Der Schattendieb
- Thienemann
- Erschienen: Januar 2009
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„Der Forscher und die Gegenwelt
Schottland im Jahres des Herren 1805. Im Haus des Verwalters des 2. Earls Fife, bei den Lamonts, kommt ein Junge zur Welt. Auf den Namen John wird er katholisch getauft, später einmal soll er unter dem Namen Johann von Lamont als königlicher Astrologe in Bayern zu Weltruhm gelangen. Doch noch lange davor nimmt die phantastische Handlung des Ralf Isau seinen Anfang.
Noch in seinem Geburtsjahr, so die Mähr, sucht ein Schattenjäger den Jungen heim. Jeder Mensch, so die biblische Aussage, fußt auf den drei Säulen, Liebe, Gerechtigkeit und Weisheit. Die Bewohner der Schwesterwelt Osttarra rekrutieren sich aus von den Menschen gestohlenen Schatten. Bei jeder Sonnen- oder Mondfinsternis schwärmen die Schattendiebe aus, um den Menschen mit ihren Lichtklingen ihre Schatten und mit diesen eine der drei Eigenschaften zu stehlen. Zurück auf Osttarra wird aus diesem Schatten dann ein Untertan seiner Majestät, des Herrschers von Osttarra.
Und dieser hat große Pläne für sich und seine Welt. Eine Überlieferung besagt, dass er mittels eines Opfers Osttarra die dritte Dimension, die bisher der Welt und ihrer unsterblichen Bewohner fehlende Tiefe, verleihen kann. Doch hierfür muss er zunächst den verheißenen Helden finden und das Opfer, ein Mensch der Erde, der als bunter Schmetterling Osttarra erreicht, muss gesucht werden. Johns Schatten soll die Heldenrolle einnehmen, das Opfer, das er mit einen Stich ins Herz töten soll, wird sich dem Jungen offenbaren, so er als Schnitter die Erde heimsucht - so zumindest der Plan.
Doch unser Held entwickelt Persönlichkeit, einen eigenen Willen und etwas, das bislang zumindest auf Osttarra eine Seltenheit war - ein Gewissen. Von der Liebe eingefangen wendet er sich gegen seinen Ziehvater und den König, tritt eine Revolution los und will doch nur eines, wieder ein Mensch werden und sein Opfer, in das er sich verliebt hat, halten und schützen ...
Fantasy und Humanismus - die gelungene Synthese a la Isau
Ralf Isaus Romane zeichnen sich nicht nur immer durch eine eigenständige Fantasy-Handlung aus, sondern fügen dieser immer auch eine Aussage bei. Dass er sich als bekennender Christ dem humanistischen Denken verschrieben hat, dass er seine Leser zum Mitdenken, zum Nachdenken und zum Stellung beziehen anregen will, das macht die Lektüre seiner Bücher zu etwas Besonderem. Vorliegender Titel ist hier keine Ausnahme.
Seit Alters her sind Geschichten über Schnitter, über den Sensenmann, der den Schatten entführt und statt dessen einen armseligen Ersatz zurücklässt, bekannt. Dass mit dem Schatten eine der drei den Menschen tragenden und bestimmenden Säulen wegbricht und dies dazu führt, dass der Mensch aus seinem inneren Gleichgewicht gerät, ist eine interessante Hypothese.
Was passiert mit Menschen, die ihren Sinn für Gerechtigkeit oder für Liebe, für Mitgefühl verlieren? Dass solchen Menschen ihr innerer Sinn für richtig und falsch verloren geht, dass sie skrupellos auf Kosten ihrer Mitmenschen agieren, erscheint durchaus nachvollziehbar. Hier deutet Isau insbesondere im letzten Drittel des Romans viel an, ohne hier seine Leser zu sehr zu bevormunden.
Im Zentrum steht - und das bleibt auch bis zum Finale so - die spannende, kurzweilig ablaufende Handlung. Einmal mehr geht es um den Kampf des Guten gegen das Böse, darum, sich der Verlockung des vermeintlich leichten Ruhms entgegenzustellen, sich für den schwierigen, aber lohnenden Weg des Aufbegehrens gegen Unrecht zu entscheiden. Geschickt lässt der Autor seinen Protagonisten hier reifen, zweifeln und sich entwickeln. Das ist sowohl sprachlich ansprechend als auch inhaltlich packend, das verwöhnt durch interessante Charaktere und eine Welt, die ausgehend von ihrer Zweidimensionalität ein wenig anders, aber eben gerade darum auch interessant ist.
Im Kampf gegen die Truppen des Bösen selbst fährt der Autor alles auf, was man hier gewohnt ist. Es gilt Kämpfe zu überstehen, Verrat und Folter drohen, Pläne werden geschmiedet und Schlachten geschlagen.
Man kann das Buch also als reine Unterhaltung lesen und wird dabei gut bedient. Aber sowohl die jugendliche Zielgruppe wie auch die erwachsenen Leser können, so sie dies wollen, weit mehr aus dem Roman mitnehmen - Anstöße nachzudenken, über das was Recht ist, über Moral und die Kraft der Liebe.
Ralf Isau, Thienemann
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