Familitary-Science-Fiction?
Mit "Eroberer" erreicht der erste Teil einer Space-Opera-Trilogie mit Military-SF-Elementen nun auch die deutschen Leser. Doch lohnt es sich, den im amerikanischen Original bereits 1994 erschienen Roman auf die Einkaufliste zu setzen?
Tödliches Rendezvous
Als der Militärstützpunkt des Commonwealth auf dem Planeten Dorcas die Tachyonen-Signatur von vier Schiffen empfängt, ist den Verantwortlichen schnell klar, dass sie es hier mit bisher unbekannten Aliens zu tun haben. Mehrere Schiffe werden entsandt, um Kontakt mit den Fremden herzustellen. Bei den bisherigen Kontakten zu außerirdischen Rassen hat die Menschheit sowohl Freundschaften geschlossen als auch Konflikte austragen müssen. Die entsandten Schiffe sind also darauf vorbereitet, nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen zu werden. So kommt es zu einem kurzen Gefecht, bei dem schließlich die Schiffe des Commonwealth völlig zerstört werden.
Als ehemaligen Politiker mit kurzem Militärdienst erreicht die Nachricht von der Zerstörung der Schiffe schnell auch Lord Cavanagh. Die vermeintliche Todesnachricht seines Sohnes, der sich an Bord eines der Schiffe befand, trifft Lord Cavanagh hart. Zuerst sind alle davon überzeugt, dass es keine Überlebenden bei dem Gefecht mit den Fremden gab. Dann jedoch tauchen Gerüchte auf, eine der Rettungskapseln könnte von den Fremden aufgebracht und die Insassen inhaftiert worden sein.
Familienangelegenheiten
Nach einer missglückten Flucht vom Schlachtfeld findet sich Pheylan Cavanagh in einer Gefängniszelle der Zhirrzh wieder. Nur ab und zu ist es ihm gestattet, unter Bewachung nach draußen zu gehen. Wärter und Gefangener versuchen mehr über einander zu erfahren, stoßen dabei jedoch ein ums andere mal auf die Barriere der Fremdartigkeit ihres Gegenübers. Besonders militärische Geheimnisse sind für die Zhirrzh interessant, und so erfahren sie von einer geheimen und vernichtenden Waffe des Commonwealth, genannt 'Circe'.
Lord Cavanagh macht sich auf die Suche nach weiteren Hinweisen über die mysteriösen Eroberer, um die sich die alte Sage einer Alien-Rasse dreht, während Melissa Cavanagh zusammen mit ihrem Bruder Aric versucht, eine Flotte von Schiffen zusammen zu trommeln, mit der ihr entführter Bruder gerettet werden kann. Dabei müssen sich die beiden mit den Militäreinheiten auf dem Planeten Dorcas herumschlagen.
Erzählt wird die Geschichte vorwiegend aus Sicht der 'Cavanaghs', die gemeinsam eine Rettungsmission für Pheylan planen. Dabei bieten drei elementare Haupthandlungsstränge eine Mischung aus Action, Abenteuer und einem Schuss Forschergeist.
Military-SF Light
Der Roman besitzt viele Elemente, die man der Military-SF zuordnen könnte, wie zum Beispiel einen interstellaren Konflikt, einige Weltraum-, sowie Bodenkämpfe. Von ausufernden Weltraumschlachten, militärischem Helden-Pathos und einer zu oberflächlichen Sicht auf die Konfliktgegner bleibt der Leser jedoch verschont. Immer wieder zeigt es sich, dass die Menschen die zahlreichen Außerirdischen zu sehr aus ihrer eigenen Sicht heraus beurteilen und einschätzen, was zu einigen Problemen führt. Auch die Gegner, die 'Eroberer', sind keine herzlosen Bestien, sondern Wesen, deren Art und Motive es erst noch zu ergründen gilt.
In "Eroberer" kann es geschehen, dass sich die Protagonisten darum sorgen, ob die frische Rumpfbemalung ihres Schiffes beim Eintritt in eine Planetenatmosphäre verschmiert. Technik-Fans und Hard-SF-Leser, die einen durch und durch plausiblen Weltentwurf erwarten, liegen bei diesem Roman falsch. Erzählt wird eine rasante, aber nicht actionüberladene Weltraumstory, in einem bunten Universum voller fremder Kulturen. Den Hintergrund bildet eine problematische Erstkontaktsituation.
Am Ende des Romans werden nur wenige der zahlreichen Geheimnissen gelüftet. Der Leser erfährt, was es mit 'Circe' auf sich hat und natürlich wird die Mission der Romanhelden am Ende dieses Bandes erfüllt. Doch weiterhin schwelt der Konflikt mit den Eroberern, bleiben viele Fragen über den Gegner offen und bieten somit genügend Stoff für die kommenden Fortsetzungen des Buches.
Business as usual
Innovative Ideen gibt es in diesem Roman kaum. Auch wirkt hier und dort der "Unterbau" der fiktiven Zukunft etwas dürftig. Mit nur wenigen Farbtupfern wird eine zukünftige Welt eher skizziert als umfassend erklärt. Die Kombination bekannter Elemente ist jedoch nicht uninteressant und die Rettungsaktion der Familie des Entführten ein ungewöhnlichere Sichtweise. Zahns Sprache ist genretypisch einfach, auffällig sind nur die zahlreichen moderneren Redewendungen.
Eroberer bietet gute SF Unterhaltung auf einem gleichbleibend hohen Spannungslevel. Eine durchaus lesenswerte SF-Story, mit der man - ohne überzogene Erwartungen - eine unterhaltsame Zeit verbringen kann.
Timothy Zahn, Heyne
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