Eine sanfte Erzählung...
Auf dem Planeten Aka ist es verboten, die vergangene Geschichte zu erforschen oder darüber zu sprechen. Dadurch soll der Weg für technischen Fortschritt und intellektuelle Freiheit geebnet werden. Das Studieren alter Schriften und Bücher steht unter Strafe. Andersdenkende, Homosexuelle oder Regimekritiker werden gnadenlos ausgemerzt. Die Regierung ist besessen in ihrer Verfolgung von Abweichlertum.
Die junge Linguistin Sutty wird von der Ökumene der Welten als Beobachterin auf den Planeten Aka entsannt. Sehr schnell stellt sie fest, daß alle auf diesem Planeten bereit sind, in dieselbe Richtung zu gehen, dieselbe Sprache zu sprechen und an dieselben Dinge zu glauben.
Kaum jemand erinnert sich an die Vergangenheit und diejenigen, die solches Wissen noch besitzen, hüllen sich in Schweigen aus Angst vor drakonischen Strafen seitens der Regierung. Sutty selbst wird zuvorkommend behandelt, erhält jede Menge Informationen, die aber wiederum nur die Gegenwart betreffen. Um so mehr ist sie überrascht, als man ihr die Erlaubnis erteilt, die entlegenen Bergregionen zu besuchen und zu erkunden.
Dort trifft sie auf ein Volk, das bemüht ist, seine Kultur aufrecht zu erhalten. Es sind die Erzähler (die Maz), die mit ihren beeindruckenden Geschichten - eine Symbiose aus Mythos und Realität - gegen alle Protokolle und Gesetze Akas verstoßen. Sutty ist fasziniert von diesen Leuten, deren Weisheit fast grenzenlos zu sein scheint. Immer tiefer dringt sie in die Geheimnisse der Erzähler ein, gewinnt ihr Vertrauen und begleitet sie schließlich zu einem geheimen Ort in den Bergen. Dort macht sie eine unglaubliche Entdeckung.
Anklage gegen Engstirnigkeit und Fanatismus
Erzählungen, die sich einfach nur mit dem Wort "wunderschön" beschreiben lassen, sind selten geworden. Ursula K. Le Guins "Die Erzähler" ist zweifellos solch eine Geschichte.
Die Autorin macht den Begriff "Intoleranz" zum Hauptthema ihrer Geschichte. Dabei bleibt sie jedoch immer objektiv und überläßt es dem Leser, seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Sie verurteilt jegliche Art der politischen Unterdrückung oder Verfolgung, klagt diejenigen an, deren Engstirnigkeit und Fanatismus anders denkende ins Unglück stürzen. Besonders beeindruckend fand ich die auf hohem Niveau stattfindenden Dialoge, mittels derer ihre Protagonisten Konflikte lösen, ohne dabei Gewalt anzuwenden. In ihrer Geschichte werden Geschichten erzählt, Weisheiten ausgetauscht und wundervolle Diskussionen geführt.
Die Welt ist nur so schlecht, wie wir sie uns machen, könnte man sagen. Ursula K. Le Guin´s Roman enthält sehr viel Lebenserfahrung, Poesie und Träume nach einer besseren Welt, ohne dabei überholt oder gar kitschig zu wirken. Es ist eben: ";Eine wunderschöne Geschichte";. Nicht mehr, aber auch keineswegs weniger.
Ein leiser Aufruf gegen Gewalt, Zerstörung und Intoleranz. Eine sanfte, ganz ruhige, aber auch mahnende Erzählung, die den Leser noch lange zum Nachdenken anregen wird. Ein Kleinod mit philosophischem Anspruch das in jedes Bücherregal gehört.
Fazit: Kaufen, Lesen, Träumen
Ursula K. Le Guin, Heyne
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