Luzifers Hammer
- Heyne
- Erschienen: Januar 1980
- 3
Aufwühlendes Standardwerk
Die Zusammenarbeit des Autorengespanns Niven/Pournelle hat einige faszinierende Bücher und Klassiker des Genres hervorgebracht. Viele ihrer Romane widmen sich den großen Themen der Science Fiction, wie zum Beispiel dem Erstkontakt mit Außerirdischen ("Der Splitter im Auge Gottes"), oder einer Alien Invasion der Erde ("Fußfall"). Auch "Luzifers Hammer" behandelt ein beliebtes Thema: den Einschlag eines Kometen auf die Erde.
Die Dokumentation einer Katastrophe
Der Millionär und Lebemann Tim Hamner ist wirklich vom Glück gesegnet. Dank einer üppigen Erbschaft, musste er nie einem regelmäßigen Job nachgehen und kann sich mit so unnützen Freizeitbeschäftigungen wie dem Beobachten der Sterne vergnügen. Sogar einen Asteroiden entdeckt der Glückspilz, der nach ihm und einem anderen Entdecker "Hamner-Brown" benannt wird. Während Tim sich noch in seinem neuen Ruhm sonnt, werden die Prognosen der Astronomen immer ungenauer; hieß es zuerst noch, der Asteroid wäre mit etwas Glück von der Erde aus zu sehen, scheint die Distanz, in der der Komet die Erde passiert, mit jeder neuen Berechnung kleiner zu werden.
Auch Harvey Randall scheint endlich einmal eine Glückssträhne zu haben, hat er doch gerade erst Tim Hamner auf einer Party kennengelernt. Zusammen planen die beiden eine Reihe von Fernsehdokumentationen über den nahenden Asteroiden. Harvey braucht den Erfolg und das Geld dringend, muss er doch für den kostspieligen Unterhalt einer verschwenderischen Frau und seines Sohnes aufkommen. Die Shows laufen gut, das öffentliche Interesse an dem kosmischen Phänomen ist groß. Viele Möchtegern-Propheten nutzen jedoch die Gunst der Stunde, um den Weltuntergang herauf zu beschwören.
Senator Jellison ist ein viel beschäftigter Mann. Ruhe und Entspannung findet er nur auf seiner abgelegenen Ranch. Dort kann er Energie auftanken und findet auch einmal Zeit für seine erwachsene Tochter Maureen. Seit aber die Meldungen über den Asteroiden in den Nachrichten kursieren, bleibt dem Senator nicht viel Erholung. Die Sicherheitsmaßnahmen für den Tag des Vorbeifluges müssen getroffen werden. Auch die öffentliche Panikmache einiger Unruhestifter gilt es einzudämmen. Noch mitten in den Vorbereitungen für den Tag X wird immer deutlicher, dass die Erde im Visier des mächtigen Gesteinsbrocken steht.
Von Bankern und Barbaren
Luzifers Hammer ist ein üppiger Roman mit etlichen Handlungssträngen und einer Vielzahl von Figuren. Die Handlung spielt in einem Zeitraum von mehreren Monaten. Grob lässt sich der beinahe 800 Seiten starke Roman in drei Abschnitte einteilen: Am Anfang steht die ausführliche Prä-Aufschlag-Phase, in der Figuren und Grundthema minutiös aufgebaut werden. Den Mittelteil macht das Katastrophen-Szenario des Einschlags aus und Teil Drei beschreibt den Überlebenskampf der letzten Amerikaner. Die Figuren sind mit Bedacht gewählt; ihre Lebenswege führen gegen Ende des Buches unaufhaltsam zusammen.
Das Grundthema des Buches ist zugleich auch ein Plädoyer für die modernen Wissenschaften an sich: Wenn die Menschheit nicht weiter forscht, nach neuem Wissen strebt, ist sie globalen Katastrophen wie einem Kometeneinschlag chancenlos ausgeliefert. Kaum jemand kann ohne die vielen kleinen Bequemlichkeiten der modernen Gesellschaft überleben. Und viele kranke Menschen benötigen Medikamente, ohne die sie an ihren Leiden sterben könnten. Wer kann Insulin selbst herstellen, wer weiß wie man im eigenen Garten Grundnahrungsmittel anbaut?
Besonders gelungen ist den Autoren bei Luzifers Hammer die schockierende Darstellung der Ereignisse nach der Katastrophe. Während sich ein Teil der Menschheit in großer Hast mit Nahrungsmitteln und allem Lebensnotwendigen versorgt hat, setzen andere nur auf eine Vorsorge: Eine Waffe und genügend Munition, um sich zu nehmen, was sie brauchen. Viele Menschen scheinen sich den Weltuntergang regelrecht herbeigewünscht zu haben. Nicht nur Radio und Fernsehprediger beschwören die Katastrophe herauf, auch normale Bankangestellte mutieren, sobald die Trümmer der Zivilisation zu ihren Füssen liegen, zu Raubtieren. Die schockierende Klarheit der Ereignisse vor Augen zeigt sich, wie dünn die Barriere zwischen zivilisiertem Staatsbürger und gnadenlosem Barbaren ist.
Schatten und Licht
Sprachlich machen es sich die Autoren des öfteren etwas zu leicht. Von Romanen des 20. Jahrhunderts, deren Handlung auch zeitgleich spielt, ist man durchaus einige ruppige Ausdrücke gewohnt. Doch stellenweise wirkt die Sprache der Autoren holprig, ja beinahe schlampig. Auch wenn der Aufbau des Buches klar erkennbar ist, stören einige Szenen und kurze Handlungsstränge, die ins Leere laufen. Viele Einschübe machen im Nachhinein nicht viel Sinn, dafür werden die Hauptpersonen teilweise etwas vernachlässigt. Was nicht bedeuten soll, dass "Luzifers Hammer" kein mitreißend erzählter Roman wäre; im Gegenteil, besonders die beeindruckende Schlussszene wartet mit einer unkonventionellen Konstellation auf. Das Grundthema wird virtuos wieder aufgegriffen und bis zum letzten Satz scheint die Spannung fast greifbar.
„Luzifers Hammer" hat sicherlich auch einige Schattenseiten. Das Hauptthema wird jedoch sehr mitreißend und routiniert geschildert. Dem Leser bleibt nach der aufwühlenden Lektüre noch einiges lebhaft in Erinnerung. Nur wegen einiger Mängel in Handlung und Sprache, die nicht zu ignorieren sind, ist den Autoren hier nicht der ganz große Wurf gelungen.
Larry Niven, Heyne
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