Gefangen im Orbit
Auf rund 400 Seiten schießt John J. Nance Leserinnen und Leser in die Erdumlaufbahn. Sein Buch ";Orbit" erzählt eine spannende Geschichte aus den Anfängen der privaten Raumfahrt. Der Hauptakteur ist Kip Dawson. Er gewinnt einen Freiflug ins All an Bord des Raumgleiters ";Intrepid". Kip freut sich auf den Flug wie ein Kind. Als der Tag des Starts endlich gekommen ist, kann er es kaum abwarten. Sein Ziel: einmal die Schönheit der Erde aus dem Weltraum zu betrachten. Der Start gelingt tadellos - aber dann geschieht die Katastrophe. Ein Trümmerstück durchschlägt beim Einschwenken in den Orbit die futuristische, selbst versiegelnde Hülle der Intrepid. Der Druck in der Kabine bleibt stabil, aber der Pilot ist getroffen und stirbt. Kips einstiger Kindheitstraum entwickelt sich zu einem Alptraum.
Die Kollision des Shuttles mit dem Trümmerstück hat Kommunikationsanlagen und Antrieb beschädigt. In der klaustrophobischen Enge des Schiffes bleibt Kip nur eines: warten. Warten auf eine Rettung, an die er selbst nicht glaubt.
Auf dem Boden im Kontrollzentrum herrscht Panik. Das winzige Schiff im Orbit scheint unerreichbar. Doch am Horizont flackert ein Hoffnungsschimmer auf, als Japaner, Amerikaner und Russen zu Rettungsmissionen aufbrechen wollen. Ein prestigeträchtiger Wettlauf der Nationen beginnt, dem Kip jedoch zuvor kommt: Bei einem riskanten Weltraumspaziergang repariert er das Schiff und kann alleine zur Erde zurückkehren.
Der Thriller von John J. Nance ist angelegt wie einer der großen Hollywood-Blockbuster. Von Kapitel zu Kapitel springt die Handlung in harten Schnitten von einem Ort zum anderen. Die einzelnen Szenen beginnen dabei immer wieder mit pathetischen Gesten. So strotzt das Buch vor stereotypen Charakteren und vorhersehbaren Handlungssträngen und enthält alles, womit das große US-Kino den Zuschauer unterhält: Da sind Undercover-Agentinnen in geheimer Sabotage-Mission bei der NASA unterwegs. Hochdekorierte Generäle der US-Armee werkeln an der Rettung des gestrandeten Passagiers mit. Und selbstverständlich nimmt sich auch der amerikanische Präsident der Sache an - mal an Bord der Air Force One und mal im Oval Office. Kurz gesagt: Zu viele Personen rühren in der Handlung herum und machen sie breiig, wenig interessant, schwer zu durchschauen und - selbst für ein Science Fiction-Buch - extrem unglaubwürdig. Leserinnen und Leser beschleicht das Gefühl, dass alles schon mal irgendwo im Kino oder im Fernsehen gesehen zu haben.
Großes Kino, aber nur geringer Lesespaß
Das Buch ist bedingt durch die beständigen Sprünge schwer zu lesen. Ganz zu schweigen von der hohen Anzahl an oberflächlichen Charakteren, sich auf jeder Seite tummeln und so viel zur Handlung beitragen, wie ein Passagier zur Landung eines Flugzeugs.
John J. Nance hat mit Orbit eigentlich einen Drehbuchentwurf geschrieben, der auf der großen Kinoleinwand durchaus funktionieren kann. Komprimiert auf Spielfilmlänge kann die Handlung ihre Dynamik vielleicht besser, mitreißender entfalten, als auf 400 Seiten mit 46 Kapiteln und zig Unterkapiteln.
John J. Nance, Bastei-Lübbe
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