Die Ufer der neuen Welt
- Heyne
- Erschienen: Januar 2008
- 2
Zeitreisen - Lieferung verlorener Preziosen inklusive
Willkommen in der Welt von Dr. Zeus. Sie möchten ein unbekanntes Gemälde von van Gogh, eine ausgestorbene Rosenart oder doch lieber eine Erstausgabe der Werke Shakespeares - kein Problem, Dr. Zeus entsendet einen seiner unsterblichen Agenten durch die Zeit, um ihnen das Gewünschte zu besorgen. Und wenn es sein muss, werden auch ganze Dörfer komplett mit ihren Bewohnern in die Zukunft verfrachtet - alles lediglich eine Frage des Honorars.
Zwei Einschränkungen gibt es - die Zeitreisenden können die dokumentierte Vergangenheit nicht ändern, und nur Babies sprechen auf die medizinische Umgestaltung ihres Körpers zu nicht alternden Homo Superiors an.
Rothäute ohne Federschmuck
Dieses mal begleiten wir die Botanikerin Mendoza und den Inquisitor Josef, aus dessen Sicht der Roman erzählt wird, in die Neue Welt. Ein Auftraggeber hat einen ganzen Indianerstamm geordert und so macht sich Josef in der Verkleidung des Coyotengottes der Humashup auf ins 16. Jahrhundert. Behutsam soll er die Indianer auf die Umsiedelung vorbereiten, soll ausgehend von deren Mythen und Überlieferungen für einen behutsamen Übergang sorgen...
Wo bleibt die überzeugende Darstellung einer indianischen Kultur? Langeweile Pur!
Wer aber Kämpfe der Rothäute gegen die vordringenden Spanier erwartet, der sieht sich ge- und enttäuscht. Es passiert kaum etwas in diesem Roman. Nach einer überflüssigen Einführung, die uns das Leben in einem der Erholungszentren Dr. Zeus´ auf gut 100 Seiten präsentiert, hatte ich erwartet, dass es einmal in Kalifornien angekommen in die Vollen geht. Zwar präsentiert uns die Autorin ein paar indianische Sagen und Mythen, die Darstellung des Indianerstammes selbst aber ist schlicht lachhaft. Da werden uns die Rothäute als imperialistisch-kapitalistische Super-Unternehmer präsentiert, die ihre Arbeiter ausbeuten, sich ihre Muschelgeldschnüre um den Hals hängen und sich im Kanumacher-Verband etc. organisieren sowie eifersüchtig über ihre Monopole wachen. Das ist schlicht unglaubwürdig, in der Ausführung langatmig, ja langweilig.
Wo bleibt das so hochgelobte Lokalkolorit Bakers, wo die glaubwürdige Darstellung einer realistischen Vergangenheit?
Es passiert so gut wie nichts auf den fast 450 Seiten, statt die kulturellen und gesellschaftlichen Errungenschaften der Indianer in den Vordergrund zu rücken, dienen diese als Persiflage auf moderne Börsianer und Aufsichtsratsvorsitzende. Immer wieder einmal blitzt das Erzähltalent Bakers auf. En passent wirft sie die Fragen auf, wer hinter Dr. Zeus steckt, was mit verschwundenen Agenten passiert ist, wie die unsterblichen Agenten beeinflusst und im Zaum gehalten werden. Hier zeichnet sich vage ein Geheimnis ab, das hoffentlich in einem der Folgeromane thematisiert werden wird. Vorliegendes Buch aber ist schlicht überflüssig und verlorene Zeit. Der Inhalt bleibt uninteressant, auf spannende Szenen, historische Glaubwürdigkeit oder faszinierende Ideen wartet der Leser leider vergebens.
Kage Baker, Heyne
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