Die Elementare von Calderon

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2009
  • 4
Die Elementare von Calderon
Die Elementare von Calderon
Wertung wird geladen
Carsten Kuhr
70°1001

Phantastik-Couch Rezension vonMär 2009

Der Auftakt zu einer faszinierend ausgestalteten Welt - oder doch ein weiterer Tolkien-Abklatsch?

Stellen Sie sich Alera, eine archaische Welt vor, in der jeder Mensch eine Symbiose mit Elementaren eingeht und auf diese Weise besondere Gaben sein Eigen nennt. Eine Gabe, die an eines der Elemente Luft, Feuer, Erde, Holz, Metall, Wasser gebunden ist. So können die Luft-Wirker mit Hilfe ihrer Gabe fliegen, Metallwirker können nicht nur hervorragend schmieden, sondern sind auch vorzügliche Schwertkämpfer, mit Hilfe des Wassers werden Heilungen an Mensch und Tier vorgenommen.

Alera wird seit Jahrzehnten von einem weisen Herrscher geführt. Der erste Lord Gaius Sextus sorgt für Frieden und Wohlstand. Selbst die Gefahr durch die wilden Horden der Marat, nomadisierende Steppenkrieger, wurde gebannt, auch wenn der Sohn und einzige Erbe Sextus´ bei dem Kampf sein Leben verlor. Ohne Erben aber und alternd stellt sich die Frage der Nachfolge. Und einige der Fürsten wollen diese Entscheidung nicht allein dem Zufall oder dem bisherigen Herrscher überlassen.

Auftritt für Amara, eine junge Frau, die als Botschafterin und Agentin - Kursorin nennt der Autor die Männer und Frauen fürs Grobe - für Gaius Sextus arbeitet. Zusammen mit ihrem Mentor und Ausbilder ist sie einer Verschwörung auf der Spur. In einem abgelegeneren Landstrich des Reiches entdecken sie eine ganze Legion, die nur darauf wartet, in den Kampf zu ziehen. Dass sie gefangen genommen werden, gehört zum Risiko der Agenten, dass sich aber ausgerechnet Amaras von ihr vergötterter Ausbilder als Verräter entpuppt, trifft sie im Innersten. Gaius Sextus aber, der alte Fuchs, scheint auch damit gerechnet zu haben. Nur zu bald wird deutlich, dass die Rebellen im Pass von Calderon, der das Reich vor den Marat schützt, zuschlagen wollen. Amara macht sich in die abgelegene Region auf.

Dort lebt der fünfzehnjährige Ziegenhirt Tavi. Als Freak verschrien, hat er als Einziger keinen Elementar an seiner Seite. Statt sich also auf magischen Gaben stützen zu können, muss er sich ganz auf das verlassen, was er selbst besitzt - eine rasche Auffassungsgabe, eine hohe Intelligenz und schnelle Beine. Als er eines Tages ein paar Ziegen verliert, macht er sich in Begleitung seines Onkels, des Wehrhöfers Bernard auf, diese vor dem drohenden Sturm zu suchen und heimzuführen. Auf ihrem Weg geraten sie mit Kundschaftern der Marat aneinander. Den schwer verletzten Onkel sendet Tavi mit Hilfe seines Elementars heim, er selbst versucht den Marat von der Spur des Verletzten abzubringen.

Mitten im Sturm trifft Tavi auf ein hilfloses Sklavenmädchen. Er rettet sich und Amara in das Grabmal des gefallenen Fürstensohnes, nur um sich kurz darauf als gejagtes Wild wiederzufinden. Nicht nur die wilden Marat, auch Agenten der Verräter heften sich an seine Fersen, und dann droht auch noch die unerwartete Invasion der Marat-Stämme ...

Faszinierende sozial-politische Zusammenhänge, doch die Handlung bleibt dem Üblichen verhaftet

Jim Butcher ist dem Leser insbesondere durch seine ausgezeichnete Reihe um dem magischen Detektiv und Ich-Erzähler Harry Dresden (dt. bei Knaur) ein Begriff. Dort führt er die Urban Fantasy zu neuen, eigenen Ufern, überrascht seine Leser ein ums andere Mal mit skurrilen Gestalten und ungewöhnlichen Einfällen.

