Das Hexenbuch von Salem
- Page & Turner
- Erschienen: Januar 2009
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Hexentanz in die Historie Neuenglands
Ein großer Frauenroman mit magischen Elementen - so preist Page&Turner Katherine Howes "Das Hexenbuch von Salem" auf dem Cover an. Frauenroman - ein Begriff, der einen Roman über, nicht unbedingt nur für Frauen beschreibt. Hier stehen die Frauen Neuenglands im 17. Jahrhundert im Mittelpunkt, nicht irgendwelche Frauen, sondern Hexen. Die Hexen sind in der Phantastik ein beliebtes Thema, sie brauen Zaubertränke, verwandeln sich in Tiere und kämpfen für die meistens gute Sache. Doch hier soll es um den historischen Aspekt gehen, was uns unmittelbar zum eigentlichen Thema führt, der Hexenverfolgung.
Wissenschaft oder Hokuspokus?
"Würden Sie dem Prüfungsgremium bitte einen kurzen und prägnanten geschichtlichen Abriss der Hexerei in Nordamerika geben?"
Nach einigem Nachdenken meistert die Studentin des graduierten College, Connie Goodwin, auch diese Frage mit Bravour und wird schließlich zur Doktorarbeit an der historischen Fakultät von Havard/Boston zugelassen. Professor Chilton bietet ihr ein Dissertationsthema zur "Geschichte der Hexerei" an und rät ihr, eine gute, bisher unbekannte Primärquelle zu finden. Doch bevor sich Connie in die Arbeit stürzen kann, kommt ihr ein Wunsch ihrer Mutter in die Quere. Sie soll das Haus ihrer verstorbenen Großmutter in Marblehead für den Verkauf vorbereiten, denn der Fiskus hält die Hand nach drastisch erhöhten Grundsteuern auf.
Connie macht sich zunächst widerwillig an die Arbeit. Doch bald erwacht ihr Interesse als Familienforscherin: Warum wurden im Garten hochgiftige Pflanzen angebaut? Und was hat es mit einem kleinen Schlüssel auf sich, der in einer Bibel versteckt lag und in dessen Schaft ein winziger Zettel mit der Aufschrift "Deliverance Dane" steckt? Bald deutet vieles darauf hin, dass ein verschollenes Rezeptbuch in Familienbesitz war, das nicht nur der Zubereitung von Nahrungsmitteln diente. Die Verurteilung von Connies Urahnin als Hexe muss unmittelbar mit dem mysteriösen Buch zu tun haben, dessen Spuren Connie mühsam verfolgt - und nicht als Einzige. Connie dringt immer tiefer in die Geheimnisse ihrer Vorfahrinnen ein und scheint dadurch seltsame Erscheinungen in der Gegenwart herauf zu beschwören.
Gegenwart und Flashback in das frühe Amerika
Katherine Howe erzählt in "Das Hexenbuch von Salem" die in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts spielende Geschichte der Doktorandin Connie, die einige Erfahrungen ihrer Vorfahrinnen selbst erlebt. Immer wieder streut die Autorin Flashbacks aus den Leben der drei Urahninnen in der Zeit von 1680-1760 ein. So ist der Leser der forschenden Hauptprotagonistin immer einen Schritt voraus. Spannend und interessant lesen sich diese Ausflüge in die Historie des frühen Amerikas, nicht zuletzt aufgrund des in diesem Zusammenhang ungewohnten Themas, der Hexenverfolgung.
Mit diesem komfortablen Wissensvorsprung, wollte die Autorin vielleicht erreichen, dass der Leser intensiver mit der Hauptfigur mitfiebert. Doch der Schuss geht leider nach hinten los, denn die Handlung büsst dadurch nur unnötig an Spannung ein. Endlos scheinende Passagen, in denen Connie Tagebucheintragungen liest, die sie selbst langweilen und die sie nicht zuordnen kann, unterhalten auch den Leser nicht, obwohl der weiß, aus welchem Lebensabschnitt sie stammen. Auf diese Passagen mit der Jüngsten der Urahninnen, Prudence, hätte man getrost verzichten können.
Sympathisch und intelligent kommt die Hauptakteurin herüber. Und doch bleibt ihr Charakter und vor allem die Entwicklung der übernatürlichen Kräfte oberflächlich, letzteres wirkt teilweise unfreiwillig komisch. Ein paar Tricks aus der Mottenkiste machen sie nicht zu der "weisen Frau", die man ihrer Vorfahrin Deliverance durchaus abnimmt.
Auch die aufkeimende Liebe zwischen Connie und dem Restaurator Sam wird zwar nett erzählt, bringt die eigentliche Geschichte allerdings nur sporadisch voran. Erst zum Ende kommt wieder Spannung auf, als auch Sam in den Strudel der mysteriösen Geschehnisse der Gegenwart gerät und sich die Ereignisse im längst vergangenen Leben der Deliverance Dane zuspitzen. Letztendlich kann "Das Hexenbuch von Salem" mit den Abschnitten über die starken Frauen Deliverance und Mercy Dane glänzen. Der Transfer dieses originellen Themas, Historie der Hexerei in Amerika, in eine Gegenwartsgeschichte ist dagegen nicht gelungen.
Lausige sprachliche Qualität
Deutliche Abstriche muss man auch bei der sprachlichen Qualität, sei sie nun dem Originaltext, oder der Übersetzung geschuldet, vornehmen. Unsägliche Formulierungen, wie:
"Schließlich nahm sie ein billiges Streicholzheftchen und entzündete es im Schutz."
oder das immer wiederkehrende:
"Er/Sie hub an zu sprechen"
fallen extrem unangenehm auf und behindern nachhaltig den Lesefluss. Für eine Neuauflage dieses Buches, sollte ganz dringend ein erneutes Lektorat vorgenommen werden.
Katherine Howe, Page & Turner
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