Der Fluch des Bettlers
- Bastei-Lübbe
- Erschienen: Januar 2008
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Opfer oder Verräter?
Der sechste Band der „Drei Welten"-Saga des australischen Schriftstellers Ian Irvine trägt den Titel „Der Fluch des Bettlers". Der Titel bezieht sich auf ein Ereignis aus dem fünften Band „Dunkler Mond". Der Chronist Llian wurde von Turlev, mit dem er lange zuvor in Chanthred aneinander geraten war und der nun sein Dasein als Bettler fristet, verflucht. Er selbst ging lässig darüber hinweg, doch Karan, die Empfindsame, deutete das Ereignis als böses Omen.
Tallia erreichen Briefe von Lilis, dem ehemaligen Straßenkind, das sie in die Obhut Nadirils und der großen Bibliothek in Zile gegeben hat. Die Reise in ihre Heimat Crandor tritt sie auf der „Heimatlosen" mit Kapitän Pender an. Doch es gibt Ärger, denn der Pirat Bel Gorts hat es auf das geladene Quecksilber abgesehen. Penders Mannschaft bringt ihn um diese Beute, doch Bel Gorst lässt als Vergeltung den Kapitän entführen. Außerdem findet Tallia Hinweise darauf, dass der Pirat auch Lilis Vater einst gekidnappt hat.
Unterwegs auf eigenen Wegen
Die Gemeinschaft hat sich aufgelöst. Yggur konnte es nicht abwarten, nach Thurkad zurück zu kommen und Mendark macht sich in geheimer Mission auf den Weg nach Havissard, die Feste Yalkaras. Dort hofft er aus Aachangold gefertigten Schmuck zu finden, mit dem man eine neue magische Flöte erschaffen kann. Doch jemand kommt ihm zuvor.Llian und Karan kommen endlich nach Gothryme, doch der erhoffte Frieden will sich nicht einstellen. Zu schwerwiegend, sind die Zerstörung und Verarmung des Guts. Zudem mehren sich die Anzeichen, dass Rulke seinen entscheidenden Zauber zur Überwindung der Düsternis ganz in der Nähe vorbereitet. Immer wieder infiltriert er Llians Geist. Kann sich der Chronist dauerhaft gegen den unheilvollen Bann Rulkes wehren?
Der Vorgängerband „Dunkler Mond" präsentierte sich kompakt mit wenigen Handlungsebenen. Nun trennte sich die Gruppe und die meisten Akteure kämpfen an unterschiedlichen Fronten. Ian Irvine erzählt, ähnlich wie Tad Williams, gern zusätzliche Geschichten, denen ein Zusammenhang mit der eigentlichen Handlung zunächst fehlt. In „Der Fluch des Bettlers" sind Tallia und der Kapitän der „Heimatlosen" Pender Hauptfiguren einer solchen Sidestorie. Der Autor vollendet zum Ende des „Drei Welten" Zyklus unaufgelöste Handlungsstränge und schließt hier die Suche nach Lilis Vater Jevander ab. Davon profitiert die Kernhandlung zwar kaum, aber man genießt ein rasant erzähltes Abenteuer, in dem Tallia endlich aus Mendarks Schatten heraustritt. Sie gewinnt Selbstbewusstsein und einer neue, emotionale Seite. Wie schon in „Dunkler Mond" gönnt Ian Irvine seinen Lesern zunehmend Einblicke in die Mysterien der „Drei Welten". Yalkaras Festung Havissard offenbart Hinweise, die erahnen lassen, das hinter ihrer Flucht mehr steckt, als nur ein genialer Coup.
Kann man dem Zain vertrauen?
Als roter Faden zieht sich die Frage, ob Rulkes Manipulation Llian zum Verräter werden ließ, durch den Roman, dem Chronisten wird in „Der Fluch des Bettlers" mächtig zugesetzt. Ihr väterlicher Freund Shand bringt Karan mit seinem Misstrauen gegenüber dem Zain dazu, ihren Geliebten zurückzuweisen, ihre große Liebe scheint endgültig zerstört.
Der Fluch des Bettlers" hat zwar nicht ganz so viel Aktion zu bieten, wie die beiden Vorgänger, überzeugt aber durch emotionale Dramatik und überraschende Entwicklungen. Man kann sich nie sicher sein, die Motive und Aktionen der Protagonisten in der Gegenwart oder Vergangenheit richtig eingeordnet zu haben. Manche Erkenntnis und Kraft scheint allerdings vom Himmel zu fallen, ihr Erscheinen wirkt nicht immer schlüssig.
Zum Schluss sei darauf hingewiesen, dass trotz der Ankündigung auf dem Klappentext „Sechster, in sich abgeschlossener Teil des Zyklus 'Die drei Welten'" „Der Fluch des Bettlers" als einzeln gelesener Roman kaum verständlich sein dürfte. Zwar können in Vergessenheit geratene Einzelheiten der Geschichte in dem stets aktuell gehaltenem Glossar nachgelesen werden, aber die Story ist zu weit fortgeschritten, als das ein so später Einstieg in die Serie möglich wäre.
Ian Irvine, Bastei-Lübbe
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