Fantasy, erfrischend wie eine Meeresbrise
Christoph Hardebusch ist einer der Durchstarter unter den deutschsprachigen Fantasyautoren. Bereits sein erster Roman "Die Trolle" wurde mit dem deutschen Phantastik-Preis 2007 ausgezeichnet, der Nachfolger "Die Schlacht der Trolle" war nicht minder erfolgreich und wenn im September 2008 "Der Zorn der Trolle" erscheint, wird das Hardebuschs Stellung im Fantasy-Genre weiter festigen. Dass der Wahl-Heidelberger aber mehr kann, als solides Handwerk in Tolkien'scher Tradition zu fertigen, zeigt er nun mit seinem neuen Roman.
Der erste Eindruck trügt: Während auf dem Buchcover ein angriffslustiger Drache der zerfetzten Takelage eines Segelschiffes den Rest gibt, taucht in der Geschichte nicht ein einziger auf. Überhaupt ist Magie, wie sie massentaugliche Fantasy auszeichnet, ausgesprochen dünn gesät in "Sturmwelten". Doch das schadet nicht, im Gegenteil: Das Buch ist für die deutschsprachige Fantasy so erfrischend, wie eine Brise am Meer.
Hardebusch erzählt eine Geschichte, die an die Tradition der Hornblower-Romane von C.S. Forester anknüpft, die aber auch spontan an Errol Flynns Piratendarstellungen denken lässt. Hauptorte der Handlung sind die Decks zweier Schiffe, die der "Todsünde", die unter Piratenflagge segelt, und die der "Mantikor", eine Kriegsfregatte der thaynrischen Marine. Im Mittelpunkt der farbigen Erzählung stehen der hiscadische Adlige Jaquento, der aus verschiedenen Gründen zu neuen Ufern aufbrechen will. Bevor er sich versieht, gehört er zur Besatzung von Kapitän Deguay, der ihn für seine Kaperfahrt anheuert. Auf der "Mantikor" tritt unterdessen die blutjunge Offizierin zur See Roxane Hedyn ihren Dienst an. Noch unsicher, aber voller Eifer, gerät sie bald in Konflikt mit ihrem Eid.
Ziel der beiden unterschiedlichen Segler ist die koloniale Sturmwelt, eine karibisch anmutende Inselgruppe, deren reiche Rohstoffvorkommen den thaynrischen Handelskompagnien immense Gewinne auf dem Heimatmarkt bescheren. Doch Handel und Profit haben eine dunkle Seite: Trotz offiziellen Verbots, schuften sich Sklaven auf einer der Inseln in Erzminen zu Tode. Unter ihnen ist Majagua, der für seinen unbändigen Freiheitswillen auch sein Leben riskieren würde.
In einem vierten Strang erfahren die Leser von Franigo, einem Dichter aus Corbane. Der kulturell beschlagene Chef der Geheimpolizei stellt ihn als Haus- und Hofdichter an, was für den vormals eher armen Poeten ein Aufstieg sondergleichen bedeutet. Doch er wird bequem, und von sich eingenommen schreibt er ein Spottgedicht auf den Adel, was das Aus seiner Karriere in Corbane bedeutet und das Ende seines Leben nach sich ziehen könnte.
Und die Magie? Nun, wie gesagt, die vermisst man garnicht. Das Buch ist so einnehmend geschrieben, die Personen so liebevoll charakterisiert, dass man beinahe stutzig wird, wenn es fast am Ende zu unerwarteten magischen Eruptionen kommt. Zwar gibt es eine Religion namens "Einheit" und die dazugehörige Priesterkaste, doch die einzige milde Ungewöhnlichkeit ist ihre Kommunikationsmethode.
Ein wichtiger Schritt für die deutschspachige Fantasy
"Sturmwelten" ist ein Roman, der Erwartungen enttäuschen kann. Wer hofft, sich hier mit Drachen im Dutzend und Magie en Masse unterhalten zu können, wird wenig Freude damit haben. Wer aber ein Faible für richtig gute Abenteuergeschichten hat, gewürzt mit ein bisschen Magie, der wird das Buch bis zur letzten Seite nicht mehr aus der Hand legen können. Christoph Hardebusch geht das Wagnis ein, seine eingefleischten Fans mit etwas völlig Neuem zu konfrontieren.
Mit diesem Roman zeigt er klar, dass Zauberer und mittelalterliche Settings nicht nötig sind, um gute Fantasy zu schreiben. Ein nächster Schritt für Hardebusch könnte Historische Fantasy sein, ein fruchtbares Feld, das Kai Meyer schon länger erfolgreich beackert.
Elfen, Trolle und Zwerge haben ihre Berechtigung, doch Romane wie "Sturmwelten" entwickeln die deutschsprachige Fantasy weiter.
Christoph Hardebusch, Heyne
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