Im Bann des Vampirs
- Ullstein
- Erschienen: Januar 2007
- 7
Die Cheerleaderin und die Feen
Ashford, Georgia. Hier, eine gute Autostunde von Atlanta entfern, in einer Gegend, in der sich die Nachbarn noch kennen, in der man sonntags zur Kirche geht und die Bars auch am Wochenende spätestens um 1 Uhr schließen, wachsen die beiden Schwestern Lane auf.
MacKayla Lane, die jüngere der beiden Südstaaten-Schönheiten, interessiert sich für Mode - pink ist und bleibt dabei die Lieblingsfarbe der gut gebauten Blondine mit den grünen Augen - und Popmusik. Am Wochenende jobbt sie hinter dem Tresen in einer Bar, ansonsten widmet sie sich neben der High-School dem Nägellackieren, dem Baden und den Jungs ihrer Heimat.
Eines Tages aber ist es abrupt vorbei mit dem unbeschwerten Leben - ein Anruf und ihre heile Welt stürzt in sich zusammen. Ihre Schwester, die sich zum Studium in Dublin aufhielt, ist brutal ermordet worden, die Suche nach dem Täter verlief ergebnislos. Doch so einfach lässt sich die 22-jährige nicht abspeisen. Gegen den Willen ihrer Eltern fliegt sie nach Irland und macht sich auf die Suche nach dem Mörder.
Nur zu bald merkt sie, dass ihre Schwester hier ein ganz anderes Leben geführt hat als vermutet. Von der strebsamen Schülerin, der aufgeschlossenen Kommilitonin ist nichts mehr aufzuspüren. Mehr und mehr hat sie sich von der Uni und ihrem Bekanntenkreis zurückgezogen und ging an der Seite eines älteren, offensichtlich vermögenden Mannes ihre eigene Wege.
Im letzten Telefonat, das MacKayla auf ihrer Mailbox findet teilt sie allerdings mit, dass ";er zu ihnen gehört", und dass nur das Auffinden des ";Sinsar Dubh" das drohende Unheil aufzuhalten vermag. Was nur hat ihre Schwester mit diesen rätselhaften Worten gemeint?
Doch dann geschieht etwas, das MacKayla zunächst die Botschaft aus dem Grab vergessen lässt. Sie beginnt zu halluzinieren - denn das kann doch nicht sein, dass sie immer öfter auf der Strasse und in Pubs monströse Wesen bei ihren widerlichen Taten beobachtet. Vor dem Grauen ganzer verlorener Stadtteile flieht sie in die vermeintliche Sicherheit einer luxuriösen Buchhandlung. Der Besitzer, Jericho Barrons, aber kennt sich mit den bösen Feen aus. Begleitet von einem immerwährenden Kampf der beiden ungleichen Streithähne machen sie sich auf, das Erbe MacKaylas als Sidhe-Seherin zu erkunden und den Mörder ihrer Schwester aufzuspüren. Alles scheint mit dem Millionen Jahre alten Buch Sinsar Dubh zusammenzuhängen. Neben unseren beiden suchen Vampire, die Elfenprinzen und Mafiosi nach dem mächtigen Artefakt - doch sie alle benötigen einen Sucher, und nun raten sie einmal, wem das Schicksal diese Aufgabe zugedacht hat ...
Urban Fantasy - ein Garant für hohe Umsatzzahlen
Urban Fantasy - keine andere Spielart der phantastischen Literatur floriert derzeit in einem Ausmaß wie die Geschichten von übernatürlichen Wesen, die sich verborgen oder offen in unserer modernen Welt bewegen. Die überwiegend weiblichen Autoren gehen bei der Anlage ihrer Serien erstaunlicherweise doch recht einheitlich vor. Eine junge Protagonistin wird in den Einflußbereich der übernatürlichen Wesen gezogen, muss dort entscheidend zur Rettung der Welt und natürlich sich selbst eingreifen und trifft dabei auf charismatische Alpha-Männer.
Karen Marie Moning reiht sich recht nahtlos in diese Reihe ein. Zwar suchen wir hier die typischen Vertreter ihrer Zunft - laszive Vampire, dominante Werwölfe und Co - vergebens, doch auch die Feen sorgen für Geheimnisse, Verwicklungen und Dramatik satt.
Mit ihrer Heldin hat die Autorin einen guten Griff getan. Selbstironisch, überschwänglich, impulsiv aber auch treu, so könnte man sie wohl treffend charakterisieren. In einem betont flapsigen Stil, der mich so manches Mal an Charlaine Harris (Sookie Stockhouse) oder MaryJanice Davidson (Betsy) erinnert hat, begibt sich das Abziehbild einer jungen Southern Belle mitten hinein ins alt-ehrwürdige Irland. Mit staunenden Augen begeistern sie die Pubs und die alten Bauwerke der grünen Insel, geht sie im Flair der alten, traditionsbehafteten Metropole auf. Das wirkt gerade in der etwas naiven Begeisterung überzeugend und nachvollziehbar.
Auch die Idee, die Feen nicht als strahlende kleine Lichtwesen oder böse Heinzelmännchen zu portraitieren, verleiht der Handlung Glaubwürdigkeit. Das sind keine Feen, die mit ihrem Zauberstab ihren magischen Staub verteilen, das sind Monster, die sich an einer anderen Spezies gütlich tun.
Mit dem einander spinnefeind agierenden Paar der jungen, offenen Amerikanerin und des verknöcherten, traditionsbewussten Iren sorgt die Autorin für weitere interessante Verwicklungen und Wortduelle. Hier steht Emotion gegen Ratio, Impulsivität gegen intellektuelle Behäbigkeit, wobei sicherlich ein Happy End angedacht sein wird. Dennoch, die Reibereien der beiden so ungleichen und unwilligen Verbündeten sorgt für weitere Spannung und Pep.
Dass MacKayla dabei, wie auch in ihren Handlungen auch, oftmals über das Ziel hinausschießt, dass sie entgegen aller Vernunft und damit nicht immer glaubwürdig oder folgerichtig agiert, muss der Leser allerdings hinnehmen. Auch die Darstellung der Bösewichte ist doch ein wenig stereotyp und einseitig ausgefallen. Was motiviert die Helfer der Feen. die Menschen zu verraten? Warum agieren die Sidhe, wie sie agieren? Was steckt hinter den Plänen? - Fragen, die zumindest im ersten Band kaum angeschnitten, geschweige denn erklärt oder beantwortet werden.
Dennoch weiß vorliegender Roman seine Leser - die Zielgruppe dürfte wohl hauptsächlich bei den jüngeren Leserinnen liegen - zu faszinieren. Spannende Rätsel, ein paar Kämpfe gemischt mit einer Menge Gefühl, ein wenig angedeuteter Erotik und einem gut lesbaren, flüssigen Stil ziehen einen schnell in ihren Bann. Im Oktober 2007 erscheint der zweite Teil der Abenteuer - ein Ende ist zumindest bislang nicht absehbar.
Karen Marie Moning, Ullstein
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