" spielt man in der phantastischen Literatur immer wieder mit der Frage, wie sich eine isolierte Gesellschaft von Heranwachsenden entwickeln würde, so auch ansatzweise in "Alterra". Der Anführer heißt hier Doug, ist als solcher zunächst unangefochten, doch es mehren sich bei Matt, Tobias und der fünfzehnjährigen Ambre Zweifel, ob der Anführer der Pans mit seinen Gefolgsleuten nicht etwas Böses im Schilde führt.

Schließlich drängt sich ein weiteres Motiv des zeitgenössischen SF-Kinos immer mehr in den Vordergrund, das der "X-Men". Viele der Kinder entwickeln übernatürliche Kräfte, was der Autor für ein spektakuläres Finale nutzt. Maxime Chattam packt so viele Elemente aus modernen Abenteuern in seinen Roman, das man schließlich den Eindruck hat, er hatte einfach nicht mehr die Zeit oder Seitenanzahl zur Verfügung, um die Geschichte so sorgfältig zu Ende zu erzählen, wie er sie begonnen hat. Zum Ende wirken viele Passagen oberflächlich geschrieben, viele zunächst vielversprechende Ideen hängen in der Luft, logische Patzer mehren sich. Statt dessen bemüht der Autor den erhobenem Zeigefinger. Die Idee dieser Öko-immunologischen Reaktion der Erde wirkt allerdings zu wenig ausgereift, um als Botschaft ernst genommen werden zu können.

Die Reise in "Alterra" wird weiter gehen, man darf gespannt sein, ob der Autor doch noch alle Rätsel lösen kann. Wer einen weiteren Vorgeschmack auf "Alterra" bekommen möchte, kann sich attraktive Buchtrailer auf der Webseite des Pan-Labels oder der Homepage des Autors ansehen.

Alterra. Die Gemeinschaft der Drei

Maxime Chattam, Droemer-Knaur

Alterra. Die Gemeinschaft der Drei

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