Lord der Vampire
- Loewe
- Erschienen: Januar 2008
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Eine ägyptische Mumie sucht London heim
Mit seinem im viktorianischen England angesiedelten Roman ";Death Collector" hatte Justin Richards einen schwungvollen und spannenden Phantastik-Thriller mit Steampunk Elementen vorgelegt. Eigentlich war die Geschichte um künstliche Wesen erzählt, doch, wie das inzwischen so üblich ist, die Fans verlangten nach mehr Lesefutter, die Verlage winkten mit dem großen Scheck und schon müssen George Archer, Liz Oldfield und Eddie erneut ihr Leben die die Waagschale werfen, um Unheil von der Englischen Hauptstadt abzuwenden.
Dieses Mal treffen sie auf ganz besondere Wesen. Alles beginnt mit einem gesellschaftlichen Großereignis. Der Vorstand des Britischen Museums hat entscheiden, dass eine Mumie entpackt werden soll. Doch nicht etwa ein Ausstellungsstück aus der ägyptischen Abteilung soll den geladenen Honoratioren präsentiert werden, sondern ein seit Jahrzehnten in den Kellern der geheimen Abteilung unter der Leitung von Sir William Protheroe verschollenes Fundstück.
Bei der Öffnung einer altägyptischen Mumie geschieht Aufsehenerregendes. Ein Unfall führt dazu, dass sich der Kurator des Britischen Museums, der die Mumie präsentiert, ins Handgelenk schneidet. Ein Unfall oder doch ein geschickt herbeigeführtes Ereignis, das nur zu bald seine Wirkung zeitigt? Die 4000 Jahre alte Mumie beginnt sich unter dem auf sie niedertropfenden Blutstrom zu regen. Sie setzt sich auf und entkommt dem Blick der Öffentlichkeit in einer Kutsche mit einem Ankh als Wappen. Ein gelungener Scherz, eine raffinierte Täuschung, eine beneidenswerte Aufführung - so die Meinung der Presse und der Besucher.
Doch dann bemerken unsere Helden, dass etwas faul ist im Staate Dänemark - pardon Britannien. Kinder aus dem Armenhaus, Trunkenbolde und Bettler verschwinden, blutleere Leichen tauchen auf, die Spur führt zu einem, nein zu dem exklusivsten Club Londons: der Diabolo-Vereinigung.
Während unsere naseweisen Ermittler immer tiefer in das Dickicht aus Verschleierung und Geheimnissen eindringen, bereiten die Vampire die Übernahme der Macht in Westminster vor - die Zeit für die Wiederkehr Orabis´ ist gekommen. Der Herrscher der Vampire ruft auf zum Sturm auf die Schaltzentrale der Macht ...
Gaslaternenbeleuchtete Gassen und alte Friedhöfe
Auf den ersten Blick erzählt Justin Richards in der direkten Fortsetzung seines ";Death Collectors" nicht unbedingt eine sonderlich neue Geschichte. Anleihen bei Dickens (Oliver Twist), Stoker und diversen weniger bekannten Autoren fügen sich zu einer recht munteren Mischung aus Abenteuer- und Horrorroman.
Auffällig ist, dass der Autor oft - für meinen Geschmack zu oft - den Zufall zu Hilfe nimmt. So ist ausgerechnet Liz' Vater bereits früher mit den Vampiren aneinander geraten, gilt es hier alte Schulden und Rechnungen zu begleichen. Dann aber, oho, man merke auf, fällt der altersschwache Mann den Vampiren zum Opfer. Einfach so einen Sympathieträger, wenn auch aus der zweiten Reihe abzuservieren, dazu gehört Mut.
Mehr noch, was sich anfänglich recht bekannt entwickelt, das nimmt bald eigene, überraschende Wendungen und entwickelt ein ganz eigenes Tempo. Da gibt es nicht einfach die übliche Schwarz-Weiß-Zeichnung, da werden die Untoten durchaus ambivalent dargestellt. Gar nicht zu reden von der Faszination, die von der Stadt unter der Stadt - Christoph Marzi weiß ein Lied davon zu singen - ausgeht. Ohne hier zu viel verraten zu wollen, die Fütterung Orabis´ mit dem roten Lebenssaft ist eine herrliche Idee des englischen Autors.
Natürlich wuchert Richards mit den gewohnten Pfunden - gaslaternenbeleuchtete, nebelige Gassen, alte Friedhöfe, die Faszination der Bretter, die die Welt bedeuten, Armenhäuser und luxuriöse typisch englische Clubs, gar nicht zu reden von dem dieses Mal eher im Hintergrund bleibenden Tempel des Wissens - dem Britischen Museum.
Zwar entwickelt sich unser Hauptpersonen-Triumvirat kaum weiter, doch wieder findet jeder Leser seine Identifikationsfigur, in dessen Haut er schlüpfen kann. Den Platz, den Richards hier einspart, nutzt er, um die verschachtelte, faszinierende und in sich logische Handlung aufzubauen. Zwar reduziert er London immer noch ein wenig zu sehr auf altgewohnte Versatzstücke, doch bei dem vorgelegten Tempo unterhält er stilistisch flüssig, inhaltlich packend nicht nur jugendliche Leser, sondern Käufer aller Altersgruppen gleichermaßen.
Justin Richards, Loewe
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