Sternenschatten
- Heyne
- Erschienen: Januar 2009
- 3
Teil 2 bringt es auf den Punkt
Sergej Lukianenko ist hierzulande vor allem durch seine Wächter-Trilogie bekannt geworden. Mit den Romanen "Sternenspiel" und "Sternenschatten" wurden nun auch zwei ältere, zusammenhängende Werke der deutschen Leserschaft zugänglich gemacht.
Die Odyssee zum Schatten
Die nicht allzu ferne Zukunft: Auf der Erde stagniert die technologische und soziale Entwicklung der Menschheit seit Jahren. Wenigen ist es vergönnt durchs All zu reisen und das auch nur als Fuhrleute für das galaktische Konklave. Bestehend aus den starken Rassen der Galaxie, weist das Konklave den "schwächeren" Rassen eine Aufgabe zu. Um der Knechtung zu entfliehen, haben sich Angehörige mehrerer Spezies zusammengetan und einen Plan ersonnen: Der Pilot Pjotr Chrumow wurde dazu ausersehen, mit einer fremden Macht Kontakt aufzunehmen, die dem Konklave Einhalt gebieten könnte.
Als Pjotr schließlich von seiner Mission zurückkehrt, stellt sich schnell Ernüchterung unter den Revolutionären ein. Die menschlichen Geometer leben in einer sozialistischen Gesellschaft, die kaum eine bessere Alternative zum Konklave darstellt. Doch es gibt noch eine andere Möglichkeit: Bei den Geometern hat Pjotr nämlich von einer weiteren Hochkultur erfahren, die sich im galaktischen Zentrum ausgebreitet hat, dem "Schatten". Hoffnungsvoll begibt sich Pjotr erneut auf eine abenteuerliche Reise. Unterstützung erfährt er dabei von seinem Großvater, dessen Geliebten, dem menschlichen Offizier Danilow, dem reptilienartigen Zähler und einer symbiotischen Lebensform, die Pjotr übermenschliche Fähigkeiten verleiht.
Sinn und Tiefsinn
Wird man als Leser gefragt, was einem an seinem Lieblingsbuch besonders gefällt, denken viele zuerst an die liebenswerten Charaktere. Oft nicht perfekt dargestellt, haben die Figuren, die uns im Gedächtnis bleiben, außergewöhnliche Eigenarten. "Pjotr Chrumow" lässt oft individuellen Feinschliff vermissen. Nur die kindlich bedingungslose Zuneigung zu seinem "Großvater" und der Hang zum ausufernden Philosophieren ist der Hauptfigur des Buches eigen. Leider schimmern hier aber auch die Vorlieben des Autors für tiefsinnige Gedankenspiele hindurch. Die Gruppe, mit der Pjotr seine Abenteuer besteht, glänzt nicht gerade durch loyalen Zusammenhalt. Zwei Punkte, die den Leser nicht vollkommen für die Figuren dieses Buches einnehmen. Auch sind die Ziele der Helden etwas vage. Pjotr begibt sich aufgrund einer Vermutung auf seine neue Mission. Außerdem muss der kritische Leser sich fragen, wofür es sich überhaupt lohnt zu kämpfen. Die Erde und ihre Bewohner werden nicht in bestem Licht dargestellt und sowohl das Konklave, die Geometer und auch der Schatten sind alles andere als erstrebenswerte Gesellschaftsformen. Natürlich sind die Darstellungen der verschiedenen Systeme genauso beabsichtigt und auch dem Stil des Autors entsprechend. Doch gerade nachvollziehbare, persönliche Motive der Figuren sind es, die den Leser fesseln und mitreißen. Ein Grund also, warum vielleicht nicht jeder an diesem Roman Gefallen finden wird.
Gegenüber vielen anderen Space Operas hat Sternenschatten einen entscheidenden Vorteil: Tiefsinn. Wie schon in "Sternenspiel" beschäftigt sich Lukianenko thematisch mit Gesellschaftsformen, Ideologien und auch Erziehung. Dass sowohl die Geometer als auch später die Bewohner des Schattens humanoide Lebensformen, also Menschen sind, zeigt noch klarer, worum es dem Autor geht. Lukianenko entfremdet seine Protagonisten nicht durch ein exotisches Äußeres. Viele anfangs geheimnisvolle Umstände klären sich im weiteren Verlauf des Buches und fügen sich logisch und sinnvoll in die Geschichte ein. "Sternenschatten" hängt dabei eng mit dem Vorgänger zusammen und offenbart einen wohl durchdachten Weltentwurf. Wie man anhand der ersten Hälfte des Buches vielleicht vermuten könnte, ist "Sternenschatten" längst keine sinnlose Aneinanderreihung fantastischer Abenteuer. Dafür wirkt der Roman zeitweise aber auch etwas überladen und allzu bedeutungsschwanger.
"Sternenschatten" hebt sich deutlich von der Masse konventioneller Space Operas ab. Leser mit einem Sinn für trockenen Humor, die teilweise subtilen Anspielungen auf politische Systeme und ein Faible fürs Philosophieren finden hier gutes Lesefutter. Sehr fantasievoll führt Lukianenko durch eine bunte, aber nicht actionüberladene Odyssee. Gegenüber dem ersten Band verfügt dieses Buch in erster Linie über eine gradlinigere Entwicklung hin zum Finale und kann deutlich mehr überzeugen als der streckenweise orientierungslose Vorgänger. Der Leser findet in diesem Buch eine gute Alternative zum Space-Opera-Einheitsbrei von einem schriftstellerisch begnadeten Autoren.
Sergej Lukianenko, Heyne
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