Weiblich, ledig, untot
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- Erschienen: Januar 2007
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Weird Fiction für Schuhfetischistinnen und Katzenliebhaberinnen, oder der etwas andere Geburtstag einer Sekretärin
Lieben Sie Katzen? Sammeln Sie Designerschuhe? Sind Sie eine ausgebeutete, unterbezahlte Sekretärin, deren Liebesleben nicht existent ist und deren Job wackelt? Dann geht es ihnen wie Elisabeth Taylor, genannt Betsy.
Ausgerechnet an ihrem Geburtstag schmeisst sie ihr Chef raus, ein Schneesturm mitten im April verhindert ihre Party und ihre Katze treibt sich draussen rum. Also rein in die sündhaft teuren, aber schicken Nobeltreter und die Miezi zurück ins warme Heim holen. Doch dann kommt ein Auto des Wegs, die vereiste Fahrbahn, der Kühlergrill und ein Baum, das wars dann schöne Welt für die ehemalige High-School Schönheit.
Einen Tag später wacht Betsy wieder auf. Keine Schläuche hängen ihr aus der Nase, keine Kanülen am Arm, vom ebenfalls nicht eingesetzten Katheter willen wir mal lieber nicht sprechen. Und dunkel ist es im reichlich engen, dafür um so ruhigeren Zimmer auch. Wo ist sie nur abgeblieben? Ein Ruck, der Deckel springt auf, und sie findet sich als veritable Leiche im örtlichen Bestattungsinstitut wieder.
Alles Leugnen hilft nichts, sie ist und bleibt tot - nur nicht so richtig. Plötzlich kann sie im Dunkeln sehen, hört die Mäuse laufen, klettert Hochhäuser hoch und hat einen unstillbaren Hunger nach Blut.
Klar, sie ist ein Vampir. Doch als sie in eine Kirche geht, überkommt sie kein Schmerz, Weihwasser reizt sie allenfalls zum Niesen und das Sonnenlicht schadet zwar ihrem Teint, aber in Flammen aufgehen tut sie nicht. Ein gar ungewöhnlicher Vampir also, da sind sich auch ihre neue Artgenossen einig, etwa die gewahrsagte Vampirkönigin?
Zwei Parteien suchen Einfluss auf sie zu nehmen. Nostrodamis, der jahrhundertealte Anführer der Vampire, fürchtet sie und will sie sich untertan machen, dessen Widersacher Sinclair sucht sie zu verführen. Noch kann sie seinen Avancen widerstehen und lehnt sein Hilfeersuchen ab, doch dann spielt der gutaussehende Galan mit gezinkten Karten - wie soll eine Frau nur widerstehen, wenn sie mit einem ganzen Raum voll neuer Designerschuhe bestochen wird?
Erotischer Horror für die Upper-Class-Dame von Welt - frech, respektlos und voller Kraft und Selbstironie
Soakie Stockhouse und Anita Blake - zieht euch warm an, denn hier kommt die Neue im Reigen der weiblichen Weird-Fiction-Heldinnen. Betsy Taylor, eine Frau, die mit beiden Beinen in der Wirklichkeit steht und die dem amerikanischen Durchschnitt entspricht. Sie schaut, dass sie schlank bleibt, kümmert sich um ihre ersten grauen Haare und Krähenfüsschen ebenso wie um ihre Orangenhaut und wartet auf den Prinz, der sie in sein Königreich entführt - vergebens, wie so viele ihrer Altersgenossinnen. Zu anspruchsvoll, zu selbstbewusst und emanzipiert ist sie, und sie sieht es auch gar nicht ein, sich - nur weil sie jetzt nicht mehr unter den Lebenden weilt - gross zu ändern. Warum denn?
Das Adjektiv, das mir als erstes in dem Kopf kommt, wenn ich an den Auftaktband einer etwas anderen Vampir-Serie denke, ist »frech«. Betsy ist frech, ihre Ansichten ebenso, und der Stil, in dem das Buch verfasst ist, unterscheidet sich hier nicht - frech, frivol, vorlaut, ehrlich, energiegeladen, so kommt der Text daher. Angereichert mit einer gehörigen Prise Erotik spielt die Autorin mit der Erwartungshaltung ihrer Leser(innen). Ein ums andere Mal räumt sie mit überkommenen Vorstellungen, wie sich die Geschöpfe der Nacht verhalten sollten, auf und präsentiert uns eine Untote, die lebendiger und energischer daherkommt als vor ihrem Tod. Hier geht es darum, verkarstete Strukturen aufzubrechen. Das erinnert an die Auseinandersetzungen der Kinder, wenn sie sich vom Elternhaus lösen und das riecht nach Rebellion und Emanzipation. Versteckt im Text spricht die Autorin auch immer wieder vorsichtig Themen wie Kindesmisshandlung oder Gewalt gegen Schwächere an.
Noch fehlt der Reihe der rote Faden, noch sind die Charaktere mit Ausnahme der Hauptperson zu vage ausgestaltet, als dass man von einem neuen Meilenstein der Nosferatu-Literatur sprechen könnte. Aber die Serie hat alle Anlagen, sich insbesondere bei der weiblichen Leserschicht zu Kultstatus zu mausern. Temporeich, voller Humor und Selbstironie auch und insbesondere über die Mid-aged-Women liest sich der rasante Text flüssig und spannend auf einen Rutsch durch und weckt Appetit auf den im November 2007 erscheinenden zweiten Teil.
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