Zwei Seelen in der Brust
Stephenie Meyer wird wegen ihrer phänomenal erfolgreichen ";Biss.."-Roman bereits als legitime Nachfolgerin J. K. Rowlings gehandelt. Ihr neuer Roman ";Seelen", eine milde SF-Story über eine neue Invasion der Körperfresser, dreht sich hauptsächlich um eine ungewöhnliche Liebesbeziehung.
Meyers Alien-Körperfresser, die ";Seelen", so erfährt man, leben in den Körpern ihrer Wirte, ohne diese zu töten. Vom Wesen her grundsätzlich friedlich, könnte man die Schmarotzer fas als authentische Gutmenschen bezeichnen, denn nach der Übernahme des irdischen Humankapitals herrschen endlich Frieden und Harmonie. So weit, so schön. Nur leider hat die paradiesische Utopie einen Haken: Die Übernahme geschieht nicht in beiderseitigem Einvernehmen zwischen Mensch und Seele, denn die Persönlichkeit der Wirtskörper unterdrücken die Aliens rücksichtslos, sobald sie ihn durch einen chirurgischen Eingriff im Nackenbereich kapern.
Doch es gibt selbstverständlich Widerstand. Versprengte Gruppen und Grüppchen seelisch unabhängiger Menschen versteckt sich vor den alles befriedenden Aliens. So auch Melanie Stryder, die mit ihrem Bruder und Jared von Versteck zu Versteck hetzt. Zwischen Melanie und Jared entwickelt sich zarte Liebesbande, die jedoch jäh zerrissen werden, als der Teenager in die Fänge der Aliens gerät. Die haben ständig Bedarf an neuen Körpern, um sie mit aus dem All im tiefgefrorenen Zustand nachrückenden Aliens zu beseelen.
Doch Wanderer, so der Name des Aliens, der Melanies Körper eingesetzt wird, stellt schnell fest, dass Mädchen ein ziemlich starkes Ego hat. Sie beginnen zögerlich miteinander zu kommunizieren, bis Melanie Wanderer überzeugt, nach Jamie und Jared zu suchen, denn sie hat Hinweise auf ihr Versteck in der Wüste. Nachdem Wanderer Melanies Körper bei der Suche fast verdursten lässt, entdecken sie das Camp der Widerständler, die sie sofort gefangen nehmen. Unter den Menschen sind einige, die den Alien sofort töten wollen, doch obwohl Jared mehr als misstrauisch ist, kann er dies nicht zulassen. So entwickelt sich eine seltsame Ménage à trois, und während der Gefangenschaft wandelt sich Wanderer zu einem Teil der Flüchtlingsgemeinschaft.
Mädchen als Mäuschen
Nun, es wird schnell klar, was das große Thema von Stephenie Meyers neuem Roman ist. Sie stellt die Frage nach dem, was Menschsein bedeutet. Oder verliebtes Mädchen sein, dass mit unerwiderter Liebe zurechtkommen muss und die Konkurrenz im Kampf um den Lover immer im Schlepptau hat. Da bleibt nicht viel Raum für Souveränität, passives Habmichlieb-Verhalten macht aus einem lernwilligen Alien keinen Menschen.
Übrigens auch nicht aus Melanie. Wie schon in den ";Biss..."-Romanen, wo die Hauptfigur Bella sich über mehrere Tausend Seiten kleinmacht, um ihrem starken und schönen Vampir zu gefallen. J. K. Rowling hat auch über Teenagerliebe geschrieben. Doch wo die Engländerin ihre wichtigste weibliche Hauptfigur Hermine Granger mit reichlich Energie zur Selbstbehauptung versehen hat, sind Meyers Protagonistinnen nur als dekorative Anhängsel ihrer Angebeteten ausgelegt.
Ob diese im Grunde erzkonservative Darstellung des Verhältnisses von Mann und Frau sowie die Befriedung (oder Missionierung?) der Menschheit durch Aliens aus dem All etwas mit Stephenie Meyers stramm mormonischen Glauben zu tun haben, soll Gegenstand einer anderen Betrachtung sein.
Stephenie Meyer, Carlsen
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