Der Zeitkrieg
- Heyne
- Erschienen: Januar 2005
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Ein Straucheln auf der Zielgeraden?
Mit dem Kantaki-Universum hat Autor Andreas Brandhorst eine Space-Opera-Reihe erschaffen, die in deutschen Landen ihresgleichen sucht. Nach zwei vorzüglichen Teilen bildet "Der Zeitkrieg" den Abschluss der ersten Trilogie in diesem Universum. Doch kann der Autor das Niveau der ersten beiden Bände auch in diesem Buch halten?
Der finale Konflikt
Als Rungard Avar Valdorian, der frühere Primus des Konsortiums, erkennt, dass er benutzt worden ist, ist es bereits zu spät. Beeinflusst von den verbrecherischen Temporalen, hat Valdorian einen Splitter des zerstörerischen Omnivors befreit. Die Temporalen, nach dem ersten Zeitkrieg in einer fernen Dimension - dem Null - gefangen, können nun aus ihrem Gefängnis entkommen. Jetzt haben sie nur ein Ziel: alles Leben im Weltraum auszulöschen. Endlich soll das fünfte und letzte Zeitalter des Kosmos beginnen.
Es kommt zu einem zweiten Zeitkrieg, der sich noch verheerender auswirkt als die legendäre erste Auseinandersetzung mit den Temporalen. Durch Manipulationen haben die Temporalen unendlich viele alternative Zeitlinien erschaffen. Allen diesen Dimensionen droht nun die endgültige Auslöschung. Mit vielen anderen Spezies stellen sich die Kantaki dem Feind entgegen. Immer weiter und schneller zersetzen sich unterdessen die Realitäten. Die tapferen Verteidiger stehen längst auf verlorenem Posten - so scheint es. Nur die Verhinderung einer Einflussnahme der Temporalen, am originären Manipulationspunkt, könnte die drohende Niederlage noch verhindern. Und wieder einmal rücken die Kantaki-Pilotin Diamant und Valdorian ins Zentrum des Geschehens.
Pflicht und Kür
Wie bereits seine beiden Vorgänger bietet auch dieses Buch eine rasante Handlung mit vielen halsbrecherischen Aktionen. Als letzter Band der Trilogie muss "Der Zeitkrieg" aber auch die Handlungsstränge beider Vorgänger zusammenführen und zu einem logischen Ende bringen - keine leichte Aufgabe. Raimon und Bruder Eklund aus "Der Metamorph" sind nur Randfiguren. Brandhorst konzentriert sich in diesem Buch wieder mehr auf die beiden Charaktere Diamant und Valdorian, deren Konflikt aus "Diamant" nie vollends aufgelöst wurde.
Bevor sich dieser Schwerpunkt jedoch abzeichnet, muss sich der Leser durch ein Sammelsurium einander überlappender Realitäten kämpfen. Valdorian und Diamant kommen nicht als einmalige Individuen vor. Viele Versionen dieser Menschen, mit unterschiedlichen Erfahrungen und Einstellungen, existieren in den alternativen Realitäten. Dabei sitzen den Helden heimtückische Assassinen stets im Nacken. Viele Buchseiten vergehen, bis der Leser sich endlich mit einer Version der Hauptfiguren anfreunden darf.
Die ständig wechselnden Realitäten machen es nicht immer einfach, der Handlung zu folgen. Immer wieder springt Brandhorst zu anderen Versionen der Figuren. Einige davon müssen letztlich auch das Zeitliche segnen. Und nicht nur, dass die Realitäten sich stark unterscheiden, auch die Zeitlinien werden oft gewechselt. Eine Hoffnung für die tapferen Helden ist lange Zeit nicht in Sicht und so fehlt es auch an einem roten Faden zur Orientierung. Ohnmächtig stolpern die Figuren durch die Dimensionen, den verwirrten Leser im Schlepptau.
Schlecht geerdet
Was dem Autor mit dieser Reihe bisher problemlos gelungen ist, vermisst man in "Der Zeitkrieg" zu Anfang schmerzlich: Ein gut geerdetes Grundgerüst. "Diamant" hat Elemente einer Romanze, "Der Metamorph" ist beinahe ein Mysterythriller, in beiden ist schnell ein Ziel, ein grundlegender Konflikt klar. "Der Zeitkrieg" hat diese Klarheit über weite Strecken nicht. Die erste Hälfte des Buches wimmelt geradezu vor abstrakten Beschreibungen fremder Dimensionen, umständlicher Erklärungen und Langatmigkeit. Bevor jedoch jeder Fan der Serien die Flinte ins Korn wirft, zeichnet sich gegen Ende eine deutliche Entwicklung ab. Endlich greift Brandhorst auf die interessanten Themen seines Weltentwurfs zurück. Die Geschichte um Diamant und Valdorian wird plötzlich greifbar und spannend.
Viele Seiten dieses Buches hätten in dieser Form nicht sein müssen. Brandhorst ist mit besten Voraussetzungen, wie einem fabelhaften Storygerüst, einem guten Weltentwurf und konfliktträchtigen Beziehungen an dieses Buch gegangen. Erst mit den letzten Seiten kann der Autor all dies nutzen. Im Finale wird der Kreis zu Band 1 geschlossen und doch noch einmal das Feuer entfacht, das das Kantaki-Universum so einzigartig macht.
Andreas Brandhorst, Heyne
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