Das Haus der Sonnen
- Heyne
- Erschienen: Januar 2009
- 2
Nur ein guter Roman vom Meister der Space Opera
Die Erwartungshaltung gegenüber einem neuen Roman Reynolds´ ist stets groß. Seit Jahren verwöhnt der Autor die Leserschaft mit sehr guten bis genialen SF-Romanen, hat sich längst an die Weltspitze visionärer Autoren geschrieben. Doch es ist nicht leicht, dem immer gerecht zu werden.
Das Haus Gentian
Tausend Splitterlinge des Hauses Gentian streifen durchs All. Vor Millionen von Jahren ließ sich ihre Urahnin, Abigail Gentian, klonen und entsandte ihre Ebenbilder in die Fremde. So reisen all diese Post-Menschen durch ein von vielen Spezies bewohntes Weltall und erweitern ihr Wissen. In regelmäßigen Zyklen kehren sie zu einem vereinbarten Treffpunkt zurück, feiern und tauschen ihr erworbenes Wissen aus.
Portula und Campion sind ein Paar, was nicht gern gesehen wird unter den Klonen. Und diesmal sind sie spät dran. Es steht bereits fest, dass sie nicht pünktlich zum Treffen der Splitterlinge kommen werden. Durch widrige Umstände werden sie aufgehalten und nehmen schließlich noch den Robot Hesperus an Bord ihres Schiffes auf. Hesperus gehört dem Maschinenvolk an, zu dem die Häuser der Splitterlinge nur wenige Beziehungen pflegen. Er erweist sich zwar schnell als ein guter Freund, kann sich jedoch an einen Teil seiner eigenen Vergangenheit nicht mehr erinnern, was einige Zweifel an seiner Aufrichtigkeit weckt. Bevor die Splitterlinge den Treffpunkt erreichen, ereilt sie eine schreckliche Nachricht. Und plötzlich müssen Portula und Campion nicht nur ihre eigene Haut retten, sondern auch in einem komplexen Weltall voller Geheimnisse die Mörder ihrer Schwestern und Brüder enttarnen.
Die falsche Wahl?
Der neue Roman Reynolds´ ist ungewöhnlicherweise aus der Ich-Perspektive verfasst. Dies allein ist vielleicht schon der Hauptgrund, warum die Erzählung oft nicht recht funktionieren will. Wenn sie die erste Person als Erzähler wählen, verwenden die meisten Autoren dies gerne, um ihre Geschichte mit Humor zu färben. Bei all dem Können Reynolds´, Humor ist nicht seine Stärke. Glücklicherweise - muss man sagen - versucht der Autor sich nicht daran. Auch ist der Ich-Erzähler nicht unparteiisch, nutzt oft seine Schilderungen, um seine eigenen Ansichten zu vertreten, beurteilt sich selbst und andere subjektiver als ein nüchtern-distanzierter Erzähler. Dehnungen und Verzerrungen der Realität aus der Ich-Perspektive werden größtenteils außen vor gelassen. Warum Reynolds für "Das Haus der Sonnen" diese Sichtweise gewählt hat, bleibt unklar. Zudem erzählen drei verschiedene Personen von ihren Erlebnissen, was dem Leser immer wieder die Orientierung erschwert.
"Das Haus der Sonnen" wirkt über weite Strecken wie ein früher Roman Reynolds´. Natürlich finden sich alle seine bekannten Stärken auch in diesem Buch, jedoch längst nicht so ausgeprägt. Die virtuose Verknüpfung von Action, atemberaubenden Spielereien mit Physik und Technik, einer dramatischen Handlung und einem vielschichtigen Weltentwurf macht Reynolds Bücher aus. Außerdem versteht er es, all dies auf der Grundlage wohldosierter Spannungsbögen aufzubauen. Der vorliegende 700-Seiten-Schmöker kann davon nur einen Teil bieten. Besonders die weitschweifigen Dialoge und ständigen Diskussionen der Helden stören schlichtweg. Radikales Kürzen hätte vieles bekömmlicher gemacht.
Was bei Reynolds ein ungewöhnlich schlichter Roman ist, gilt für andere Autoren als ein gutes Buch. "Das Haus der Sonnen" führt einem vorwiegend die hier vermissten genialen Momente vor Augen, ist unterm Strich trotzdem ein gelungener SF-Roman. Hätte man die Weitschweifigkeit eingedämmt, wäre das Buch noch deutlich bekömmlicher ausgefallen. Es gesellt sich hier ein insgesamt eher unscheinbarer Roman zu einem gut gefüllten Regalfach genialer Werke dieses Ausnahmeautoren.
Alastair Reynolds, Heyne
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