Sommer der Hexen
- Kbv
- Erschienen: Januar 2008
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Die Inquisition und das Teufelskind
Im kleinen Eifelort Marmagen lebt es sich geruhsam. Die Hektik der Großstadt Köln ist zum Glück weit weg, hier kennt man noch seine Nachbarn und der allseits geachtete Ortsvorsteher ist mit fast jedem per Du. Die ärztliche Betreuung der Bewohner und der Bauern aus der Umgebung teilen sich der engagierte Allgemeinarzt Dr. Peter Meinert und die Heilpraktierin Ines Böringer. Obwohl sie einander kaum kennen, schätzen und achten die beiden die Fähigkeiten des jeweils anderen.
Noch wissen sie nicht, dass das Schicksal sie zu Weggefährten machen wird. Als eine vermeintliche Gasverpuffung im Kanalnetz der malerischen Kleinstadt alle Gullydeckel weit in den Himmel schleudert und sie bei der Erstversorgung der Verletzten gefragt sind, arbeiten sie zum ersten Mal Seite an Seite. Was aber war die Ursache für die Druckwelle, was nur geht in dem Ort, den scheinbar Zeit und Raum vergaß, vor?
Kurz hintereinander findet Dr. Meinert drei Leichen. Fast dreihundert Jahre sind sie alt. Eines der Skelette, offensichtlich ein Kind weist Hörner am Kopf und Klauen an den Extremitäten auf, eine Moorleiche gibt weitere Rätsel auf. Damit nicht genug, erhebt scheinbar ein längst besiegt geglaubtes Übel sein Haupt - die Pest soll umgehen, wild gewordene Ratten treiben die Menschen aus ihren Häusern.
Als Wolf Krüger und sein BKA-Team im Ort eintreffen merken die Ermittler in Sachen okkulten Verbrechens bald, dass die Ursachen der absonderlichen Vorgänge in der Vergangenheit zu suchen ist. Die Hinweise deuten auf die Zeit des 30-jährigen Krieges hin. Eine Ära, in der gerade in der Eifel Inquisitoren in Diensten der heiligen katholischen Kirche Angst und Schrecken unter dem Menschen verbreitet haben, in der die Scheiterhaufen voller angeblicher Hexen hell brannten ...
Lebendige Geschichte voller Dramatik
Georg Miesens Romane um Wolf Krüger und seine Kollegen von BKA erfreuen sich großer Beliebtheit. Geschickt verbindet der Autor in seinen Werken Krimielemente mit phantastischen Sequenzen und einem überzeugendem Lokalkolorit. So sind die Romane auch für Leser außerhalb der Eifel ein Genuss. Nicht umsonst hat der ursprünglich auf Krimis ausgerichtete Verlag zwischenzeitlich eine kleine, aber feine Phantastik-Edition in sein Programm mit aufgenommen.
Dieses Mal hat Miesen sich einen alten Roman aus eigener Feder vorgenommen. Unter dem Titel ";Hexensommer in der Eifel" erschien selbiger, längst restlos vergriffener Roman 2002 in einem kleinen Verlag. Zwischenzeitlich hat er das Werk sorgsam überarbeitet und seinem Serienkosmos angepasst.
Interessant ist, dass die Erzählung auf zwei historisch verbürgten Gestalten beruht. Sowohl den Klostervorstand, Abt Norbert Horrichem, als auch den Hexenjäger Buirmann gab es wirklich. Sie lebten und wirkten Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts.
Geschickt wechselt Miesen im Verlauf des Textes immer wieder die Erzähl-Ebene, berichtet uns ausgehend von der Jetztzeit in Rückblenden von den historisch verbürgten Vorgängen der Vergangenheit. Hier erhält den Rezipient einen fundiert recherchierten Einblick in die Arbeitsweise der hochnotpeinlichen Befragung, ins Handeln und Denken der damaligen Menschen.
Schnell wird dem Leser deutlich, was sich hinter den Vorgängen verbirgt. Doch die Figuren des Romans haben es nicht ganz so einfach, den Mysterien auf die Spur zu kommen. Nur wenn sie alle zusammenarbeiten und ihre wohl gehüteten Geheimnisse offenbaren, kann dem bedrohlichen Treiben Einhalt geboten werden. Diese Entwicklung, die Suche nach den Ursachen, die Entwicklung des Verhältnisses der Personen zueinander machen den Roman so interessant. Man fiebert unwillkürlich mit, ob und wie es den Protagonisten gelingen wird, die Rätsel rechtzeitig aufzudecken und weiteres Unheil zu verhindern.
Dass Wolf Krüger und seine aus den bisherigen Romanen bekannten Mannschaft erst spät ins Geschehen eingreifen, erweist sich als Glücksfall. Nicht etwa, weil der kantige Ermittler nicht in der Lage wäre, die Leser zu fesseln, sondern weil der Autor so Raum erhält, uns zunächst Marmagen und seine Bewohner über die Jahrhunderte hinweg vorzustellen, Atmosphäre aufzubauen und die Rätsel behutsam einzuführen. Wie schon in seinen anderen Romanen sind es die Figuren, mit denen der Autor wuchert. Er hat die Gabe, seine Gestalten lebensecht und vielschichtig zu portraitieren, zwischenmenschliche Beziehungen, Animositäten ebenso wie Zuneigung ohne falsche Pathos überzeugend zu schildern.
So ist der Leser zunächst fast unmerklich an die Seiten gebannt, verbinden sich die kriminalistischen Elemente nach und nach mit den übernatürlichen Vorgängen zu einer brisanten Mischung, die den Leser kaum mehr als ihrem Bann lässt.
Georg Miesen, Kbv
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