Die Hölle der anderen
Wenn Fantasy ohne Magie auskommt, um die Handlung zu befeuern, dann braucht sie starke Hauptfiguren mit inneren und äußeren Konflikten. Im Falle von K. J. Parkers "The Company" kommt zusätzlich derart gediegenes Schreibhandwerk hinzu, dass man bei dieser Charakterstudie mit Fug und Recht von einem Meisterwerk sprechen kann.
Parkers Stil ist knapp und karg, und so sieht der Leser die fünf Männer, deren Geschichte erzählt wird, aus der beobachtenden Distanz. Die sichere Erwartung, dass die ruhige Eröffnung zu einem Sturm führen wird, zeigt sich schnell. Denn was die Protagonisten einstmals verband, ist ihre blutgetränkte Vergangenheit als "line breakers", als hochspezialisierte Frontkämpfer, deren Aufgabe es war, die lanzen- und schildbewehrte Schlachtformation des Gegners aufzubrechen. Solchen Soldaten gab man im Heereskommando nur eine Lebenserwartung von zwei, höchstens drei Einsätzen. Unsere Helden haben bis auf einen jedoch den ganzen Krieg überlebt, und in diversen Einschüben erzählt Parker davon.
Während vier von ihnen wieder im gemeinsamen Heimatort leben und sich aus den Augen gehen, hat es einer bis zum General gebracht. Nun, nach seiner ehrenhaften Entlassung, sucht er seine ehemaligen Kameraden auf und schlägt ihnen eine ziemlich wilde Sache vor: Sie alle sollen sich Frauen suchen, heiraten und dann mit Sack und Pack auf eine verlassene Insel auswandern, um als Kolonisten zu leben. Nach anfänglichem Zögern stimmen sie zu und die alte Truppe formiert sich neu. Doch dieser Einsatz wird ihr schwerster, lässt er sich doch nicht mit ihrer kriegsgeschulten und auf Kampftaktik ausgerichteten Denkweise bewältigen. Das, was sie im Krieg zusammengeschweißt hat, Befehle, Kampf, Überleben, also der immense Außendruck der blutigen Schlachten, fällt in der neuen Situation weg und weicht der Notwendigkeit von Kompromissen, den Wünschen ihrer Frauen und schlichter Kommunikation. Nach und nach brechen ihre Seelenpanzer auf und verdrängte oder verborgene Konflikte aus der Vergangenheit bekommen Gestalt. Und auch die Insel birgt so manche Überraschung.
Düster und beklemmend
Dies ist eine Geschichte über fünf Männer, die meinen, einander gut zu kennen und sich doch völlig fremd sind. Es ist die Geschichte ihrer Lügen, ihres Selbstbetrugs und ihrer Egoismen. Die britische Autorin, die unter dem Pseudonym K. J. Parker schreibt, führt ihre Protagonisten auf die Insel, so wie Jean Paul Sartre seine drei Figuren in die "Geschlossene Gesellschaft". Und auf dieser Insel wird ihnen ebenso wie den Protagonisten des französischen Philosophen ziemlich schnell klar: "Die Hölle, das sind die anderen", und zwar mit tödlicher Konsequenz.
"The Company" ist düster und bisweilen beklemmend. Die tiefe Charakterisierung der Hauptfiguren, ihre intensiven Rollenkonflikte und die unausweichlich zunehmende Dynamik der Handlung machen aus dem Einzelroman eines der besten Fantasybücher des Jahres 2008.
K. J. Parker, -
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