Drachenklingen

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2008
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Drachenklingen
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Carsten Kuhr
75°1001

Phantastik-Couch Rezension vonOkt 2008

Kalter Stahl trifft auf Magie

Wer kennt sie nicht, die Geschichte des jungen Gascogniers d´Artagnan und seiner drei Freunde. Namen wie Athos, Portos und Aramis, aber auch Lady de Winter, Rochefort und natürlich Kardinal Richelieu sind jedem, der Dumas´ Werk gelesen oder eine der unzähligen Verfilmungen genossen hat, unvergesslich.

Immer einmal wieder tauchen die historisch verbürgten Persönlichkeiten - Richelieu, aber auch sein Mann fürs Grobe, Rochefort - in der Literatur auf. Zuletzt hat Mary Gentle in ihrem umfangreichen Roman ";1610" (Bastei-Lübbe, verteilt auf drei Bände) die Personen in ein phantastisches Umfeld mit eingebunden. Nun also ein neuer Versuch, die Männer mit den blauen Umhängen und dem kalten Stahl an ihrer Seite mit dem Mysterium der zauberhaften Echsen zu verbinden.

Wir finden uns im Paris des Jahres 1633 wieder. Louis XIII, ein König, der einzig in seiner Jagdleidenschaft Erfüllung findet, überlässt das politische Feld fast gänzlich seinem Berater Richelieu. Der ewige Streit mit England, die geflüchtete Königinmutter, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und nicht zuletzt Spanien lassen den einflussreichsten Mann Frankreichs nicht zur Ruhe kommen.
Er weiß, dass mit Lothringen ein neuer, gefährlicher Spieler das internationale Parkett betreten hat, und er Ruhe an zumindest einer Front braucht.

Doch die Geheimverhandlungen mit Spanien geraten ins Stocken. Ein junger Adeliger aus Spanien ist nach Paris geflüchtet und in der 500.000-Seelen-Metropole untergetaucht. Spanien will den Flüchtigen haben, koste es was es wolle. So greift Richelieu zum letzten Mittel, etwas, das er seit dem von diesen verantworteten Fall von La Rochelle nie für möglich erachtet hätte - er ruft ";Die Klingen des Kardinals" wieder zusammen.

Die alten Haudegen haben in den fünf Jahren, die ihrer unehrenhaften Auflösung folgten, nichts von ihrer Tatkraft oder Gefährlichkeit eingebüsst. Mit Gespür und Raffinesse machen sie sich auf die Suche nach dem Flüchtigen, und entdecken weit mehr, als sie erwartet haben. Der Geheimbund der ";schwarzen Kralle" sucht, nachdem er in ganz Europa ihre Logen errichtet hat, auch in Frankreich Fuß zu fassen. Die schwarze Kralle gibt sich nicht mit lächerlichen Intrigen und Verbrechen ab. Ihr geht es darum, den Nachfahren der Drachen, die in Menschengestalt unter uns weilen, zu ihrem angestammten Platz an der Spitze der Machtpyramide zu verhelfen. Und dafür ist ihnen jedes Mittel recht. So bekommen die Musketen, Pistolen und Degen viel zu tun, erkunden wir mit unseren Kämpen die Spielsalons und Bordelle der Hauptstadt ebenso wie ihre Verliese und Folterstuben. Doch kann sich selbst bester Toldeo-Stahl gegen dunkle Magie behaupten, zumal Verrat an allen Ecken droht?

Fantasy a la France - verzwickt anders faszinierend

Der 1968 geborene Pierre Pevel gehört in seinem Heimatland zu den bekanntesten und beliebtesten Autoren. Nicht umsonst errang er 2002 den Grand Prix de l´Imaginaire und 2005 den Prix Imaginales jeweils im Bereich Bester Roman. Mit seiner Wielstadt-Trilogie, die er im 30-jährigen Krieg angesiedelt hat und den Geschichten um den Gentleman-Magier Ambremer hat er sich in die Herzen seiner Fans geschrieben. Nun also gelingt ihm mit dem Auftaktband seiner ";Drachenkrallen"-Reihe der Sprung ins Ausland. Noch vor Gollancz in Großbritannien veröffentlicht Heyne die deutsche Übersetzung.

Und man erwartet sich viel von dem Werk. Als großformatiges Paperback ins Rennen geschickt, ausgestattet mit einer den Blick fesselnden Titelillustration und einem recht lesefreundlichen Satzspiegel machte ich mich mit einigen Erwartungen an die Lektüre. Zunächst aber erschlug mich die Vielzahl der handlungsrelevanten Personen und der ständige Perspektivenwechsel. Das war beileibe keine einfach runterzulesende Fantasy-Kost gewohnter Machart, das verlangte ein wenig mehr Sitzfleisch und Mühe. Erst nach und nach erschließt sich dem Leser die politische Lage, tauchen erste Agenten der schwarzen Kralle auf, und beginnen wir die von diesen ausgehende Bedrohung einschätzen zu können.

Zunächst erinnert so einiges an Dumas´ Vorlage. Ein rauflustiger Gascoigner darf nicht fehlen, jede Menge wilde Gefechte und ein farbenprächtiges Ambiente sorgen dafür, dass Langweile nicht aufkommt. En passant lässt der Autor so einiges Wissenswertes über die damalige Zeit und Paris selbst einfließen - wer wusste denn zum Beispiel, dass das Trottoir durch eine nicht überbaute Brücke der Seine erfunden wurde? - konzentriert sich aber auf die parallel ablaufenden Intrigen. Bleibt der Strippenzieher Richelieu dabei bislang zumindest recht blass, so nehmen die Mitglieder der Klingen immer deutlicher Gestalt an. Verfolgungsjagden über die Dächer von Paris, habgierige Geldverleiherinnen, eine herzensgute Puffmutter, vergnügungssüchtige Adelige und Duelle im Morgengrauen -aufgefahren wird, was des Lesers Herz erwartet und in Aufregung setzt.

Dabei übertreibt es unser Autor ein paar Mal ein wenig, bleibt die innere Logik außen vor. Dass dies kaum auffällt, spricht nur für das rasante Tempo und die inhaltliche Spannung, die insbesondere durch die mannigfaltigen Rätsel aufrechterhalten wird. Wer verrät wen, und warum, wer versteckt sich hinter welchem Namen - Athos lässt grüßen - und was steckt hinter der ganzen Jagd - die überaschend logische Auflösung im ein wenig überhasteten Finale gibt darauf eine Antwort.

Drachenklingen

Pierre Pevel, Heyne

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