Vorliegend wendet er sich auf den ersten Blick wieder einem Verlierer zu. Tavi leidet unter dem Stigma, als Einziger nicht über die Gabe eines Elementars zu verfügen. Dabei ist der Junge aufgeweckt, wenn er auch ungestüm und in jugendlichem Überschwang so manches Mal unüberlegt agiert - und dafür den Preis bezahlen muss.

Im ersten von insgesamt sechs projektierten Bänden lernen wir nicht nur Tavi, seine Verwandten, die Agentin Amara und ihre Gegenspieler kennen, sondern auch ihre Welt. Damit meine ich nicht nur die geographische Aufteilung, sondern insbesondere die geo-politische Ausgestaltung Aleras.

Butchers Personen und Gruppen agieren nachvollziehbar in ihrer jeweiligen Umwelt, die Motivation wird sauber herausgearbeitet und die Gestalten - Protagonisten wie Antagonisten gleichermaßen - sind vielschichtig und lebensecht gezeichnet. Dabei macht der Autor es sich nicht einfach. Selbst die Verräter, sonst meist als abgrundtief böse verschrieen, handeln aus nachvollziehbaren Gründen.

Ein echtes Highlight des Romans ist die Darstellung des Tals der Bäume, des sogenannten Wachswaldes. Hier, an einem Ort der vor Vitalität nur so sprüht, der beweist, mit wie viel Phantasie und Einfallsreichtum Butcher gesegnet ist, muss Tavi seine größte Prüfung bis dato bestehen.

Daneben verwöhnt der Autor seine Leser im großen Finale mit einer Schlachtbeschreibung, die es in sich hat. In einem auf den ersten Blick chaotischen Aufeinanderprallen der Kräfte schildert er uns den Kampf um eine Feste ohne falsche Glorifizierung mit fast schon martialischer Wucht. Hier merkt man Butcher an, dass er als Freund mittelalterlicher Kampfspiele mit dem Nachstellen derartiger Auseinandersetzungen praktische Erfahrung gesammelt hat.

Woran also lag es, dass mich das Buch doch nicht in dem Masse fesseln konnte, wie ich mir dies von Butcher erhofft hatte? Nun, die Grundthemata sind nicht eben neu. Es geht einmal mehr um den Kampf der Guten gegen die verräterischen Bösen. Auch das Überleben der Protagonisten wie der Antagonisten gegen alle Wahrscheinlichkeiten erscheint ein wenig arg gekünstelt. Dazu kommt, dass die Darstellung des tagtäglichen Lebens in den Wehrhöfen im Dunkeln bleibt. Die vorsichtig angedeutete Beziehung zwischen dem Herrscher und dem Ziegenhüter ermöglich es dem kundigen Fantasy-Freund mitzuraten, wie wohl die beiden miteinander verbandelt sind, wie der Autor seine Serie wohl fortsetzen wird. Hier trampelt der Autor auf ausgetretenen Pfaden, statt neue Wege zu suchen und zu beschreiten. Dazu passt, dass er ein wenig zu oft den Zufall und das Glück bemüht, um insbesondere Tavi aus den Bredouille zu holen, und der alles wissende Erzählstil für zusätzliche Distanz sorgt. So kommt nie die Nähe zum Erzähler auf, wie wir sie aus den Dresden-Bänden kennen und schätzen.

Insgesamt gesehen tolkienesque Fantasy mit so manchen guten Ansätzen, einigen wenigen großartigen Bildern und einer spannenden Handlung, wenn die Reihe auch - bislang zumindest - meines Erachtens an die Dresden Titel nicht annähernd heranreicht.

Die Elementare von Calderon

Jim Butcher, Blanvalet

Die Elementare von Calderon

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Die Elementare von Calderon«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Sci-Fi & Mystery
(MUSIC.FOR.BOOKS)

Du hast das Buch. Wir haben den Soundtrack. Jetzt kannst Du beim Lesen noch mehr eintauchen in die Geschichte. Thematisch abgestimmte Kompositionen bieten Dir die passende Klangkulisse für noch mehr Atmosphäre auf jeder Seite.

Sci-Fi & Mystery