Der Abschiedsstein: Das Geheimnis der Großen Schwerter 2
- Klett-Cotta
- Erschienen: Dezember 2017
- 2
Band zwei besticht durch Größe
Tad Williams hat die Welt mit seiner "Otherland"-Saga begeistert, so dass sich Fans und Verlage auch auf seine früheren Werke stürzen. So präsentiert der Klett-Cotta-Verlag eine sehr schön gebundene und liebevoll aufgemachte Neuauflage der Tetralogie um das Geheimnis der Großen Schwerter, die erstmalig 1988 erschienen war. Williams schreibt eine klassische High-Fantasy, die alle Ansprüche des Genres erfüllt, siehe auch Rezension zu Band 1 "Der Drachenbeinthron".
Was ist besonders? Sein Stil! Er ist voller Poesie. Gleichgültig, worum sich die Handlung auch dreht: Zu allen Situationen findet er nicht nur schöne, sondern vor allem nachdenkenswerte detaillierte Bilder und Vergleiche. Sie sind nicht immer auf den ersten Blick einleuchtend, manchmal sogar schräg, doch das macht den Reiz von Williams Werken aus. Manche Sätze zwei- dreimal zu lesen, um sich die Wörter und ihren Klang wie Pralinenstückchen auf der Zunge zergehen zu lassen. Ein großes Lob an Verena C. Harksen, die eine ausgezeichnete Übersetzung geschaffen hat, in der Neuauflage unterstützt von Andy Hahnemann.
Poetisch, philosophisch, spannend
In diese Beschreibungen flicht Williams immer wieder philosophische Gedanken ein. Seine Dialoge sind ausgefeilt, teilweise tiefsinnig, teilweise voller Humor. Williams zeichnet mit Worten eine Welt, die bei aller Phantasie doch sehr vorstellbar und lebensecht ist. Das gilt auch für seine Charaktere der verschiedenen Völker, denen wir begegnen dürfen. Sehr gut gelungen ist ihm das Wachstum Simons vom einfältigen Küchenjungen, noch einem Kind, der in diesem Band zum jungen Mann heranreift. Der vom Mondkalb zum Drachenbezwinger Schneelocke wird. Simons Geschichte folgt zunächst weiterhin dem aus Band 1 bekannten Schema; er agiert, weil es ihn scheinbar zufällig an einen bestimmten Ort verschlagen hat. Doch als er sich gegen Ende des Buches mutterseelenallein in der Eiseskälte verirrt hat, beweist er zum ersten Mal, dass er bewusst die Initiative ergreifen kann und um sein Überleben kämpft - trotz aller Zweifel und Einsamkeit. Auch Josua Ohnehand macht eine Wandlung durch, gepeinigt vom jüngeren gelehrten Bruder des Hochkönigs Elias, der sich der dunklen Seite der Macht verschworen hat. Er steht auf, um für die Belange seines Volkes zu kämpfen und seinem Bruder entgegen zu treten.
Dieser zweite Band zeichnet sich durch Handlungsreichtum und viele wunderbare Ideen aus. Er ist hochgradig spannend und lässt den Leser oftmals mit dem Gefühl der Qual zurück, dass Williams eine Situation genau dann abbricht, wenn die Spannung am Größten ist. Das fällt besonders bei dem kleinen Tiamak, Träger der Schriftrolle und Bewohner des Wranna, einer Flusslandschaft des Dschungels, auf. Er bereitet die Leser darauf vor, dass dieser kleine Mann noch eine wichtige Rolle zu spielen hat.
Nachdem Williams im ersten Band die Grundlagen und die Stimmung der Geschichte in Osten Ard geschaffen hat, besticht dieser Band durch Größe. Band drei "Die Nornenkönigin" hat einen langatmigen Einstieg und langweilt den Leser zwischenzeitlich, weil es nicht voran geht. Doch wer einmal mit dieser Saga begonnen hat, und wen der Schreibstil von Williams fesselt, der kann einfach nicht aufhören. Auch wenn am Anfang eine Zusammenfassung des ersten Teils vorliegt, ist es empfehlenswert, den "Drachenbeinthron" zuerst zu lesen, sonst entgehen einem viele Anspielungen, die sich auf die Vorgeschichte beziehen.
Tad Williams, Klett-Cotta
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